Geschichte: Athen bis zu den Perserkriegen

    Aus WISSEN-digital.de


    Über die Antike hinaus hat Athen weltgeschichtliche Bedeutung gewonnen durch die erste grundlegende Ausbildung eines demokratischen Staatswesens. Freilich müssen auch die Grenzen dieser attischen Demokratie gesehen werden. Athen hat die politische Entrechtung der Sklaven beibehalten, auch wenn es in der Spätphase der Entwicklung den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg breiter Schichten des alten Sklaventums ermöglichte. Demokratisches Handeln blieb auch stets auf den Raum der Polis beschränkt. Wo es um machtpolitische Fragen ging, bediente man sich diktatorischer Mittel und verleugnete weitgehend die demokratischen Maßstäbe des heimischen Staatswesens.


    Aber auch hier war die Zahl der Vollbürger, die in der Volksversammlung stimmberechtigt waren, begrenzt. Die Bürger konnten daher ihre Rechte unmittelbar wahrnehmen, die Kleinräumigkeit des innenpolitischen Geschehens machte die Wahl von Volksvertretern unnötig. Durch Wahl oder Auslosung bildete die Volksversammlung Körperschaften wie den "Rat der 500" und bestimmte die Beamten, die behördliche Aufgaben in ihrem Auftrag durchzuführen hatten. Der Unterschied zu den modernen Formen einer repräsentativen Demokratie zeigt sich auch darin, dass es keine Parteien im heutigen Sinne gab.

    Neben den Vollbürgern standen die eingewanderten Händler und Gewerbetreibenden, Metöken genannt, unter staatlichem Schutz, besaßen jedoch keine politischen Rechte. Noch größer aber war die Zahl der Sklaven, deren Arbeitsleistung für die Wirtschaft Athens von grundlegender Bedeutung war. Eine Volkszählung des Jahres 309 berichtet von 21 000 Vollbürgern, 10 000 Metöken und 40 000 Sklaven.

    In der Entwicklung der attischen Demokratie lassen sich mehrere Einschnitte deutlich erkennen. Nach der durch Solon im Jahre 594 geschaffenen Vorstufe, der Timokratie, die vier Vermögensklassen mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten festlegte, beginnt mit der Verfassung des Kleisthenes von 508 die eigentliche Demokratie. Durch Ephialtes im Jahre 462 und schließlich durch die Maßnahmen des großen Perikles seit 461 erfuhr sie entscheidende Veränderungen.

    Die attische Gesellschaft war ursprünglich in vier Stämme, Phylen genannt - die alten Sippenverbände der indoeuropäischen Stammesorganisation -, gegliedert. Nach Phylen und ihren Unterabteilungen, den Bruderschaften, Phratrien, gliederten sich Heer und Verwaltung. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Phylen verlieh das Bürgerrecht und gewährte staatlichen Rechtsschutz. Die kultischen Wurzeln dieser Gruppengliederung zeigen sich in der gemeinsamen Verehrung eines Ahnherrn (Heros) durch die Mitglieder. Der Adel war in jeder Phyle führend; zwischen ihm und den bürgerlichen Angehörigen bestand eine Art Gefolgschaftsverhältnis.


    Im Jahre 683 wird das Königtum durch das Archontat (drei Jahresbeamte) ersetzt. Rivalitäten der Adelsgeschlechter und die rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Bauern (Missernten und Ausbeutung durch die Grundherren führen zu Schuldknechtschaft und Versklavung) beschwören soziale Auseinandersetzungen herauf und erzwingen eine Neuerung. Nach der Gesetzesreform Drakons (um 624) wird Solon, als "Versöhner" eingesetzt, Archon mit außerordentlichen Vollmachten. Er führt ein umfassendes Gesetzgebungswerk durch, in dessen Zentrum die "Lastenabschüttelung" (Seisachtheia) steht: Aufhebung der Grundschulden und Leibeigenschaft, Beschränkung des Landbesitzes. Der Absicherung dieser wirtschaftlich-sozialen Maßnahmen dienen verschiedene Regelungen im politischen Bereich: Die Bürgerschaft wird nach Einkommen in vier Klassen eingeteilt. Die Volksversammlung (Ekklesia) wählt Archonten und Schatzmeister aus den Angehörigen der ersten Klasse sowie den "Rat der Vierhundert" (entsprechend den vier Phylen) aus den drei oberen Klassen. Die Theten (vierte Klasse) konnten kein Amt übernehmen, sondern besaßen nur das aktive Wahlrecht.

