Weißrussland Geschichte

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    Frühgeschichte bis Mittelalter

    Archäologische Funde auf weißrussischem Gebiet verweisen auf Siedlungsformen, die bereits in der Steinzeit bestanden. Die Region gehörte zu einer der ersten, die von slawischen Stämmen bewohnt wurde. Bereits ab der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends n.Chr. teilten sich mehrere ostslawische Stämme das jetzige Territorium des Staates. Die bedeutsamsten waren die Dregowitschen an Pripjet und Dwina, die Radimitschen am Zosch, und die Kriwitschen am oberen Dnjepr. Zusätzlich siedelte sich in der Region um Kiew der Wikingerstamm der Waräger an, dessen geschichtliche Rolle bei der Gründung des ersten zentral regierten ostslawischen Staates, der ab Mitte des 9. Jahrhunderts mit zahlreichen Vasallenstaaten entstand, unklar ist.

    Der Fluss Dnjepr spielte eine zentrale Rolle im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Aufstieg des südlichen Weißrusslands. Als Wasserstraße verband der Fluss die Ostsee über Kiew und Novgorod mit Konstantinopel und damit dem byzantinischen Reich. Der Handel intensivierte sich in den folgenden Jahrhunderten und zahlreiche weißrussische Städte wurden gegründet, so z.B. Brest (bis 1921 Brest-Litovsk) am schiffbaren westlichen Bug an der Grenze zu Polen im Jahr 1017 und die heutige Hauptstadt Minsk am Swislotsch, die 1067 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Etwa zur Zeit des ersten Kiewer Reiches kamen Missionare ins Land, die die Bevölkerung Weißrusslands christianisierten. Zahlreiche Kleinfürstentümer, die sich vom Kiewer Reich trennten, entstanden.

    Mitte des 13. Jahrhunderts wurden zahlreiche Städte durch eine mongolische Invasion zerstört, die überfallenen Regionen wurden Teil der sogenannten Goldenen Horde, eines mongolischen Teilreiches. Zusätzlich begann sich das litauische Herzogtum auszudehnen. Es erstreckte sich im 13. und 14. Jahrhundert bis in Gebiete östlich von Moskau, im Süden bis nach Kiew und an die Ufer des Schwarzen Meeres. Auch Teile von Weißrussland kamen unter die Vorherrschaft der Litauer, diese beließen den Weißrussen aber eine relativ große Selbstständigkeit, was zu einer ersten Ausprägung einer nationalen Identität und Sprache führte. Während sich die Königshäuser aneinander banden und dadurch auch der Adel in Weißrussland den katholischen Glauben und die polnische Sprache annahm, blieb die Bauernschaft zumeist orthodox und sprach weißrussisch.

    Neuzeit

    Anfang des 16. Jahrhunderts war das Großfürstentum Moskau zu einer militärisch und politisch einflussreichen Größe in Osteuropa geworden und Weißrussland wurde zum Streitobjekt zwischen dem polnisch-litauischen und dem Moskauer Reich. Smolensk und Litauens östlichste Länder fielen an Russland, die meisten Regionen Weißrusslands blieben jedoch unter litauischer Kontrolle. Der Livländische Krieg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beließ nach Verlusten weiterer Gebiete an Russland laut Friedensschluss von Andrussowo im Jahr 1667 Weißrussland vorerst bei Polen-Litauen. Durch Reformpläne, die bereits Mitte des 16. Jahrhunderts eingeführt worden waren, wurden in Weißrussland der Drei-Acker-Feldbau praktiziert und die Bauern nach und nach zu Leibeigenen gemacht.

    Eine Änderung trat erst durch die drei polnischen Teilungen ein. 1772 erwarb die Zarin Katherina die Große für Russland den Ostteil Weißrusslands inklusive der Städte Visyebsk, Mahilyow und Gomel, in der zweiten Teilung kamen Minsk und der zentrale Teil Weißrusslands in russische Hand und in der dritten im Jahr 1795 wurde der restliche Teil ins russische Reich eingegliedert. Mit der Aufhebung der Leibeigenschaft nahm die Landwirtschaft des Landes einen bescheidenen Aufschwung, obwohl die Lebensbedingungen ärmlich blieben. Im Zeitraum von 1850 bis zur russischen Revolution wanderten etwa 1,5 Millionen Menschen aus, Hauptziele waren die USA und Sibirien. Um die Jahrhundertwende entstanden erste politische Parteien wie die Marxistische Partei und die Russische Sozialdemokratische Partei.

