Marcel Proust

    Aus WISSEN-digital.de

    französischer Schriftsteller; * 10. Juli 1871 in Paris, † 18. November 1922 in Paris

    Nach einem abgebrochenen Studium der Rechts- und Literaturwissenschaft war Proust für kurze Zeit in der Bibliothèque Mazarine in Paris angestellt, musste aber wegen einem schweren Asthmaleiden die Arbeit dort niederlegen. Er verkehrte in verschiedenen Pariser Salons, fand aber nirgends wirkliche Anerkennung und zog sich nach dem als tragisch empfundenen Tod seiner Mutter 1905 ganz aus dem gesellschaftlichen Leben zurück.

    In einem schallisolierten und mit Kork ausgelegten Zimmer am Boulevard Haussmann begann Proust dann, an seinem Lebenswerk, dem siebenteiligen Romanzyklus "À la recherche du temps perdu" ("Auf der Suche nach der verlorenen Zeit") zu schreiben. Da seine ersten Prosaversuche "Les plaisirs et les jours" (1896, dt. "Tage der Freuden") bei Kritikern keinen besonderen Anklang gefunden hatten, musste Proust den ersten Teil des Zyklus "Du côté de chez Swann" (1913; dt. "In Swanns Welt", 1926) auf eigene Kosten drucken lassen.

    Erst der zweite Band "A l'ombre des jeunes filles en fleurs" (1919; dt. "Im Schatten junger Mädchenblüte", 1926) wurde ein Erfolg und ermöglichte die Veröffentlichung der weiteren Teile "Le côté de Guermantes" (2 Bände, 1920; dt. "Die Welt der Guermantes", 1930) und "Sodome et Gomorrhe" (2 Bände, 1921-23; dt. "Sodom und Gomorrha", 1931). Posthum herausgegeben wurden die drei letzten Teile, "La prisonnière" (1923; dt. "Die Gefangene", 1957), "Albertine disparue" (2 Bände, 1925; dt. "Die Entflohene", 1957) und "Le temps retrouvé" (2 Bde., 1927; dt. "Die wiedergefundene Zeit", 1957).

    1919 erhielt Marcel Proust für "Im Schatten junger Madchenblüte" den Prix Goncourt. Kurz nach Beendigung seines Zyklus starb Proust an seinem Asthmaleiden.

    Bedeutung

    Prousts Lebenswerk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" gilt neben dem "Ulysses" (1922) von James Joyce und Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" (1930-43) als einer der bedeutendsten Romane der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Werk ist nicht nur ein Gesellschaftsporträt mit autobiografischen Zügen, sondern ein Roman, in dem die Zeit wahrgenommen wird als subjektives Erleben der Seele. Durch die Erinnerung wirkt die Vergangenheit bis in die Gegenwart hinein.

    In seinem Zeitbegriff war Proust vor allem von den Vorstellungen des Philosophen Henri Bergson inspiriert und entwickelte ausgehend davon eine ganz neue Form der Darstellung. Mithilfe von willkürlichen und unwillkürlichen Erinnerungen sollte das Bewusstsein des Ich-Erzählers vollständig ausgeleuchtet werden. Die unwillkürlichen Erinnerungen des Protagonisten werden häufig von Sinneseindrücken hervorgerufen; so erinnert sich der Erzähler in einer sehr bekannten Episode beim Geschmack einer in Lindenblütentee getauchten Madeleine unwillkürlich an seine Jugend. Als der Erzähler im letzten Teil des Romans beschließt, eben den Roman zu verfassen, den der Autor bereits vollendet hat, verwischen die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vollständig.

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