Moldawien Geschichte

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    Anfänge

    Im 2. Jahrtausend v.Chr. wurde das Gebiet des heutigen Moldawien von indoeuropäischen Thrakern, Dakern und Geten besiedelt. Etwa ab dem 7. Jahrhundert v.Chr. ist die Verarbeitung von Eisen zu Waffen, Schmuck und Arbeitsgeräten nachgewiesen.

    Wechselnde Fremdherrschaft

    Im 1. Jahrhundert n.Chr. fiel das Gebiet in die Hände des römischen Kaisers Trajan und wurde gemeinsam mit dem heutigen Rumänien Teil der römischen Provinz "Dacia" (Dakien). Im 3. Jahrhundert zogen sich die römischen Truppen vor den ständigen Überfällen der Westgoten aus Dakien zurück. Den Westgoten folgten im Verlauf der nächsten Jahrhunderte die Hunnen, Awaren, Slawen und Magyaren (Ungarn) als Fremdherrscher. Das slawische Sprach- und Kulturgut vermischte sich dabei mit dem dakisch-römischen, was zur Herausbildung der rumänischen Kultur führte.

    Im 10. Jahrhundert wurde das Gebiet des heutigen Moldawien Teil des Großfürstentums Kiew. Das kyrillische Alphabet und die christlich-orthodoxe Religion verbreiteten sich.

    Nachdem die Mongolen im 13. Jahrhundert in das Gebiet eingefallen waren, wurde es im 14. Jahrhundert vom walachisch-ungarischen Fürstengeschlecht Basarab beherrscht. Entsprechend entstand die historische Bezeichnung "Bessarabien". Anfang des 15. Jahrhunderts wurde Bessarabien Teil des Fürstentums Moldau, das 1362 gegründet worden war und heute zum größten Teil zum Nachbarland Rumänien gehört. In der Mitte des 15. Jahrhunderts begannen vom Süden vordringende Truppen des Osmanischen (türkischen) Reiches, die Gebiete des heutigen Moldawien zu erobern. Das Fürstentum Moldau musste sich dem osmanischen Sultan unterwerfen.

    Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde Moldawien im Rahmen der russisch-türkischen Kriege mehrere Male von russischen Truppen besetzt, 1812 eroberten sie ganz Bessarabien von den Osmanen. 1856 musste Russland nach seiner Niederlage im Krimkrieg Bessarabien wieder aufgeben, das nun erneut an das Fürstentum Moldau angegliedert wurde. Wenige Jahre später wurden unter der Oberhoheit des Osmanischen Reiches (das im Vertrag von Paris 1856 gemeinsam mit den Westmächten zur Schutzmacht ernannt worden war) die Fürstentümer Moldau und Walachei zum Einheitsstaat Rumänien vereint. 1877 gelang es Rumänien, die Vorherrschaft der Osmanen abzuschütteln, infolge kam Bessarabien (das Gebiet des heutigen Moldawien) wieder unter russische Herrschaft.

    Russische Vorherrschaft

    Ende 1917 erklärte sich Bessarabien zunächst zur unabhängigen "Moldauischen Republik" und vereinte sich ein Jahr später mit Rumänien. Durch die Pariser Friedensverträge von 1920 wurde dies von den Westmächten offiziell anerkannt, nicht aber von Sowjetrussland, das westlich des Flusses Nistru die "Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Moldau" (ASSR) mit der Hauptstadt Tiraspol gründete. In einem Vertrag mit Rumänien verzichtete die Sowjetunion 1933 auf Bessarabien, besetzte aber im Juni 1940 das Gebiet erneut (auch Bessarabien war Teil des geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Paktes von 1939). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden von der politischen Führung der UdSSR der Norden und der Süden Bessarabiens der "Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik" angegliedert, während Mittel-Bessarabien mit der bereits bestehenden Sowjetrepublik Moldau zur "Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik" vereint wurde. Wie in den anderen Sowjetrepubliken auch begann die "Sowjetisierung" des Gebietes, zu den Maßnahmen gehörten unter anderem die Abschaffung der Privateigentums, die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die Einführung des sowjetischen Bildungssystems und die Umerziehung der Bevölkerung im Sinne des Kommunismus. Die rumänische Sprache wurde verboten und durch Russisch als Amtssprache ersetzt, der historische Name "Moldau" wurde durch "Moldawien" ersetzt. Durch die geografischen Beschaffenheiten des Landes wurde auf einen Ausbau der Schwerindustrie weitgehend verzichtet zugunsten landwirtschaftlicher Anbauflächen. Moldawien wurde zu einem wichtigen Nahrungsmittellieferant innerhalb der UdSSR (unter anderem Getreide, Obst, Gemüse, Tabak, Wein) und erhielt im Gegenzug von anderen Sowjetrepubliken Rohstoffe und Energie.