    Sowjetische Vorherrschaft

    Nach dem Sturz des Zaren kam es 1917 durch die bürgerlich orientierte Weißrussische Rada zu einem ersten Versuch, ein autonomes selbstständiges Land zu gründen. Dies scheiterte jedoch, der Erste Weltkrieg hatte Weißrussland zu einer hart umkämpften Frontlinien zwischen Russland und Deutschland gemacht, und nach kurzer deutscher Besatzung gewann die Rote Armee die Übermacht: Im Januar 1919 wurde die Weißrussische Sowjetrepublik ausgerufen. Es folgte der polnisch-sowjetische Krieg 1920, in dem das Land kurz von polnischen Truppen besetzt war, doch bereits im gleichen Jahr von der Roten Armee zurückerobert, und als Sowjetrepublik in den Grenzen der ersten polnischen Teilung im Frieden von Riga 1921 festgeschrieben wurde. 1922 gehörte Weißrussland zu den vier Gründungsmitgliedern der UdSSR, und kam in Folge ebenso wie die anderen Sowjetrepubliken unter eine rigide, zentral von Moskau gesteuerte Herrschaft. In Fünf-Jahres-Plänen wurden die Industriezentren in den großen Städten ausgebaut. Die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts waren von stalinistischen Säuberungsaktionen gekennzeichnet, denen zahlreiche Bürger (schätzungsweise 100.000) zum Opfer fielen.

    Der Zweite Weltkrieg brachte durch die im Hitler-Stalin-Pakt festgeschriebene Annexion polnischer Gebiete eine Vergrößerung des Staatsgebietes. Nachdem das Land nach der deutschen Kriegserklärung an die Sowjetunion 1941 von deutschen Truppen besetzt worden war, kam es nach schweren Kämpfen 1945 wieder unter Sowjetische Herrschaft. Trotz der Tatsache, dass das Land Russische Sowjetrepublik war, wurde es als selbstständiges Mitglied der UN aufgenommen.

    Die folgenden Fünf-Jahres-Pläne standen im Zeichen des Wiederaufbaus. Die großen Städte wuchsen im gleiche Maße wie die kleinen Städte an Einwohnern abnahmen. Die Hauptstadt Minsk hatte schon Anfang der 70er Jahre mehr als eine Million Einwohner.

    Beim Reaktorunglück 1986 im benachbarten ukrainischen Tschernobyl wurden auch Gebiete im Südosten von Weißrussland verseucht.

    Unabhängigkeit

    1990 nutzte das Land die von Gorbatschow eingeleiteten politischen Veränderungen zur Deklamation der eigenen Souveränität innerhalb der UdSSR und 1991 folgte die Erklärung der Unabhängigkeit. Der Staatsname wurde in "Belarus" (Republik Weißrussland) umgeändert. Noch im gleichen Jahr gründete Staatsoberhaupt Schuschkjewitsch die Nachfolgeorganisation der Sowjetunion, die GUS, mit. Der Moskauer Putschversuch brachte ein zweijähriges Verbot der Kommunistischen Parteien, das jedoch 1993 aufgehoben wurde. Unter dem Ministerpräsidenten Kebitsch wurde die wirtschaftlich-militärischen Bindung an Russland wiederhergestellt. 1993 trat das Land dem START-Vertrag bei. Die altkommunistische Nomenklatur war nie ganz ausgeschaltet worden, was sich 1994 in der Abwahl des reformorientierten Parlamentspräsidenten Schuschkjewitsch und der Wahl des pro-russisch orientierten Lukaschenko ausdrückte. Dieser war bereits 1991 Gegner des politischen Reformkurses. Durch seinen autokratischen Führungsstil gelang es Lukaschenko, 1996 eine weitgehende Verfassungsänderung durchzusetzen, die ihn mit einer ungewöhnlich großen Machtfülle ausstattete. Seine auf fünf Jahre begrenzte Präsidentschaft wurde ausgedehnt und das Parlament weitgehend entmachtet. Aus diesem Grund wurden die von ihm eingeführten Veränderungen von zahlreichen westlichen Regierungen nicht anerkannt. So bleibt Weißrussland eines der wenigen Länder in Europa, die immer noch von einem nicht demokratisch legitimierten Präsidenten regiert werden. Die innenpolitische Lage bleibt auch nach den Präsidentschaftswahlen im März 2006 gespannt; zahlreiche Oppositionelle sind inhaftiert. Die Regierung hält sich vor allem aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums stabil, das jedoch aufgrund der Differenzen um Erdöl- und Erdgaspreise mit Russland gefährdet ist (vergleiche Weißrussland, Wirtschaft).

    1999 unterschrieben der russische Präsident Putin und Lukaschenko einen Unionsvertrag, der einen Staatenbund bei gleichzeitiger Unabhängigkeit der früheren Sowjet-Republiken vorsah. Eine gemeinsame Staatsbürgerschaft sowie eine engere Zusammenarbeit bei sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Fragen wurden festgeschrieben.

    Kalenderblatt - 26. April

    1925 Hindenburg wird zum Reichspräsidenten gewählt.
    1954 Eröffnung der Ostasien-Konferenz in Genf, auf der über die Koreafrage und den Frieden Indochinas beraten werden soll.
    1974 Der Bundestag stimmt über die Reform des § 218 ab und entscheidet sich für die Fristenlösung, die aber am 25. Februar vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wird.