Großbritannien und Nordirland (Kunst)

    Aus WISSEN-digital.de

    Grundlage der Kunst der britischen Inseln ist die keltische Tradition der Briten, die durch das Eindringen anderer Völker und Kulturströmungen modifiziert wurde. Vom 1. Jh. n.Chr. bis Mitte des 5. Jh.s wurde sie beeinflusst durch die Römer, danach durch die Angeln und Sachsen und nach der Eroberung 1066 von den Normannen dominiert.


    Durch französische Einflüsse gelangte dann die Gotik nach England. In der Renaissance und der darauf folgenden Barock-Periode wurde die englische Kunst vor allem aus den Niederlanden und Deutschland bestimmt. In der Zeit der industriellen Revolution des 18. und 19. Jh.s entwickelte sie einen ausgeprägten eigenen Stil.

    Die spezielle geografische Lage hat eine Kunst besonderer Eigenart gefördert, die starken Einflüssen des Festlandes ausgesetzt war, aber auch immer wieder eigene Impulse an das westliche Europa vermittelte (Buchmalerei, Landschafts- und Porträtkunst, Möbeldesign, Kunstgewerbe, satirische Illustrationsgrafik, englische Gartenbaukunst).

    Der anglo-normannische Stil brachte großartige Kathedralen (Ely) und Abteikirchen (Winchester) hervor, mit mauerschwerem Raummantel, ungewölbt oder mit Steinwölbungen. Es wurden mächtige Burganlagen errichtet, deren Hauptbau in aller Regel der Donjon (Keep) ist, ein starker, umfangreicher Wohnturm wie der Tower in London und die Donjons in Norwich, Richmond, Rochester, Dover, Porchester, Newcastle, Hedingham u.a. (Blütezeit in der 2. Hälfte des 12. Jh.s).

    Plastische Arbeiten sind nur wenig überliefert und auch meist der Architektur untergeordnet. Die Buchmalerei des 12. Jh.s hinterließ besonders dekorativ wirkende Arbeiten im Albani-Psalter, in dem Psalter aus York, der Lambeth-Bibel und nicht zuletzt den Werken führender Schreib- und Malschulen wie denen von St. Albans, Canterbury, von Bury St. Edmund u.a.

    In der englischen Gotik unterscheidet man im Wesentlichen drei Entwicklungsphasen: die frühe (Early English), die hohe (Decorated Style) und die Spätgotik (Perpendicular Style). Die gotische Bauweise lebte, anders als im übrigen Europa, bis in die Revival-Gotik des 18. und 19. Jh. fort. Das Early English (1175-1250) betonte bereits sehr stark die Horizontale, mit deutlicher Breitenausdehnung der Fassaden, einem weiteren Wachsen der Chöre, aber niedrigeren und gedrungeneren Türmen bei den englischen Kathedralen im Vergleich zu denen Frankreichs und Deutschlands. Bedeutende Bauwerke jener Zeit waren u.a. der Neubau des Chores von Canterbury (1175 ff.), Wells (um 1180 ff.), Lincoln (1192 ff.), Rochester (1201 ff.), Worcester (1218 ff.), Salisbury (1220 ff.).

    Der Decorated Style (bis um 1350) tendierte zu dekorativen Schmuckformen an den Portalen, Fenstern und Gewölben (Netzornamentik). Im Perpendicular Style (bis um 1520) wurden die dekorativen Elemente weiter entwickelt und systematisiert, insbesondere senkrechtes Stabwerk als Gliederungsordnung für hohe und breite Fenster. Kathedralen wie die in Winchester, Gloucester und Canterbury wurden dadurch geprägt, ebenso Kapellen, Abteien, Profanbauten wie die Colleges in Oxford und Cambridge.

    Bis Ende des 15. Jh.s war die Malerei beherrscht durch die Buchmalerei, die dann v.a. von französischen Vorbildern beeinflusst wurde. Motive aus der Apokalypse wurden strukturbildend. Die Glasmalerei wurde gegen Ende des 14. Jh.s bedeutend, besonders durch solche Meister wie Thomas von Oxford und John Thornton von Coventry.

