Geschichte: Griechische Frühgeschichte

    Aus WISSEN-digital.de


    Im Paläolithikum finden sich Fischer- und Jägerkulturen in Thessalien und Böotien. Völkerwanderungen aus dem vorderasiatischen Raum (Vorderasiatische Kulturdrift) im Mesolithikum und beginnenden Neolithikum vermitteln neue Kenntnisse (Töpferkunst); ägyptische Einflüsse werden vor allem in Kreta wirksam (Nordafrikanische Kulturdrift, ca. 5000-3000 v.Chr.). Von Norden und Nordwesten dringen die "Bandkeramiker" (Dimini-Wanderungen, ca. 2700-2500 v.Chr.) in Griechenland ein. In Anatolien, Makedonien, Mittelgriechenland entstehen wie auf Kreta und den Kykladen eigene bäuerliche Kulturkreise (Frühbronzezeit, ca. 2500-2000 v.Chr.).



    In der mittleren Bronzezeit (2000-1600 v.Chr.) führt der Einbruch verschiedener indogermanischer Stämme (Protogriechen: Ionier, Äoler und Achäer) auf dem griechischen Festland zu Veränderungen in der Gesellschaft ("vaterrechtliche Ordnung"). Ihre Sprachverwandtschaft weist zwar auf eine frühere kulturelle Einheit hin, die Existenz einer gemeinsamen "Ursprache" und "Urheimat" konnte aber nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die indoeuropäischen Entwicklungs- und Abwandergebiete waren vermutlich die großen Lössflächen von der Ukraine bis nach Mitteldeutschland.

    Alle diese Bewegungen vollzogen sich noch im Dunkel der Vorgeschichte. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Urbevölkerung (Karer, Leleger, Pelasger) und neuer Herrenschicht ist nicht feststellbar. Es lässt sich auch nicht eindeutig klären, welche Kulturelemente des frühen, aber auch des späteren Griechentums einheimischen Ursprungs sind und welche indoeuropäischem Erbe entstammen.

    Auf Kreta, das zunächst von den Wanderbewegungen verschont bleibt, entwickelt sich die "Minoische Kultur" zu höchster Blüte. Die Wirtschaft gründet sich auf Ackerbau, Viehzucht und ein ausgedehntes Netz von Handelskontakten; es kommt zum Aufbau einer zentral gelenkten Verwaltung nach ägyptischem Vorbild. Meisterwerke bringt die minoische Kunst neben der Architektur (Palastanlagen von Knossos, Phaistos, Mallia, Hagia Triada) in der Malerei (Fresken) und der Stein-, Metall- und Keramikproduktion hervor. Eine weitere große Errungenschaft besteht in der Ausbildung der Schrift (Linearschrift A und B). In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts findet diese bedeutende Kultur durch eine Naturkatastrophe (vermutlich Vulkanausbruch auf Thera) und die anschließende Eroberung seitens der Festlandgriechen (Achäer) ihr Ende.

    Auf dem Festland, im Nordosten der Peloponnes, ist in der Zwischenzeit, von der minoischen stark beeinflusst, jene große Kultur entstanden, die wir heute die "Mykenische" nennen. Der Fürstensitz Mykene in Argolis hat der Epoche den Namen gegeben, die um 1600 v.Chr. beginnt und 1150 endet. Homer besingt diese feste Stadt als das "goldreiche Mykene". Die Größe ihrer Bauten, die reichen Grabbeigaben, ein ausgedehntes Straßennetz bezeugen ihre große Bedeutung als kulturelles und politisches Zentrum.


    Tiryns, weiter südlich an der Küste gelegen, Orchomenos in Böotien, Pylos und Theben sind andere Hauptorte dieser reichen Kultur. Das mykenische Griechenland bestand aus einer Anzahl weitgehend autonomer Fürstentümer, an deren Spitze ein "König" (wannax) stand, der seine Herrschaft im Rahmen stark zentralisierter und bürokratischer Strukturen ausübte. Adlige Herren (basileis) lebten in monumentalen Burgen, die über das dem Wannax unterstehende Territorium verstreut lagen, und waren innerhalb ihrer Gemeinschaften mit königlicher Macht ausgestattet. Hauptquellen des Reichtums bildeten Textilmanufakturen sowie Öl- und Olivenproduktion.

    Um 1200 v.Chr. wird der Mittelmeerraum von neuen Völkerbewegungen erschüttert. Während der "Ägäischen Völkerwanderungen" setzen sich Nordwestgriechen in Epiros, Ätolien und Akarnanien fest, die Dorer erreichen Kreta, die Westküste Kleinasiens und die Peloponnes. Die Achäer werden auf die ionischen Inseln verdrängt. Diese "Dorische Wanderung" bringt die Zerstörung der Königspaläste und das Ende der gesamten mykenischen Kultur.