    Dennoch stabilisieren sich die Verhältnisse nicht, sodass es Peisistratos gelingt, die Tyrannis zu errichten (560). Unter der Herrschaft der Peisistratiden (bis 510) bleiben die solonischen Gesetze in Kraft; es kommt zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte Athens; die soziale Abhängigkeit der Bauern von den Adligen wird allmählich vermindert. Im Jahre 508 wurde durch die Verfassung des Kleisthenes die Tyrannis endgültig überwunden. Kleisthenes führte das berühmte Scherbengericht (Ostrakismos) ein, das die Verbannung eines jeden die Verfassung gefährdenden Bürgers erlaubte. Freilich war der attische Adel ständig bemüht, die weitere Demokratisierung der Polis zu verhindern, oft im Bund mit Sparta, das sich gern in die inneren Angelegenheiten Athens einmischte.

    Mit Kleisthenes begann die Blütezeit der attischen Demokratie, zugleich auch die "klassische" Zeit der griechischen Kultur. Kleisthenes ersetzte die alten Geschlechterphylen durch zehn lokale Phylen, von denen jede 50 Abgeordnete in den geschäftsrührenden "Rat der Fünfhundert" entsandte; er verließ damit den Boden der alten Gefolgschafts- und Stammesbindungen und der adligen Privilegien. Der Bürger wurde zur eigenständigen politischen Einzelpersönlichkeit; seine Rechte wurden durch Eintrag in die Bürgerliste ein für allemal gesichert. Der Adelsrat des Areopags, aus ehemaligen Archonten zusammengesetzt, behielt in dieser Verfassung noch das oberste Aufsichtsrecht über den Staat.


    Er verlor es mit der Verfassungsänderung des Ephialtes (462), die ihm nur noch die Blutgerichtsbarkeit und die Aufsicht in religiösen Dingen sicherte.

    Ephialtes übertrug die Staatsaufsicht dem Rat der 500 und dem Geschworenengericht, der Heliaia. Er ließ die vermögenderen Bauern der dritten Klasse (Zeugiten) zum Archontenamt zu; die Angehörigen der niedrigsten Steuerklasse, die Theten, blieben jedoch weiterhin ausgeschlossen. Wirtschaftlicher Aufstieg bedeutete aber in dieser Staatsordnung nunmehr auch einen Zugewinn an politischen Rechten.

    Ihre letzte Vollendung erfuhr die attische Demokratie unter Perikles (461). Mit der Einführung von Tagegeldern für Beamte, Geschworene und Ratsherrn ermöglichte er allen Volksschichten die Übernahme staatlicher Ämter.

    Kalenderblatt - 18. April

    1521 Martin Luther erscheint zum zweiten Mal vor dem Wormser Parteitag, verteidigt sich vor Kaiser und Reich und lehnt den Widerruf ab.
    1951 Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg schließen ihre Kohle- und Stahlindustrie in der Montanunion zusammen und verzichten auf ihre nationalen Souveränitätsrechte über diese Industriezweige.
    1968 Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt Josef Smrkovský zu ihrem neuen Präsidenten, der als einer der populärsten Politiker des "Prager Frühlings" die volle Rehabilitierung der Opfer der Stalinzeit und die Sicherung eines wirklich freien politischen Lebens zu seiner Aufgabe erklärt.