Minnesang

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    wichtigste lyrische Gattung des Hochmittelalters.

    Der mittelalterliche Literaturbetrieb war auf wenige wichtige Zentren beschränkt. Hierbei handelte es sich vornehmlich um bedeutende Fürstenhöfe. Nur wenige Fürsten konnten und wollten es sich leisten, Dichter und Musiker längerfristig zu finanzieren. Andererseits erhöhte die Förderung von Kunst und Kultur das Ansehen eines Fürsten nicht unerheblich.

    Die für den Minnesang wichtigsten deutschen Fürstenhöfe des ausgehenden 12. und 13. Jh.s waren der Wiener Hof und der Hof des deutschen Königs, dessen Aufenthaltsort öfters wechselte, weil es keine feste Residenz des Königs gab. Von besonderer Bedeutung war auch der Hof des Landgrafen Hermann von Thüringen. Der Landgraf war der wohl bedeutendste Förderer der Literatur zu Beginn des 13. Jh.s. Daneben gab es nur noch wenige andere Fürsten, die Künstler unterstützten. Die Bischöfe von Köln und Passau etwa waren als Kunstförderer bekannt.

    Der Minnesang war ausschließlich an die adelige Oberschicht gebunden. Anfangs verfassten nur Adelige Minnesang, so sind etwa Minnelieder von König Heinrich VI. überliefert. Später durften auch einige Nicht-Adelige Minnesang betreiben, Voraussetzung war allerdings die Hofsässigkeit. Das bedeutet, dass ein Dichter Minnesang nur im Auftrag eines Hofes vortragen durfte, an dem er sozusagen "fest angestellt" war. So genannten fahrenden Sängern und Spielleuten war es nicht erlaubt, Minnesang vorzutragen, ihnen blieben nur die Gattung der Sangspruchdichtung oder Heldenlieder. Man nimmt an, dass Walther von der Vogelweide (in seiner Frühzeit) und Reinmar von Hagenau solche nicht-adeligen Hofdichter in Wien waren und deshalb Minnesang verfassen durften.

    Der Minnesang wurde, wie der Begriff bereits sagt, gesungen. Vermutlich wurde der Vortrag eines Minneliedes durch ein Instrument begleitet (Fidel, Harfe). Uns sind nur die Texte überliefert, während die Melodien verloren gingen. In Deutschland wurde der Minnesang im 12. Jh. von französischen Troubadouren übernommen und schnell zum Medium der kulturellen Emanzipation des Adels von der Kirche. Er war Ausdruck des neuen adeligen Selbstbewusstseins und der sich entwickelnden höfischen Kultur.

    Wichtigste Gattung des Minnesangs ist die so genannte Hohe Minne, ein Konzept, das sich in Deutschland um 1200 ausbildete. Im Mittelpunkt steht das beständige, aber normalerweise keine Erfüllung findende Werben um die (adelige) Dame. Durch die Bekundung seiner unverbrüchlichen Treue zur Dame, die auch bestehen bleibt, wenn sie ihn nicht erhört, entwirft der Sänger einen ganzen Wertekomplex, der auch der Hofgesellschaft als Ideal vorgeführt wird. Die Hohe Minne ist ein äußerst kompliziertes Modell mit vielen Variationen. Interessant ist, dass in der Hohen Minne die gesellschaftliche Realität gewissermaßen umgedreht wird. Die Frau, deren Rechte in der mittelalterlichen Welt stark eingeschränkt waren, erscheint als Herrin, der der Mann gehorcht. Die wichtigsten Dichter der Hohen Minne sind Walther von der Vogelweide und Reinmar von Hagenau.

    Neben der Hohen Minne bestehen noch weitere Gattungen, die manchmal unter dem Begriff Niedere Minne zusammengefasst werden. Hier sind etwa die Frauenstrophen oder Tagelieder zu nennen. Walthers so genanntes "Lindenlied" ist ein Beispiel für die Frauenstrophe.

    Im Donauraum zwischen Passau und Wien bildete sich - als eine Art Vorform der Hohen Minne - der donauländische Minnesang in der zweiten Hälfte des 12. Jh.s aus. Diese Lieder unterscheiden sich stark vom Konzept der Hohen Minne. In ihnen ist der Mann nicht besonders treu, er wechselt öfter die Frauen. Ein Vertreter dieser frühen, "realistischen" Form des Minnesangs ist der so genannte "Kürenberger".