Turkmenistan Geschichte

    Aus WISSEN-digital.de

    Wechselnde Vorherrschaft

    Etwa ab der Mitte des 6. Jahrhunderts v.Chr. war das Gebiet des heutigen Turkmenistans unter der Herrschaft des persischen Achämenidenreiches. Im 4. Jahrhundert v.Chr. fiel das Gebiet in die Hände der Truppen Alexanders des Großen, der das Großreich der Achämeniden zerstörte. Nach seinem Tod 323 v.Chr. gehörte das Land zunächst zum Seleukidenreich, bevor sich im 3. Jahrhundert v.Chr. die Parther als dominierendes Volk durchsetzten und ein Großreich errichteten.

    Das Reich der Parther wurde im 3. Jahrhundert n.Chr. von den persischen Sassaniden gestürzt. Ab der Mitte des 7. Jahrhunderts drangen die muslimischen Araber nach Zentralasien vor und verbreiteten den Islam. Ab dem 8. Jahrhundert wanderten turksprachige Völker aus Zentralasien in das Gebiet des heutigen Turkmenistan ein, unter ihnen das Volk der Ogusen.

    Im 11. Jahrhundert entstand das islamische Reich der ogusischen Dynastie der Seldschuken, dessen Hauptstadt die in Turkmenistan liegende Stadt Merw war. Das Seldschuken-Reich wurde Anfang des 13. Jahrhunderts durch die Reiterhorden der Mongolen erobert und verwüstet. Nach dem Zerfall der verschiedenen Mongolenreiche geriet der südliche Teil Turkmenistans unter die Herrschaft der persischen Safawiden, während die nördlichen Teile des Landes unter dem Einfluss der Khanate von Buchara und Chiwa (heute Usbekistan) standen.

    Russische Vorherrschaft

    Im 18. Jahrhundert konnte sich das neupersische Reich als dominierende Macht für eine Zeit in ganz Turkmenistan durchsetzen, verlor den Norden dann aber wieder an Buchara. Im 19. Jahrhundert herrschten die turkmenischstämmigen Clans über das Gebiet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rückten die Truppen des russischen Zarenreiches vom Gebiet des heutigen Kasachstan aus nach Turkmenistan vor und trafen bei der ansässigen Bevölkerung auf heftige Gegenwehr. In der Entscheidungsschlacht 1881 gegen die russische Armee westlich der heutigen Hauptstadt Aschchabad mussten sich die turkmenischen Völker geschlagen geben. 1899 wurde das Land dem Generalgouvernement Turkmenistan angegliedert, dem auch die Gebiete des heutigen Usbekistan und Kasachstan angehörten. Es begann eine gezielte Russifizierungspolitik, zu der unter anderem die Ansiedlung von zahlreichen Russen in Turkmenistan gehörte und die massive Unterdrückung der einheimischen Kultur und Traditionen.

    Im Rahmen des Ersten Weltkriegs erhoben sich die Bewohner Turkmenistans 1916 - wie auch die Bevölkerung der übrigen Länder des Generalgouvernements Turkestan - gegen die russische Herrschaft. Nach der Oktoberrevolution 1917 in Russland kam es zu neuen Aufständen, die jeweils blutig niedergeschlagen wurden. Nach der Gründung der UdSSR (Sowjetunion) wurde Turkmenistan 1922 zusammen mit Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan zur "Turkestanischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik" (ASSR) zusammengeschlossen. Zwei Jahre später wurde Turkmenistan eine eigene "Sozialistische Sowjetrepublik" mit der Hauptstadt Aschchabad.

    Umfangreiche Sowjetisierungsmaßnahmen begannen, dazu gehörten unter anderem die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die Einführung eines einheitlichen sowjetischen Bildungssystems, die Umerziehung der Bevölkerung im Sinne des Kommunismus und Zwangsumsiedlungen. Die Anführer der traditionell starken Clans der Turkvölker fielen den stalinistischen "Säuberungsaktionen" zum Opfer, tausende Turkmenen verschwanden in sibirischen Arbeitslagern.

    Ab 1945 wurde der Bau des rund 1 440 km langen Karakum-Kanals begonnen, der den bedeutendsten Fluss des Landes (Amudjara) mit dem Kaspischen Meer verbinden und die dazwischenliegenden Wüstengebiete bewässern sollte. Hier wurde nun intensiv Baumwolle angebaut. Gleichzeitig begann die Förderung der Erdgas-Vorkommen. Die politische Führung des Landes übernahmen eine moskautreue kommunistische Einheitspartei und der turkmenische "Oberste Sowjet".

