Russland (Kunst)

    Aus WISSEN-digital.de

    innerhalb der russischen Kunst grenzt man die altrussische Kunst ab, die mit der Christianisierung von Kiew (988) begann, durch byzantinische Einflüsse bestimmt war und im 17. Jh. (Regierung Peters des Großen ab 1689) auslief.

    Altrussische Kunst

    Alt-russische Baukunst ist begründet durch die Kiewer so genannte "Zehntkirche" (989-96), die von Fürst Wladimir als dreischiffige Kreuzkuppelkirche in kremlartig angelegter Residenz erbaut wurde. Daneben entstand als Ausdruck einer weiteren sakralen Architekturkonzeption in Kiew die Sophienkathedrale (ab 1037) mit offenen Galerien, fünf Schiffen und dreizehn Kuppeln. Von bescheidenerem Format sind dann die vielen Kirchenbauten (Ziegelbau) des 12.-14. Jahrhunderts. In Wladimir und Susdal kam es zu einer Symbiose westlich-romanischer und byzantinischer Elemente.

    Seit dem 14. Jh. entwickelte sich die Moskauer Architektur mit großer Ausstrahlung. In der 2. Hälfte des 15. Jh. wurden italienische Architekten von Iwan III. nach Moskau gerufen, zum Ausbau des Kreml und des Moskauer Stadtteils Kitajgorod. Waren die italienischen Architekten im Sakralbau überwiegend der russischen Tradition verpflichtet, konnten sie in Palast- (Facettenpalast) und Wehrarchitektur im Renaissancestil bauen. Die italienischen Einflüsse verdrängten noch nicht die in Russland dominierende Holzarchitektur, die selbst steinerne "Zeltdachkirchen" hervorbrachte.

    Die innere Ausgestaltung altrussischer Sakralarchitektur verband Mosaiken mit Wandmalerei. Dabei dominierte in frühen Kiewer Kirchen byzantinischer Einfluss. Von hier wurde die Nowgoroder Monumentalmalerei beeinflusst, während auf die Wandmalerei der Nowgoroder Geburt-Mariä-Kathedrale westlich-romanische Kunst wirkte.

    Besonders bedeutend war im 12.-14. Jh. die kraftvolle, farbige Ikonenmalerei mit regional unterschiedlicher Ausformung. Es entstand die Moskauer Ikonen- und Freskenmalschule, die auf ganz Russland große Wirkung hatte, bis in die 2. Hälfte des 15. Jh.

    18.-20. Jahrhundert

    Die durch Peter den Großen eingeleiteten Reformen öffneten Russland dem europäischen Westen, was sich in der russischen Kunst deutlich niederschlug. In der Baukunst hatte die Gründung von Petersburg programmatischen Charakter. Zuerst wurde 1703 im Newadelta die Peterpauls-Festung errichtet, 1704 die Admiralität.

    Zahlreiche westliche und russische Architekten erbauten die neue Hauptstadt. D. Trezzinis Peter-und-Pauls-Kathedrale bezeichnet den Bruch mit der altrussischen Tradition. Das radiale und halbkreisförmige Bebauungssystem ähnelt der absolutistischen Stadtkonzeption des Barock. Die Zarin Elisabeth ließ B.F. Rastrelli den so genannten Vierten Winterpalais im Rokokostil erbauen, und unter Katharina II. dominierte der klassizistische Stil.

    Das Stadtbild vereinheitlichende Architekturenensembles (Alexandertheater und -platz) schuf K.I. Rossi. Neben St. Petersburg entfaltete sich in Moskau (nach dem Brand von 1812) die russische Architektur des 19. Jahrhunderts. Der Wiederaufbau der Stadt verband europäische Baustile mit altrussisch-historisierenden Stilelementen, die seit Mitte des 19. Jh. die russische Spielart des Jugendstils begründeten. Im ersten Drittel des 20. Jh. setzten sich konstruktivistische und funktionalistische Konzepte durch, deren strenge, geometrische Elemente sowohl öffentliche Gebäude (Lenin-Mausoleum, 1924 aus Holz, 1930 Granit) wie Industriebauten bestimmten, ab Ende der 30er Jahre auch den sozialen Wohnungsbau und den Städtebau.

    In den 30er Jahren verstärkten sich dann historisierende Tendenzen in der Architektur und im Städtebau (z.B. Moskauer Metro). Seit Ende der 50er Jahre verliert die Architektur langsam die ideologische Überfrachtung der Stalinära und konzentriert sich auf industriellen Massenwohnungsbau und auf Weiterentwicklung und Rekonstruktion urbaner Regionen.

    Die russische Malerei konzentrierte sich im 18. Jh. zunächst auf die Porträtmalerei, die die differenzierte Beobachtung des Menschen favorisierte. Daneben entwickelte sich die Genremalerei, Historienmalerei, religiöse Malerei und seit etwa 1860 um die Künstlervereinigung Peredwischniki ein sozialkritischer Realismus (Hauptvertreter I.J. Repin).

    In der Landschaftsmalerei wurden intime Stimmungslandschaften produziert (I.I. Lewitan). Gegen Ende des 19. Jh. wurde die europäische Moderne von der St. Petersburger Künstlergruppe "Mir iskusstwa" (W.A. Serow, M.A. Wrubel und andere) aufgearbeitet, insbesondere Impressionismus und Jugendstil. Das Moskauer Kunstzentrum nahm in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle ein. "Rayonistische" Werke führten zur abstrakten Kunst (unter anderem "Suprematismus" K.S. Malewitsch'), die nach der Oktoberrevolution zur sowjetischen Avantgarde wurde (W. Kandinsky).

    Seit 1922 wurde diese Kunstentwicklung durch die staatliche Kunstdoktrin (mit der Unterwerfung der Kunst unter den Personenkult; so bei A. Gerasimow) verdrängt, die auch nach Stalins Tod (1953) noch lange wirkte. In den 60er/70er Jahren machte sich wieder eine individuelle und stilistische Differenzierung bemerkbar, die jedoch bis zu Perestroika und Glasnost der 80er und beginnenden 90er Jahre unter staatlicher Repression und Bevormundung litt.

    Die Skulptur stand im 20. Jh. in enger Verbindung (z.T. in Personalunion wie bei Tatlin und Rodtschenko) zur modernen Malerei (N. Gabo, A. Pevsner). Seit ca. 1965 entstanden in Opposition zur offiziellen Kunst bildhauerische Arbeiten von E.L. Neistwestny und Arbeiten des Lichtkünstlers L.W. Nussberg, die jedoch aus der Sowjetunion emigrieren mussten.