    Unabhängiger Staat

    Im Rahmen der "Perestroika"-Politik des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow entwickelte sich Ende der 80er Jahre auch in Moldawien eine nationale Bewegung, die die Unabhängigkeit des Landes forderte. Im August 1991 rief das Land als "Republik Moldova" seine Unabhängigkeit aus. Zur Hauptstadt wurde Chisinau ernannt, Moldawisch ersetzte Russisch als offizielle Amtssprache. Als Sieger aus den ersten Präsidentschaftswahlen im Dezember 1991 ging der Moldau-Rumäne Mircea Snegur hervor, der bereits 1990 vom Obersten Sowjet zum Staatschef ernannt worden war. Sein erklärtes Ziel der Wiedereingliederung Moldawiens an Rumänien führte dazu, dass zwei Gebiete auf moldawischem Staatsgebiet ihre Loslösung von dem jungen Staat erklärten: Das christliche Turkvolk der Gagausen im Süden des Landes rief eine eigene Republik aus. Transnistrien (das Gebiet östlich des Flusses Nistru, in dem Russen und Ukrainer die Bevölkerungsmehrheit bildeten) erklärte als Dnjestr-Republik im September 1991 ihre Unabhängigkeit. Die ausbrechenden Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Separatisten konnten nur durch das Eingreifen russischer Streitkräfte beigelegt erden. Während mit den Gagausen ein politischer Kompromiss erreicht wurde (ab 1994 Autonomiestatus der Republik Gagausien und innere Selbstverwaltung), ist der Transnistrien-Konflikt bis heute nicht beigelegt. Die politische Führung Moldawiens erkennt die Abspaltung des Landesteils nicht an, auf der anderen Seite lehnt die Führung der Republik Dnjestr das weitreichende Autonomieangebot ebenfalls ab. Hier wurde im Dezember 1992 ein eigener Präsident gewählt (Igor Smirnow).

    1992 wurde Moldawien sowohl Mitglied der GUS ("Gemeinschaft Unabhängiger Staaten") als auch der UNO. 1993 sprachen sich über 90 % der Bevölkerung Moldawiens in einem Referendum gegen den Zusammenschluss mit Rumänien aus. Noch im gleichen Jahr wurde der russische Rubel durch eine eigene Währung abgelöst (Moldau-Leu). Durch den Zusammenbruch der Märkte des Ostblocks erlitt die moldawische Wirtschaft schwere Einbußen, durch die eingeleiteten Wirtschaftsreformen wurden vor allem Bauern und Rentner belastet. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebte unterhalb der Armutsgrenze. Die Regierung schloss im Februar 1994 ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union und versuchte, den Handel mit den EU-Ländern auszubauen.

    1994 trat eine neue Verfassung in Kraft, die den Staatspräsidenten mit weitreichenden exekutiven Vollmachten ausstattete. Als außenpolitische Ziele wurden die Neutralität, ein gutes Verhältnis zu Russland, Rumänien und der Ukraine und die Integration des Landes in multilaterale Zusammenhänge festgelegt. 1995 wurde Moldawien als 35. Mitglied in den Europarat aufgenommen, im gleichen Jahr erhielt das Land vom IWF (Internationaler Währungsfond) einen Kredit in Höhe von knapp 300 Millionen US-Dollar.

    Als stärkste politische Kraft konnte sich zunächst die pro-russische "Demokratische Agrarpartei" (PDAM) in Moldawien etablieren, die bei den Parlamentswahlen 1994 die Mehrheit der Sitze erlangte. Bei den Wahlen 1998 scheiterte sie bereits an der eingeführten 4 %-Klause. Die 1991 verbotene und 1994 wieder zugelassene "Kommunistische Partei" unter Führung von Wladimir Woronin wurde mit 40 Sitzen (von insgesamt 101) stärkste politische Kraft im Parlament, gefolgt von der "Demokratischen Konvention" (CDM) des ehemaligen Staatspräsidenten Mircea Snegur (bis 1996, dann Petru Lucinschi).

    Das 21. Jahrhundert

    Im Juli 2000 wurde vom Parlament eine Verfassungsänderung beschlossen, die dem Parlament mehr Machtbefugnisse zusprach und die des Staatspräsidenten, der nunmehr nicht mehr direkt vom Volk, sondern vom Parlament gewählt wird, einschränkte. Nach mehreren Regierungswechseln und drei ergebnislosen Wahlgängen für das neu zu besetzende Amt des Staatspräsidenten im Dezember 2000 wurden im Februar 2001 vorgezogene Wahlen zum Parlament abgehalten. Als deutliche Sieger ging die Kommunistische Partei unter der Führung von Vladimir Woronin hervor, die 71 der insgesamt 101 Sitze errangen. Zwei Monate später wählte das Parlament Woronin zum neuen Staatspräsidenten Moldawiens. Neuer Ministerpräsident und damit Chef der Regierung wurde der parteilose Wasile Tarlew.

    Im Frühjahr 2002 kam es wie schon im Herbst des vergangenen Jahres zu Protesten der Bevölkerung gegen den amtierenden Staatspräsidenten Woronin. Grund dafür war unter anderem die anhaltend schlechte wirtschaftliche Lage der Bevölkerung, die angekündigte Einführung des Russischen als zweite offizielle Amtssprache, die vom Staat ausgeübte Pressezensur und das kurzzeitige Verbot einer Oppositionspartei. Der Transnistrien-Konflikt ist trotz einer Reihe von Verhandlungen und Abkommen (1994, 1997, Odessa 1998) nach wie vor nicht gelöst. Die in Transnistrien stationierten russischen Truppen wurden bis Mitte 2003 fast vollständig abgezogen.

    Nach dem überraschenden Rücktritt von Ministerpräsident Tarlew trat Zinaida Grecianii Ende März 2008 seine Nachfolge an. Die Ökonomin Grecianii, Mitglied der kommunistischen Partei, gilt als kompetente Fachfrau und genießt einen hervorragenden Ruf bei Vertretern der Internationalen Organisationen. Tarlew hatte anlässlich seines Rücktritts erklärt, dass an seine Stelle ein „neues Gesicht” mit "neuen Zielen" treten müsse.