    Der dem Perpendicular Style folgende Tudorstil (1520 bis 58) nahm noch zielstrebiger Formen der europäischen Renaissance in die Baukunst auf. Erst der Queen Elizabeth Style des 16. Jh.s führte durch Verschmelzung von europäischer Renaissance und eigenen Traditionen zu einer typischen englischen Prägung, wie er in vielen neuen Schlössern und Landsitzen des Hofadels zum Ausdruck kam. In der Plastik machten sich französische und italienische Einflüsse besonders bemerkbar. Die Malerei wurde durch Verpflichtungen ausländischer Künstler, z.B. seitens Heinrich VIII., belebt. Neben italienischen Malern gewann der 1536 zum Hofmaler ernannte Hans Holbein der Jüngere auf die englische Malerei einen nachhaltigen Einfluss. Besonders tief greifende Wirkungen auf die englische Bildnismalerei hinterließ seine Porträtkunst.

    Klassizismus und Neugotik prägten das 18. und 19. Jh. Mit dem "Queens House" schuf I. Jones in Greenwich (1616-35) den ersten streng palladianischen Schlossbau in England. Sein klassizistisches Hauptwerk war Schloss Whitehall (1619-22), mit strenger Gliederung und in dekorativer Einfachheit. Seine Schüler C. Wren und J. Webb entwickelten die Architektur Palladios in England weiter; z.B. die Saint Paul's Cathedral in London (1675-1711), nach dem Vorbild des römischen Petersdomes, eine Synthese zwischen traditionellem Langhaus, Zentralbauweise und palladianischem Klassizismus.Bis heute wirkt sich der englische Garten bzw. Park aus den 30er Jahren des 18. Jh.s aus.

    Die Malerei des 18. Jh., integrierte Einflüsse des Festlandes und strahlte schließlich wieder auf Europa zurück. A. van Dyck, Hofmaler Karls I., wurde zum prägenden Porträtmaler des 17. Jh.s, abgelöst durch Reynolds und T. Gainsborough. Letzterer wurde zum Auslöser einer neuen englischen Landschaftsmalerei. W. Hogarth, Maler und Kupferstecher, leitete mit seinen zyklischen Bildergrafiken die Ära der politisch-satirischen Illustration ein.

    Ausgangspunkt für eine eigene englische Möbelkultur, mit ihrem Höhepunkt im 18. Jh. (T. Chippendales Mahagoni-Möbel), war das niederländische Handwerk des 17. Jh.s. Die Baukunst der viktorianischen Epoche (1837-1901) war dominiert durch die Neugotik (Gothic Revival). Deutlich wurde dies am Bau des Britischen Museums (1823 ff.) und z.B. auch am Parlamentsgebäude (1840 ff.). In der Malerei wirkte mit W. Turner und J. Constable unter anderem die neue Freilichtkunst des frühen 19. Jh.s auf die Kunstströmungen des festländischen Europas (Impressionismus) ein. Neben der Neugotik in der Architektur gewann innerhalb Großbritanniens in der Malerei die symbolistisch-präraffaelitische Richtung an Bedeutung (D.G. Rossetti).

    Mit H. Moore brachte die britische Plastik einen ihrer bedeutendsten Vertreter des 20. Jh.s hervor. Ebenso haben Maler wie B. Nicholson, G. Sutherland, F. Bacon, die Op-Art-Malerin B. Riley der englischen Kunst im 20. Jh. wieder internationales Renommee verschafft. Mit R. Hamilton, D. Hockney, P. Blake, A. Jones u.a. entwickelte die britische Pop-Art einen eigenständigen Beitrag zu diesem Globalstil der westlichen Welt.

    Kalenderblatt - 15. Mai

    1799 Schillers "Wallenstein" wird erstmals vollständig aufgeführt. In dem historischen Drama begeht die Hauptfigur, die sich an einen Feldherrn im Dreißigjährigen Krieg anlehnt, Hochverrat gegen den Kaiser.
    1955 Der österreichische Staatsvertrag wird von den vier Siegermächten unterzeichnet. Somit erlangt Österreich seine staatliche Unabhängigkeit.
    1959 Der sowjetische Außenminister lehnt auf der Genfer Außenministerkonferenz den Friedensplan der Westmächte für Deutschland ab.