Salt Lake City 2002

    Aus WISSEN-digital.de

    19. Olympische Winterspiele

    Vom 8. Februar bis 24. Februar 2002.

    2 399 Athleten (886 Frauen und 1 513 Männer) aus 77 Nationen nahmen an 78 olympischen Wettkämpfen teil. Damit bot Salt Lake City zahlenmäßig die größten Winterspiele bisher.

    Programm

    In 15 olympischen Sportarten wurde um Medaillen gekämpft.

    Nach seinem letzten Auftritt 1948 in St. Moritz wurde Skeleton wieder ins Programm aufgenommen.

    Beim Bobsport waren erstmals Frauen zugelassen, und zwar im Zweierbob.

    Im Biathlon wurde der Jagdstart eingeführt: für Männer über 12,5 km und für Frauen über 10 km.

    Beim Langlauf gab es mehrere Änderungen: Im Freistil gab es zusätzlich einen Sprint (für Männer und Frauen); bei den 30 km klassisch der Männer und den 15 km klassisch der Frauen wurde der Intervallstart eingeführt; das Jagdrennen der Männer wurde auf 10 km, dasjenige der Frauen auf 5 km verkürzt; schließlich wurden als neue Wettkampfdisziplinen 15 km klassisch für Männer und 10 km klassisch für Frauen eingeführt.

    In der Nordischen Kombination wurde ein Einzel-Sprint-Wettbewerb, bestehend aus Skispringen von der 120 m-Schanze und einem 7,5-Kilometer km-Langlauf, eingeführt.

    Die 1 500 Meter für Männer und Frauen wurden beim Short Track eingeführt.

    Beim Curling wurde die Anzahl der Teams von acht auf zehn heraufgesetzt (bei Männer und Frauen).

    Auch beim Eishockey gibt es jetzt mehr Teams: Ihre Anzahl bei den Frauenwettbewerben wurde von sechs auf acht erhöht.

    Parallelslalom statt Riesenslalom gibt es seit 2002 beim Snowboard (Männer und Frauen).

    Austragungsort

    Salt Lake City, die Hauptstadt des Staates Utah, hatte sich gegen Sion, Östersund und Quebec City durchgesetzt. Der heute florierende Industriestandort mit Universität wurde im Jahr 1847 von den Mormonen gegründet. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung gehören der religiösen Freikirche der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" an, die vor allem durch ihre Endzeit-Prophezeiungen, Polygamie (Polygynie; mittlerweile nicht mehr erlaubt) und ihrer strengen Moral bekannt wurde. Im Vorfeld riefen die als solche viel zitierten "Spiele der Mormonen" skeptische Äußerungen auf den Plan; doch jegliche Befürchtungen vor einer zu starken Präsenz der Mormonen als Missionare oder gar Sittenwächter blieben unbestätigt. Die Mormonen, so das abschließende Urteil des IOC-Präsidenten Jaques Rogge, wären für ihn schlicht nicht sichtbar gewesen.

    Ebenso für Schlagzeilen und reichlich Diskussionsstoff, noch lange bevor das Olympische Feuer entzündet war, sorgte der so genannte "Bestechungsskandal". Im Winter 1998/1999 standen die Winterspiele in Salt Lake City bereits vor ihrem Aus. Marc Hodler, Schweizer IOC-Funktionär, fungierte im US-amerikanischen Fernsehen als Enthüller des Korruptions-Sumpfes, der sich hinter den Kulissen der Olympiabewerbung für 2002 abgespielt hatte. Mit großzügigen Spenden war das Bewerbungskomitee von Salt Lake City auf Stimmenfang gegangen. Die Zahl der IOC-Mitglieder, die sich bestechen ließ, liegt bei zwei Dutzend. Auf die Enthüllungen folgten vier Rücktritte, fünf Suspendierungen und Ermittlungen gegen weitere Verdächtige. Empörung auf aller Welt über die Machenschaften schienen dem Projekt "Olympia 2002 in Salt Lake City" ein frühzeitiges Ende zu bereiten. Im Februar 1999 wurde Mitt Romney das Amt des Organisationschefs übertragen; er trug maßgeblich zum Erfolg der Spiele und zur Sicherstellung der Finanzierung bei.

    Einen weiteren Schatten warfen die tragischen Ereignisse des 11. September 2001. So standen die Spiele ganz im Zeichen der Sicherheit. Rund 16 000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz, um einen reibungslosen Verlauf der Winterspiele gewährleisten zu können.

    Medaillenbilanz

    Erfolgreichste Nation wurde Deutschland mit einer Bilanz von zwölf Gold-, 16 Silber- und sieben Bronzemedaillen. Damit erreichten die deutschen Athleten und Athletinnen das beste Ergebnis bei olympischen Winterspielen bisher. Auf Platz zwei rangierte die Wintersportnation Norwegen mit elfmal Gold, siebenmal Silber und sechsmal Bronze. Nachdem dem Langstreckenläufer Johann Mühlegg jedoch Ende 2003 wegen Dopings zwei weitere Goldmedaillen aberkannt worden waren, rückten die Norweger nach und konnten Deutschland mit nun 13 Goldmedaillen in der (Gold-)Medaillenbilanz überholen. Die amerikanischen Sportler und Sportlerinnen errangen zehnmal Gold, 13-mal Silber und elfmal Bronze und sind damit auf Platz drei.

