Digitalisierung in der Textilproduktion: Von intelligenten Kleidungsstücken, Online-Maßschneiderei & Co

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    Maßgeschneiderte Hemden per Klick im Onlinehandel bestellen? Das klingt zunächst kaum vorstellbar. Doch einige Anbieter im Internet werben damit, dank spezieller Software das perfekte Hemd für jedermann anfertigen zu können.

    Auch wenn das Hemd im beruflichen Alltag immer mehr Präsenz zeigt, da es immer seltener unter einer Anzugjacke versteckt zu werden braucht, greifen doch die wenigsten Verbraucher auf handgefertigte Produkte zurück. Für viele Hemdträger ist der Grund sicherlich der hohe Preis solcher Stücke: Im Einzelhandel ein maßgeschneidertes Hemd für unter 100.00 € zu finden, ist schwierig bis unmöglich. Onlinehändler werben dagegen mit deutlich günstigeren Preisen, teilweise schon ab 30.00 €. Nur: Wie soll eine Maßkonfektion ohne persönlichen Kontakt mit dem Kunden möglich sein?

    Hier kommt die Digitalisierung ins Spiel. Viele Anbieter, zum Beispiel die renommierte Marke Walbusch, nutzen interaktive Lösungen, bei denen der Käufer zu Hause mithilfe einer entsprechenden Anleitung am eigenen Körper oder an seinem gut sitzenden Lieblingshemd die benötigten Maße nimmt und in eine Tabelle einträgt, die der Shop im Rahmen des Bestellprozesses öffnet. Stammkunden können ihre Daten online hinterlegen oder an ihrem bereits erworbenen Walbusch-Hemd ablesen. Andere Websites werben damit, ganz ohne solche Daten auszukommen. Auf deren Shopseiten kann man für die verschiedenen Körperbereiche je unterschiedliche Profile auswählen, die dafür sorgen sollen, dass das spätere Hemd genau an den Körper des Käufers angepasst ist.

    Und es gibt noch die futuristische Variante, die im obigen Video zu sehen ist: die Körpervermessung per Software und Webcam. Vom Berliner Start-up "UPcload" entwickelt, sollte die Software ursprünglich dazu beitragen, die Rücksendequote von Onlinehändlern zu reduzieren. Jedoch erwies sich das Prozedere für reguläre Einkäufe als zu aufwendig, weswegen nachträglich eine kompaktere Version des Features veröffentlicht wurde, die nur zur Größenberatung dient. Die komplette Online-Körpervermessung nutzen allerdings immer noch einige Anbieter, die Maßkonfektionen von textilen Produkten anfertigen.

    Neue Produkte mit dem digitalen Extra

    Doch das sind nicht alle Neuigkeiten aus der digitalen Textilwelt. Neben Kleidern aus dem 3D-Drucker, die größtenteils noch als künstlerische Spielerei abgetan werden, gibt es schon etliche Kleidungsstücke, die mit neuartigen digitalen Features daherkommen und das Leben ihrer Träger auf die eine oder andere Art erleichtern sollen. Unter dem Schlagwort wearable technology werden teils hochtechnologische Features in Kleidungsstücke, sogenannte wearables, integriert. Intelligente Shirts beispielsweise überwachen die vitalen Körperfunktionen wie Herzschlag und Atemfrequenz. Andere, wie das "Radiate Shirt", können sogar die Körpertemperatur messen und dem Sportler durch Farbe seine besonders beanspruchten Muskelregionen anzeigen. Beim Projekt "Wearable Solar" werden kleine Solarzellen auf den Stoff aufgebracht, die Energie erzeugen, wenn der Träger damit draußen herumläuft.

    Die Schuheinlagen "SolarSole" verfolgen einen ähnlichen Ansatz: Sie erzeugen aus der Laufbewegung Energie, die eine eingebaute Batterie auflädt. Darüber kann der Nutzer seine elektrischen Geräte aufladen. Die von demselben Team entwickelten "Smartboots" verfügen zudem über verschiedene Sensoren in der Schuhsohle, die den Standort, die Bewegungen und eventuelle Stürze des Trägers erkennen können. So sollen beispielsweise Arbeiter in risikoreichen Berufen oder entlegenen Gebieten überwacht werden können, um ihnen im Notfall schneller und besser zu Hilfe eilen zu können. Die Schuhe sollen außerdem selbstständig Warnsignale von sich geben, wenn unsichere Umwelt- oder Wetterbedingungen den Träger gefährden könnten. Schade, dass die meisten dieser Produkte noch nicht marktreif sind oder jedenfalls noch nicht für den Einzelhandel produziert werden.

    Wie werden sich die Produktionsprozesse verändern?

    Auch auf die Produktionsprozesse in der Textilindustrie hat die Digitalisierung mittlerweile tiefgreifenden Einfluss genommen. Nähmaschinen etwa sollen mehr und mehr automatisiert werden. Noch ist die Industrie von vollständig autonomen Nährobotern zwar weit entfernt. Jedoch wird eifrig auf diesem Gebiet geforscht, verspräche ein Durchbruch doch die Verringerung von Produktionszeiten und Arbeitsstellen, und damit eine Reduzierung der Produktionskosten für die Konzerne. Daraus könnte auch folgen, dass die heute überwiegend in Asian angesiedelten Produktionsstätten in die Nähe ihrer hauptsächlichen Absatzmärkte zurückverlegt werden würden, wodurch sich Transportkosten einsparen ließen. Was das jedoch für jene Länder bedeuten würde, in denen die Textilproduktion heute wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, ist ein ganz eigenes Thema.

    Kalenderblatt - 19. März

    1921 Russland und Polen unterzeichnen einen Friedensvertrag.
    1953 Der Bundestag billigt die deutsch-alliierten Verträge, die später Deutschlandvertrag genannt werden. In ihnen wird das Ende des Besatzungsstatus und die Wiedererlangung der Souveränität geregelt.
    1956 Die Bundesrepublik erlässt das Soldatengesetz, in dem die Forderungen an eine demokratische Armee dargelegt werden.