Sprachwissenschaft

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    auch: Linguistik;

    Wissenschaft von der Sprache in ihrer Gesamtheit und den Einzelsprachen. Die Sprachwissenschaft ist ein Teilgebiet der Philologie und unterteilt sich in verschiedene Disziplinen. Die Phonetik untersucht den akustischen, physikalisch messbaren Aspekt der Sprache. Die Phonologie ermittelt die bedeutungsunterscheidenden Elemente der Sprache (Phoneme). Die Funktion der bedeutungstragenden sprachlichen Einheiten (Morpheme) untersucht die Morphologie. Die Satzstrukturen sind das Gebiet der Syntax. Die Semantik beschäftigt sich mit der inhaltlichen Bedeutung von Wörtern; ihre Herkunft wird von der Etymologie ermittelt. Die Stilistik untersucht den Stil eines Textes. Die grundlegenden Strukturen und Funktionen der Sprache sind Gegenstand der Grammatik. Die Textlinguistik untersucht die verschiedenen Textsorten und ihre Funktionen. Dialekte und Mundarten sind Forschungsgegenstand der Dialektologie. Die historische Sprachwissenschaft beschäftigt sich mit der geschichtlichen Entwicklung von Sprachen.

    Geschichte

    In allen Hochkulturen, die über eine Schrift verfügten, gab es eine Auseinandersetzung mit sprachwissenschaftlichen Fragestellungen. In Indien z.B. verfasste Panini im fünften Jahrhundert eine Grammatik des Sanskrit. Im antiken Griechenland wurden sprachwissenschaftliche Ergebnisse vor allem im Rahmen philosophischer Problemstellungen gewonnen. Hier ist besonders auf das Werk des Aristoteles hinzuweisen. In Alexandria, dem bedeutendsten wissenschaftlichen Zentrum der Antike, entstanden wegweisende Grammatiken.

    Die mittelalterliche Philosophie bildete allenfalls ansatzweise eine eigenständige Sprachwissenschaft aus. Linguistische Beobachtungen wurden in metaphysische Überlegungen einbezogen. Die Grammatik war im Mittelalter ein wichtiges Fach. Sie diente vor allem dem Unterricht des Lateinischen, das Wissenschaftssprache war.

    Eine eigenständige Sprachwissenschaft der Nationalsprachen bildet sich in Europa erst im 18. Jh. heraus. In Deutschland war Gottsched der wichtigste Grammatiker des 18. Jh.s. Die Sprachwissenschaft des 19. Jh.s beschäftigte sich vor allem mit der Sprachgeschichte und -entwicklung.

    Im 20. Jh. gewann die Sprachwissenschaft weiter an Bedeutung, nicht zuletzt weil Wittgensteins philosophischen Ansätze die Sprachphilosophie belebten. Ferdinand de Saussure und Karl Bühler entwickelten grundlegende Modelle der Zeichentheorie. Die deskriptive Linguistik erhielt entscheidende Anregungen durch Franz Boas und Edward Sapir. In den 30er Jahren entstand die so genannte Prager Schule, die grundlegende Arbeiten zur Funktion von Sprachelementen hervorbrachte. Trubezkoj entwickelte das Konzept des Phonems: Die Phoneme einer Sprache (die kleinsten bedeutungsunterscheidenen Elementen der Sprache) werden durch die Methode der Minimalpaarbildung ermittelt. Noam Chomsky begründete in der Mitte des 20. Jh.s ein neues Grammatikverständnis, das von einer grundlegenden, universalen Tiefengrammatik aller Sprachen ausgeht. Chomsky entwickelte seine Grammatik ständig weiter: heute ist die Generative Transformationsgrammatik eine der wichtigsten Formen der chomskyschen Grammatik. Ein anderer wichtiger Forschungsansatz der modernen Sprachwissenschaft ist die Valenzgrammatik, die von einer dominierenden Stellung des Verbs im Satz ausgeht.