    Unabhängiger Staat

    Als Ende der 1980er Jahre der Zerfall der Sowjetunion einsetzte, erklärte Turkmenistan 1990 seine Souveränität, ein Jahr später folgte die Unabhängigkeitserklärung. Die Staatsführung fiel nach manipulierten Wahlen 1990 an Saparmurad Nijasow, der seit 1985 Führer der Kommunistischen Partei war. Diese hatte sich 1991 kurzerhand in "Demokratische Partei Turkmenistans" umbenannt und wurde zur neuen Einheitspartei des Landes. Oppositionsparteien waren nicht zugelassen. Nijasow verkündete, er wolle die kommunistischen Machtstrukturen weitgehend beibehalten, die Wirtschaft Turkmenistans aber hin zur freien Marktwirtschaft lenken.

    Noch im gleichen Jahr schloss sich Turkmenistan an die "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS) an, der die meisten der ehemaligen Sowjetrepubliken angehörten und die im Dezember 1992 offiziell die Sowjetunion für aufgelöst erklärte.

    1992 trat in Turkmenistan eine neue Verfassung in Kraft, die dem Staatspräsidenten weitreichende Vollmachten erteilte (Präsidialrepublik), auch gegenüber dem Parlament. Bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen im Juni 1992 wurde der autokratisch regierende Nijasow mit 99,5 % der Wählerstimmen im Amt bestätigt. Der Präsident suchte eine enge außenpolitische Anlehnung an Russland. Turkmenische Staatsbürger hatten z.B. die Möglichkeit, zusätzlich zu ihrer bereits vorhandenen turkmenischen auch die russische Staatsbürgerschaft zu erlangen.

    1994 wurde per Referendum die regulär bis 1997 dauernde Amtszeit des Staatspräsidenten Nijasow bis zum Jahr 2002 verlängert. In Anlehnung an den Gründer der Republik Türkei (Atatürk, "Vater der Türken") ließ sich der Präsident nun "Turkmenbaschi" nennen, was "Führer aller Turkmenen" bedeutet.

    In der Mitte der 1990er Jahre musste das Land seine Erdgasförderung drosseln, da die traditionellen Abnehmerländer des ehemaligen Ostblocks ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten. In einem Abkommen mit dem Iran im Oktober 1994 wurde der Bau einer neuen Gasleitung beschlossen, die den wertvollen Rohstoff durch iranisches Staatsgebiet nach Europa befördern sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt führte die einzige vorhandene Pipeline durch Usbekistan, Kasachstan und Russland in die Ukraine. Eine weitere Gasleitung wurde durch ein Abkommen mit der Türkei im Oktober 1998 avisiert (durch das Kaspische Meer, Aserbaidschan und Georgien).

    Im Dezember 1995 erklärte die politische Führung Turkmenistans die künftige immerwährende Neutralität des Landes. Bis auf wenige Ausnahmen unterhält das Land gute Beziehungen zu den umliegenden Ländern (mit Aserbaidschan offene Fragen der Grenzziehung im Kaspischen Meer). Nach wie vor ist Russland der strategisch wichtigste Partner Turkmenistans, wobei die politische Führung darauf achtet, dass die Neutralität des Landes gewahrt bleibt. Nach den Anschlägen der Terrororganisation al Qaida auf die USA am 11. September 2001 erklärte sich das Land zur Zusammenarbeit mit den USA gegen den internationalen Terror bereit und öffnete den Luftraum für US-amerikanische Flugzeuge. Die Infrastruktur des Landes wurde nur für humanitäre, nicht aber für militärische Zwecke zur Verfügung gestellt. Vor dem Terroranschlag unterhielt Turkmenistan gute Beziehungen zu allen afghanischen Bürgerkriegsparteien.

    Separmurad Nijasow war bis zu seinem Tod 2006 unangefochtener politischer Führer des Landes. Im Oktober 1999 sprachen sich die Mehrheit der Delegierten des Volksrates und das Parlament für eine lebenslange Amtszeit des Präsidenten aus. Internationale Kritik am autoritären Führungsstil des Präsidenten oder der mangelnden Demokratie im Land wird nur selten laut, da das Land über sehr große Vorkommen an Erdgas und Erdöl verfügt.

    Nach dem Tod Nijasows hätte eigentlich der Parlamentspräsident Öwezgeldi Ataýew die Amtsgeschäfte übernehmen sollen, doch dieser wurde verhaftet. Gurbanguly Berdimuhammedow wurde bei den Wahlen 2007 mit 89,23 % der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Da alle Kandidaten der Regierungspartei angehörten, wurde die Wahl von der Opposition und von internationalen Organisationen kritisiert. Als Ziele während seiner Präsidentschaft nannte Berdimuhammedow Reformen des Bildungssektors sowie des Gesundheits- und Rentensystems.