    Vergleiche Medaillenspiegel Salt Lake City 2002.

    Stars

    Zu den erfolgreichsten Medaillensammlern in Salt Lake City gehören der Biathlet Ole Einar Björndalen und die kroatische Skirennläuferin Janica Kostelic. Björndalen gewann viermal Gold und avancierte mit nun fünf Olympia-Siegen und einmal Silber zum erfolgreichsten Skijäger der olympischen Geschichte. Mit dreimal Gold (Kombination, Slalom, Riesenslalom) und einmal Silber im Super-G wurde Janica Kostelic zur unumstrittenen Skikönigin von Salt Lake City. Einen Überraschungs-Doppelolympiasieger gab es bei den Skisprungwettbewerben: Der kleine Schweizer Simon Ammann, wegen seiner Ähnlichkeit zur Romanfigur Harry Potter auch "Simon Potter" genannt, triumphierte beim Springen von der Normal- und von der großen Schanze.

    Das kanadische Eishockeyteam um Teamchef Wayne Gretzky, das sich im Laufe des Turniers stetig steigerte, glänzte im Finale gegen Gastgeber USA mit einem 5:2-Sieg und gewann zum ersten Mal seit 1952 in Oslo wieder das ersehnte olympische Gold.

    Erfolge

    Mit seinem Fazit "dies waren die Spiele der Athleten" unterstrich IOC-Präsident Jaques Rogge, dass im Mittelpunkt des Geschehens die herausragenden Leistungen und Erfolge der Sportler aus aller Welt standen.

    Die höchst gelegene Eisschnelllaufbahn der Welt, das Utah Olympic Oval, sah ein Stelldichein der Rekorde: acht der zehn Bewerbe wurden in neuer Weltrekordzeit gewonnen. Zu den Stars auf den Kufen zählt der Niederländer Jochem Uytdehaage, der zweimal Gold und einmal Silber erringen konnte und als erster Mensch überhaupt die 10 000 Meter in weniger als 13 Minuten lief (12:58,92). Für Aufsehen auf und neben dem Eis sorgten die deutschen Eisschnelllaufdamen Anni Friesinger und Claudia Pechstein. Medienstar Friesinger blieb mit einmal Gold über 1 500 Meter hinter den Erfolgen ihrer Konkurrentin Pechstein zurück, die mit dem Gewinn von zwei Goldmedaillen ihre Karriere krönte und nun die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin ist.

    Zum erfolgreichsten Medaillensammler der alpinen Skirennläufer wurde der Norweger Kjetil-Andre Aamodt, der den Kombinationswettbewerb und den Super-G für sich entscheiden konnte. Damit wuchs seine Medaillensammlung bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften auf 17 an. Bei den nordischen Kombinierern dominierte der Finne Samppa Lajunen mit Gold in allen drei Wettbewerben. Für eine der größten Überraschungen der Spiele sorgte die erst sechzehnjährige Eiskunstläuferin Sarah Hughes, die sich mit ihrer Kür vor der Russin Irina Slutskaja und der großen Favoritin Michelle Kwan platzieren konnte. Sportgeschichte schrieb Georg Hackl, der sich mit seinem zweiten Platz hinter Armin Zöggeler seine fünfte olympische Medaille in Folge sicherte. Zu den Erfolgen der deutschen Olympia-Mannschaft trugen maßgeblich die Biathleten (dreimal Gold, fünfmal Silber und einmal Bronze) und Rennrodler (Tripel-Erfolg bei den Damen) bei. Erfreulich stark schnitten auch die deutschen Langläufer mit zweimal Silber in der neuen Disziplin Sprint und der Überraschungsgoldmedaille in der Damenstaffel sowie Bronze in der Herrenstaffel ab. Für das knappste Ergebnis sorgte die deutsche Skisprungmannschaft um Sven Hannawald und Martin Schmitt, die mit nur 0,1 Punkten Vorsprung vor den Finnen Teamgold gewann.

    Skandale

    Der Paarlauf-Skandal

    Für große Aufregung bereits in den ersten Tagen sorgte der so genannte Paarlauf-Skandal. Die Preisrichter setzen das russische Paar Jelena Bereschnaja und Anton Sicharulidse mit 5:4 Stimmen auf Platz Eins vor die Kanadier Jamie Sale und David Pelletier, die nach einer fehlerfreien, begeisternden Kür von den Zuschauern und zahlreichen Experten als die wahren Sieger gesehen wurden. Im Mittelpunkt der Diskussion standen Absprachen unter den Preisrichtern, wie sie im Eiskunstlaufen wohl an der Tagesordnung sind. Die französische Preisrichterin Marie-Reine Le Gougne war angeblich unter Druck gesetzt worden, für das russische Paar zu stimmen; im Gegenzug sollte der russische Kampfrichter beim Eistanz dem französischen Paar Anissina/Peizerat weiterhelfen. Nachdem dieser Skandal bekannt geworden war, erfolgte eine einzigartige Entscheidung: Dem kanadischen Paar wurde nachträglich Gold zugesprochen, die Russen behielten ihre Goldmedaille; es gab also zwei Siegerpaare.

