Sozialdemokratische Partei Deutschlands

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    Abk.: SPD;

    älteste deutsche Partei. Neugründung der SPD 1945 durch Kurt Schumacher; nach 1945 trotz Oppositionsstellung im Bund entscheidend am Wiederaufbau beteiligt; 1958 durch Godesberger Programm programmatischer Kurswechsel (Konzept der Volkspartei, Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft).

    Nach starken Mitgliedsverlusten konkurriert die SPD mit der CDU um den Titel "größte Volkspartei der Bundesrepublik Deutschland". Die SPD hat ca. 450 000 Mitglieder (Stand 2017).


    Kanzler der SPD waren: Willy Brandt (1969-1974), Helmut Schmidt (1974-1982) und Gerhard Schröder (1998-2005).

    Geschichte

    In Deutschland fand der demokratische Sozialismus als politische Organisation erstmals Ausdruck in dem 1863 von Ferdinand Lassalle gegründeten "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein", der die sozialen Arbeiterprobleme auf friedlichem Wege mithilfe des Staates zu lösen suchte (nationales und staatssozialistisches Programm). In Opposition zu Lassalle gründeten 1869 August Bebel und Wilhelm Liebknecht, beide seit 1867 Abgeordnete im Norddeutschen Reichstag, in Eisenach unter Ausschaltung der Lassalleaner die "Sozialdemokratische Arbeiterpartei", die auf der Grundlage des Marxismus basiert. Nahziele waren allgemeines Wahlrecht, direkte Gesetzgebung durch das Volk, progressive Steuern statt indirekte Steuern u.a. Auf dem Parteitag in Gotha (1875) schlossen sich nach heftigen Auseinandersetzungen Lassalleaner und Arbeiterpartei zur "Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands" mit einem Kompromissprogramm (Gothaer Programm mit Nah- und Fernzielen) zusammen. Das "Gothaer Programm" wurde von Marx und Engels abgelehnt; der marxistische Flügel gewann die Oberhand, die Partei wurde im Zuge der starken Industrialisierung zum politischen Machtfaktor. 1878 wurde die Partei zu Unrecht mit zwei Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. in Verbindung gebracht und als "gemeingefährlich" und "internationalistisch" durch Reichsgesetz verboten (Sozialistengesetz). In der Untergrundarbeit wuchs die Organisation trotz Verfolgungen weiter (1887 bei den Reichstagswahlen 763 000, 1890 1,43 Millionen Stimmen).

    Die Nichtverlängerung des Sozialistengesetzes erfolgte 1890, was die Neubildung der Partei unter dem heutigen Namen "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (SPD) zur Folge hatte. 1891 Erfurter Parteitag und "Erfurter Programm" (von Karl Kautsky entworfen): Abkehr vom Lassalleanismus, Rückkehr zum ursprünglichen Marxismus mit konkreten Gegenwartsforderungen, die auf Grund der bestehenden Gesellschaftsordnung verwirklicht werden sollten (allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht, Selbstbestimmung und Selbstverwaltung des Volkes in Reich, Provinz und Gemeinde, Volkswehr anstatt des stehenden Heeres, freie Meinungsäußerung, Gleichberechtigung der Frau, Erklärung der Religion zur Privatsache und Forderung weltlicher Schulen, unentgeltliche Rechtspflege und ärztliche Hilfe, abgestufte Steuern, Arbeiterschutzgesetze, Betriebsüberwachungen, Sicherung des Koalitionsrechts, Reichsarbeiterversicherung). Infolge des sprunghaften Wachstums der Partei setzte sich in der Praxis die gemäßigte sozialreformerische "revisionistische" Richtung durch, besonders in Verbindung mit den erstarkten Gewerkschaften (Wortführer des "Revisionismus" E. Bernstein). Der sozialrevolutionäre und der gemäßigte Flügel waren einig unter anderem in ihrer Regierungsopposition, im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften, in der Anerkennung des Streiks als politischem Kampfmittel (Jenaer Parteitag 1903). 1912 stellte die SPD mit 4,5 Millionen Wählern und 110 Abgeordneten die stärkste Reichstagsfraktion.

    Im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD kam es 1916 zur Abspaltung einer sozial und politisch revolutionären sozialdemokratischen Oppositionsfraktion im Reichstag, die 1917 eine von den "Mehrheitssozialisten" "Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (USPD) gründete. 1917 erfolgte die Abspaltung des äußersten linken Flügels unter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ("Spartakusbund", der 1918 zur KPD wurde).

    1918 kam es zur Zusammenarbeit der Unabhängigen und Mehrheitssozialisten im "Rat der Volksbeauftragten" und nach der Thronentsagung Kaiser Wilhelms II. zur Ausrufung der Republik durch Scheidemann (SPD). Die SPD wurde maßgeblicher Faktor bei der Bildung der demokratisch-parlamentarischen Weimarer Republik (Verhinderung der Rätediktatur nach sozialistischem Muster). Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wurde erster Reichspräsident, Scheidemann erster Ministerpräsident. 1920 dann die Spaltung der Unabhängigen, die Mehrheit trat zur KPD, der Rest zur SPD über. Die SPD war Koalitions- und mehrmals Regierungspartei in Verbindung mit bürgerlichen Mittelparteien. 1933 lehnte sie das Ermächtigungsgesetz Hitlers ab und wurde verboten - ihre Anhänger wurden verfolgt.

    Neugründung der SPD 1945 durch Kurt Schumacher; nach 1945 trotz Oppositionsstellung im Bund entscheidend am Wiederaufbau beteiligt; 1958 durch das Godesberger Programm programmatischer Kurswechsel (Konzept der Volkspartei, Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft).

    Seit 1961 Stimmengewinne bei Bundestagswahlen, 1966 große Koalition mit der CDU. Bei den Bundestagswahlen 1969 erhielt die SPD 42,7 Prozent der Stimmen und bildete mit der FDP eine Koalitionsregierung unter Willy Brandt, die nach den Wahlen 1972 und 1976 fortgesetzt wurde und die eine Neuorientierung der Deutschland- und Ostpolitik durchsetzte. 1982 wurde die SPD-FDP-Koalition mit Bundeskanzler Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum beendet. Nach der Bundestagswahl im Oktober 1998 bildete die SPD zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen wiederum die Regierung und stellte mit Gerhard Schröder den Bundeskanzler. Die Wahlen 2002 gewann die rot-grüne Koalition knapp mit einem Vorsprung von elf Sitzen.

    Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 wurde die SPD annähernd so stark wie die Unionsparteien; die Union konnte zusammen mit der FDP keine Koalition bilden. CDU, CSU und SPD einigten sich nach langen Sondierungsgesprächen auf eine große Koalition unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. In der zweiten Amtszeit von Angela Merkel (2009 bis 2013) befand sich die SPD in der Opposition zu einer schwarz-gelben Koalition. Bei den Bundestagswahlen 2013 gelang der FDP der Wiedereinzug in den Bundestag nicht. Die SPD beteiligte sich erneut an einer großen Koalition unter Angela Merkel.

    Bundesvorsitzender ist seit 2017 Martin Schulz.