Lateinamerikanische Baukunst

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    Als lateinamerikanische Baukunst bezeichnet man die Baukunst in den durch Spanien und Portugal kolonialisierten Ländern Mittel- und Südamerikas seit der Kolonialisierung, deren Ausdruck sie somit auch ist.

    Der spanische Einfluss begann mit der Architektur der spanischen Renaissance und mit dem mexikanischen Excorialstil. Der spanische, koloniale Barock drückte sich insbesondere in sakraler Architektur mit üppigem Dekor und wuchernden Formen aus. In allen Kolonien entstanden Jesuitenkirchen, da die Jesuiten den Kunstimport aus Spanien und Portugal aktiv förderten (z.B. Jesuitenstaat in Paraguay); nach dem Vorbild von Il Gesù in Rom errichteten sie Kirchen in Ecuador (Quito, 1605 ff.), in Peru (Arequipa, 1698 und Cuzco, 1651-68) und in Argentinien (Buenos Aires, San Ignacio, 1712 ff.).

    Frühe Manifestationen spanischer Kolonialarchitektur sind befestigte Kirchen (Bettelorden) wie die Dominikanerkirche im mexikanischen Tepoztlán (1588). Die barocke Sakralarchitektur der lateinischen Kunst zeichnet sich durch Monumentalität aus. Haupttyp des barocken Kirchenbaus (am großen Platz errichtet) in Lateinamerika ist ein lang gestrecktes Schiff mit kurzem Querschiff, seitlichen Anbauten (Taufkapelle o.Ä.), einer zweitürmigen Fassade, einer Kuppel (über Vierung) und mit üppigem Innen- und Außendekor (hohe Altaraufsätze, Fresken, Gemälde, bemalte und glasierte Keramikfliesen [Azulejos], Stuckornamentik). Diesen typisch spanischen Kirchentyp der lateinischen Kunst findet man in Peru: Lima (San Augustín, Fassade 1720), Puno (Kathedrale mit typisch indianischem Dekor, 1757); in Mexiko: Oaxaca de Juárez (S. Domingo, 1575 ff., Rosenkranzkapelle, 1650-90, Dekor 1725-31), Zacatecas (Kathedrale, Fassade 1734-52), Tepotzotlán (San Martin, 1670-82, Fassade 1760-62), Taxco de Alarcón (Santa Prisca, 1751-59), Ocotlán bei Tlaxcala de Xicoténcatl (Wallfahrtskirche Santuario de la Virgin, ab 1691, Fassade ca. 1745-60), Tonantzintla (Santa María, Mitte des 18. Jh.s), Mexiko (Capillo del Pocito, 1791); in Bolivien: La Paz (S. Francisco, 1743-84), Potosí (Kathedrale, 1809-36); in Argentinien: Buenos Aires (Kathedrale, 1755-1823), Cordoba (Kathedrale, 1690-1758); in Guatemala: Antigua Guatemala (Merced, um 1760, Carmen, 1728).

    Die portugiesische Kolonialkunst zeigt sich ebenfalls hauptsächlich in sakraler Architektur, beeinflusst durch den Lissaboner Baustil. So wurde der brasilianisch-portugiesische Kirchenbau einfach und geschlossen konzipiert: ein rechteckiges, unterteiltes Schiff, ins Bauwerk integriertes Querschiff (von außen nicht sichtbar), Dekor (Rokoko-Stil) nur im Innenraum. Bedeutende Beispiele des portugiesischen Einflusses auf die lateinamerikanische Kunst sind die Kathedrale von São Salvador (1657-72), in Rio de Janeiro die Klosterkirche São Bento (1633-1720), Nossa Senhora do Rosario (1753-85); A. F. Lisboa (brasilianischer Baumeister, 1730- 1814) schuf in Ouro Prêto São Francisco de Asis (1766-94) und Nossa Senhora do Carmo (1770-95).

    Im 19./20. Jh. entstanden im Widerstand gegen die spanische und portugiesische Kolonisation die modernen Nationalstaaten Lateinamerikas, häufig verbunden mit der Herausbildung eigener, nationaler Stile in der künstlerischen Produktion. Insbesondere nach den politischen und sozialen Umbrüchen, oft mit kriegerischen Auseinandersetzungen (Unabhängigkeits-, Guerillakriege) verbunden, entwickelte sich eine hoch stehende lateinamerikanische Kultur, an der Spitze die brasilianische Architektur, die innovativer Bestandteil der modernen internationalen Baukunst wurde (wie auch die moderne mexikanische Architektur). Spezifischer Bestandteil der lateinamerikanischen Baukunst sind monumentale Wandmalereien (mexikanische Künstler: José Clemente Orozco, Diego Rivera, David Alfaro Siqueiros) mit revolutionärem Inhalt.

    Kalenderblatt - 29. April

    1938 In London findet eine Konferenz zwischen dem französischen Ministerpräsidenten Daladier und dem britischen Premierminister Chamberlain über die Lage in Mitteleuropa statt.
    1945 Beginn der Kapitulationsverhandlungen zwischen deutschen und alliierten Streitkräften
    1967 Das Kultmusical "Hair" wird in New York uraufgeführt. Während Galt McDermonts Rockspektakel in Amerika auf Gegenreaktionen stößt, erntet es weltweiten Erfolg der Hippie-Anhänger.