    Doping

    Die hervorragenden und spannenden Wettbewerbe der Langläufer wurden vom größten Doping-Skandal der Geschichte olympischer Winterspiele überschattet.

    Der zunächst als Überflieger der Loipe gefeierte Johann Mühlegg, der nach Differenzen mit dem deutschen Verband für Spanien an den Start ging, wurde des Blutdopings überführt und musste seine letzte Goldmedaille (über 50 km) zurückgeben. Außerdem wurde er von den Spielen ausgeschlossen und durfte nicht an der Schlussfeier teilnehmen. Die spanische Tageszeitung El Mundo titelte sogar: "Mühlegg hat weltweit Schande über Spaniens Sport gebracht." Die beiden Goldmedaillen, die er zuvor bei den 30 km Freistil und im Verfolgungsrennen gewonnen hatte, blieben vorerst in Mühleggs Besitz, weil die Dopingtests nach diesen Wettkämpfen negativ ausgefallen waren, wurden ihm jedoch Ende 2003 aberkannt. Mühlegg beschloss daraufhin trotz des baldigen Ablaufs seiner Dopingsperre nicht mehr in die Loipe zurückzukehren.

    Auch das Lager der Damen blieb nicht von Dopingskandalen verschont. Die Siegerin des 30-km-Rennens, Larissa Lasutina, verlor ihre Goldmedaille wieder, nachdem auch sie – ebenso wie ihre Landsfrau Olga Danilowa – des Dopings überführt wurde. Nach einem Beschluss des IOC im Juni 2003 wurden Lasutina auch die Silbermedaillen über 15 km und im Jagdrennen aberkannt. Kurios: Da bereits vor dem Damen-Staffel-Rennen positive Tests vorlagen, wurde das russische Damenteam vom Wettbewerb ausgeschlossen – dies ist auf Grund einer Athleten-Schutzklausel möglich. Trotz des positiven Doping-Befundes durften Lasutina und Danilowa am letzten Rennen jedoch wieder teilnehmen. Fachleute sehen hier nicht zu Unrecht Handlungsbedarf.

    Fazit

    Die Spiele warfen lange Schatten voraus – und standen in der Diskussion, wie das selten bei Spielen zuvor der Fall war (siehe "Der Austragungsort"). Trotz aller Schwierigkeiten im Vorfeld bekam die Welt glanzvolle Winterspiele präsentiert. IOC-Präsident Jaques Rogge fand lobende Worte und bezeichnete die Winterspiele als "außergewöhnliche Spiele". Besonders hervorgehoben wurde das Olympische Dorf, es sei das beste gewesen, das es je bei Winterspielen gab (Rogge selbst lebte während der Spiele im Olympischen Dorf). Auch die freiwilligen Helfer und die Bewohner Utahs fanden Rogges Anerkennung.

    Der neue IOC-Präsident zeigte sich glücklich mit dem Verlauf der Spiele, die mit einer eindrucksvollen Schlussfeier und einem grandiosen Feuerwerk einen würdigen Abschluss fanden. Begonnen hatten sie mit der Eröffnungsformel des US-Präsidenten George W. Bush, der diese mit einer eigenen Einleitung variiert hatte und dafür Kritik aus aller Welt erntete (Abweichungen von offiziellen Riten des IOC sind normalerweise nicht erlaubt): "Stellvertretend für eine stolze, entschlossene und dankbare Nation: Ich erkläre die Spiele von Salt Lake City zur Feier der Olympischen Winterspiele für eröffnet."

    Unzufrieden zeigte sich die russische Delegation, die wegen angeblicher Benachteiligungen sogar mit Boykott drohte. Vor allem der Ausschluss der russischen Damenmannschaft aus dem Langlaufstaffel-Wettbewerb wegen Dopings (siehe Skandale) rief wütende Proteste hervor. Ein Rückzug der russischen Mannschaft konnte in letzter Sekunde verhindert werden, die Ereignisse ließen jedoch Erinnerungen an Zeiten des Kalten Krieges wach werden.

    Weblinks

    Salt Lake City 2002

    Kalenderblatt - 19. April

    1521 Kaiser Karl V. verhängt über Martin Luther die Reichsacht.
    1941 Bertolt Brechts "Mutter Courage" wird im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt. Die von Helene Weigel verkörperte Protagonistin verliert im Dreißigjährigen Krieg alle ihre Kinder. Brecht will mit seinem Stück die Verzahnung von Kapitalismus und Krieg zeigen.
    1977 Zum Entsetzen seiner Fans wechselt Franz Beckenbauer in den amerikanischen Fußballverein Cosmos. Der Dreijahresvertrag ist auf ca. sieben Millionen DM festgesetzt.