Japan (Literatur)

    Aus WISSEN-digital.de

    Erst im 5. Jahrhundert n.Chr. wurde in Japan die (chinesische) Schrift eingeführt; bis dahin blieb die Dichtung auf mündliche Überlieferung beschränkt. Seit dem 8. Jahrhundert sind Chroniken (kodschiki), Topogrophien (fukodi) und Gedichtsammlungen (als frühestes das "Manioschu" erhalten. Ab dem 10. Jahrhundert kam es zur Fixierung einer eigenen (japanischen) Sprache; Märchen (taketori-monogatari), Erzählungen (Ise-monogatari), volkstümliche Geschichten (kondschaku-monogatari) oder Gedichte (waka) wurden gesammelt. Die gebräuchlichste Gedichtform war das kurze tanka. Das "Gen-dschi-monogatari" der Hofdame Murasaki Schikibu (978-1016) wurde bestimmend für die Entwicklung der realistischen Erzählung. Parallel dazu wurde die Tagebuch- und Aphorismenliteratur (suihitsu) gepflegt. Ihre Träger waren der Adel und besonders die Hofdamen. Im Gefolge der politischen Umwälzungen des 12. Jahrhunderts kamen romantische Kriegsepen (gunki-monogatari) auf (berühmtestes Beispiel das "Heike-monogatari", 13. Jahrhundert).

    Die Literatur des japanischen Mittelalters wurde geprägt von buddhistischen und konfuzianischen theologischen Schriften; aus rituellen Tänzen und Pantomimen entwickelte sich das lyrische No-Spiel. Das im 17. Jahrhundert sich ausbildende Stadtbürgertum schuf sich in illustrierten Leseheften (soschi) eine eigene Literatur; ihre Hauptthemen waren der Sinnengenuss und das aufregende Großstadtleben. Das neue Lebensgefühl fand in der Poesie seinen adäquaten Ausdruck im epigrammatisch knappen Haiku-Kurzgedicht (Hauptvertreter: Bascho, 1644-1694). Aus erotisch betonten Singtänzen entstand die Kabuki-Dramenform: Ein ritterliches Samurai- und ein bürgerliches Sittenstück werden nacheinander aufgeführt, den Schluss bildet ein Tanz.

    Die Öffnung Japans (1853) brachte eine Begegnung mit der westlichen literarischen Kultur. Die europäischen Autoren der Romantik und des Naturalismus fanden zahlreiche Übersetzer und Nachahmer; eine eigenständige moderne Literatur bildete sich in Japan jedoch erst nach Tsuboutschi Schojos bahnbrechendem Werk über das "Wesen des Romans" (1885/86) heraus.

    Bedeutende Autoren der nachfolgenden Zeit waren Ogai Mori (1862-1922), Soseki Natsume (1864-1916) und Rionosuke Akutagawa (1892-1927), dessen Novelle "Rashomon" im Westen stärkste Beachtung fand. Unter den Schriftstellern des 20. Jahrhunderts ragen heraus: Josunari Kawabata (1899-1972), Dschunitschiro Tanisaki (1886-1965), Jukio Mischima (1925-1970), Yasuschi Inoue (1907-1991) und Kobo Abe (1924-1993).