Richard Genée

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    deutscher Komponist und Librettist; * 7. Februar 1823 in Danzig, † 15. Juni 1895 in Baden bei Wien

    Richard Genée entstammte einer Theaterunternehmerfamilie. Sein Bruder Rudolf war Literaturhistoriker, während seine Schwester Ottilie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts großen Erfolg als deutsche Lustspielsoubrette hatte.

    Genée verbrachte seine Jugendzeit in Berlin, wo er das Gymnasium besuchte. Anfangs studierte er Medizin, um dann zur Musik zu wechseln. 1847 dirigierte er erstmals im Danziger Stadttheater, 1848 wurde Genée Opernkapellmeister in Reval (heute: Tallinn). Es folgten Engagements in Riga, Köln, Aachen und Düsseldorf. Aus familiären Gründen kam Genée zurück nach Danzig, wo sein erstes Bühnenwerk uraufgeführt wurde, eine komische Oper.

    Sein erster größerer Erfolg war der "Geiger aus Tirol" (1857), eine Operette um den berühmten Geigenbauer Jakob Stainer (1617-1683). Nach einem Engagement in Mainz kam Genée für die Spielzeit 1861/62 als Kapellmeister nach Schwerin, um den aus gesundheitlichen Gründen beurlaubten Hofkapellmeister Alois Schmidt zu vertreten. Hier brachte Genée einen Operetteneinakter heraus: "Der Musikfeind" (1862).

    1863/64 leitete er die deutsche Oper in Amsterdam, war dann einige Spielzeiten lang am königlich-deutschen Landestheater in Prag tätig und trat 1868 in Wien im Theater an der Wien den Posten eines Kapellmeisters an, den er bis 1878 behielt.

    An abendfüllenden Bühnenwerken waren inzwischen in Mainz "Rosita" (1864) und im Theater an der Wien "Der schwarze Prinz" (1867) uraufgeführt worden. Zu diesen wie zu fast allen seinen Bühnenwerken hatte er selber die Textbücher geschrieben. Zwar schuf er 1869 noch das historische Singspiel "Vaterland" und den Operetteneinakter "Schwefeles, der Höllenagent", gab sich dann aber bis etwa 1874 vorwiegend mit der Übersetzung oder Bearbeitung französischer Operetten ab (J. Offenbach, Nerve, Lecocq und andere).

    In seiner Laufbahn begann ein neuer Abschnitt, als am 5. April 1874 "Die Fledermaus" herauskam, an deren Libretto er maßgeblich beteiligt war. Er bildete nun mit dem Schriftsteller F. Zell (eigentlich: Camillo Walzel, 1829-1895) eine Librettistengemeinschaft, die die Textbücher zu den meisten großen Erfolgen der klassischen Wiener Operette verfasste. In den letzten vier Jahren seiner Kapellmeistertätigkeit im Theater an der Wien war Genée an den Libretti von J. Strauß' "Cagliostro in Wien" (1875) und F. v. Suppés "Fatinitza" (1876) beteiligt. 1876 und 1877 erschienen nochmals zwei eigene Bühnenkompositionen, die Operetten "Der Seekadett" und "Nanon", die beide sehr erfolgreich waren. Alle weiteren Werke, die er komponierte (Opern, Operetten und Vaudevilles), fanden wenig Interesse und verschwanden bald von den Bühnen.

    Er zog sich auf seine Besitzung in Pressbaum, westlich von Wien gelegen, zurück und widmete sich seiner literarischen Arbeit. Sein Name stand, neben dem von F. Zell, auf vielen Operettentextbüchern jener Zeit: "Boccaccio" (1879), "Donna Juanita" (1880), "Der Gascogner" (1881), "Die Afrikareise" (1883) und "Die Jagd nach dem Glück" (1888) von Franz  v. Suppé (1819-1895), "Die Carbonari" (1880) von Karl Zeller (1842-1898), "Gräfin Dubarry" (1879), "Apajune, der Wassermann" (1880), "Die Jungfrau von Belleville" (1881), "Der Bettelstudent" (1882), "Gasparone" (1884) und "Der Vizeadmiral" (1886) von C. Millöcker, "Das Spitzentuch der Königin" (1880), "Der lustige Krieg" (1881) und "Eine Nacht in Venedig" (1883) von J. Strauß (Sohn), "Der Marquis von Rivoli" (1884) von Louis Roth (1843-1929), "Pfingsten in Florenz" (1884), "Der Jagdjunker der Kaiserin" (1886) und "Der Glücksritter" (1887) von Alfons Czibulka, "Rikiki" (1887) von Josef Hellmesberger (1855-1907), "Ein Deutschmeister" (1888) von Carl Michael Ziehrer (1843-1922), und schließlich "Kapitän Fracassa" (1889) von Rudolf Dellinger (1857-1910).

    Um 1880 wandte sich Genée wieder der Bearbeitung französischer und englischer Operetten zu. Aus dieser Zeit stammen seine deutschsprachigen Fassungen zu "Der Mikado" und "Die Gondolieri" von Arthur Sullivan (1842-1900) sowie zu "Der Freibeuter" von Robert Planquette (1850-1903). In den letzten Lebensjahren war er an den Libretti für einige junge Operettenkomponisten beteiligt, deren Werke und damit auch die Textbücher aber erfolglos waren und verschwanden.

    Gegen Ende seines Lebens erkrankte Genée schwer; er war in seinen letzten beiden Lebensjahren gelähmt.