Politische Theorie

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    Teilgebiet der Politikwissenschaft, welches sich mit den Lehren politischer Denker auseinandersetzt.

    Die Theorien behandeln den Staat sowie das Verhältnis von Staat, Gesellschaft und Individuum. Die Ausgangspositionen der Lehren sind divers, da sie jeweils die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Zeit darstellen und sich somit sich im Lauf der Zeit wandelten:

    Ihren Ausgangspunkt nahm die politischen Theorie mit dem griechischen Philosophen Platon, der einen bestmöglichen Staat, den Idealstaat, schilderte. Regiert werden sollte dieser Staat durch Philosophen (Könige der Weisheit). Ein Kriegerstand sollte die Verteidigung des Staates nach innen und außen übernehmen. Am Staatsbesitz sollten alle Bürger Anteil haben.

    Aristoteles, der Schüler Platons und Begründer der politischen Wissenschaft, unterschied die Staatsformen nach der Zahl der Regierenden. In seiner "Politik" entwarf er eine beste Verfassung für die griechische polis. Der Staat war für Aristoteles Sache der freien Bürger; die Sklaverei sah er als natürlich an.

    Der Kirchenvater Augustinus übte großen Einfluss auf die mittelalterliche Geistesgeschichte aus. Ihm zufolge bildet die Gerechtigkeit das Fundament eines Staates. Er war der Auffassung, dass das Kommen des Reiches Gottes alle irdische Herrschaft ablösen würde. Der Staat sei "Sache des Volkes", welches er als "Ansammlung einer vernunftbegabten Menge, die vereinigt ist in der einträchtigen Gemeinschaft jener Dinge, die sie liebt" bezeichnete.

    Thomas von Aquin übernahm die Aristotelische Lehre und ließ den Staat aus der Sozialnatur des Menschen entstehen. Wie Aristoteles definierte auch er drei gute und drei schlechte Formen der Regierung. Sein Idealstaat ist eine konstitutionelle Monarchie, in der der Monarch vom Volk gewählt wird. Die Aufgabe des Staates ist es nach Augustinus, den Staatsbürgern die auf Erden zu erreichende Glückseligkeit zu gewährleisten. Zu seiner Lebenszeit entstanden Landesherrschaften mit souveränen Landesherren an der Spitze und in der Folge bildeten sich die modernen Nationalstaaten heraus.

    Niccolò Machiavelli erkannte zwei Staatsformen, die aus der Antike bekannt waren, an: die Republik und das Fürstentum. Republiken seien beständiger und gefestigter als Fürstentümer und im Normalfall auch militärisch stärker. Im "Il Principe" beschreibt Machiavelli die Techniken der Machtausübung eines Fürsten. Die moralische Legitimation der Herrschaft wird abgestreift. In einem Fürstentum zählt allein das Interesse des Fürsten, durch dessen vernünftige Leitung der Staatsgeschäfte die Bürger profitieren können.

    Jean Bodin arbeitete als Kriterium der Staatsgewalt deren Souveränität heraus. Das Gewaltmonopol besitzt Bodin zufolge der Staat; der Herrscher hat das Recht auf Gesetzgebung und Kriegsführung sowie die Finanzhoheit. Die Untertanen besitzen aber unantastbares Recht auf Freiheit und Eigentum.

    Thomas Hobbes entwickelte die Idee des Staatsvertrags zwischen Volk und Souverän. Laut Hobbes erlösen sich die Menschen mit der Vertragsschließung aus dem Naturzustand und begründen den Staat. Hobbes forderte für den Souverän uneingeschränkte Macht, die zum Wohl des Volkes ausgeübt werden sollte.

    John Locke ging ebenfalls von der Idee eines Gesellschaftsvertrags aus, sprach sich jedoch für eine Teilung der Staatsgewalt aus (Gewaltenteilung). Der Gefahr eines uneingeschränkt herrschenden Staates werde so begegnet. Der Staat habe die Eigentumsrechte des Einzelnen zu sichern.

    Auch der französische Aufklärer Charles de Montesquieu vertrat die Auffassung, die Staatsgewalt müsse durch eine Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative begrenzt werden. Das langsam wirtschaftlich erstarkende Bürgertum griff zur Zeit Montesquieus nach der politischen Macht und schuf damit die Grundlage für die politischen Theorien dieser Zeit.

    Jean Jacques Rousseau entwickelte mit seiner Theorie den Anspruch des Volkes auf Souveränität. Er ging wie Hobbes und Locke vom Gesellschaftsvertrag aus. Die entstehende bürgerliche Freiheit beinhalte die Beteiligung der Bürger an staatlicher Macht und aus dieser politischen Freiheit folge die Gleichheit der Bürger (gegenüber dem Staat). In der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung sowie in der Französischen Revolution wurden die Ideen Rousseaus aufgenommen und verwirklicht.

    Immanuel Kant übernahm die Theorie des Gesellschaftsvertrags, der Volkssouveränität und den Gedanken einer republikanischen Staatsform einschließlich der Gewaltenteilung. Kants Auffassung nach kann die republikanische Staatsform sowie ein Staatenbund den "ewigen" Frieden zwischen den Staaten garantieren. Aus seinen Ideen erwuchs der Gedanke zur Errichtung einer interstaatlichen Instanz, die nach dem 1. Weltkrieg mit dem Völkerbund realisiert wurde.

    Mit der Industriellen Revolution entstanden Gegenbewegungen zum sich entwickelnden Liberalismus und Kapitalismus: Sozialismus und Anarchismus. Das Privateigentum sollte in Gemeineigentum umgewandelt und der Staat sollte abgeschafft werden. Den größten Einfluss besaß Karl Marx, mit Friedrich Engels der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus. Das angestrebte Ziel Marx' war die Aufhebung der Klassen und die Entstehung einer klassenlosen Gesellschaft. Modifiziert wurde die marxistische Lehre von Wladimir I. Lenin zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der die Lehre an die Realität der sozialistischen Staaten anpasste. Die Theorie der Frankfurter Schule (Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, u.a.) basiert auch auf der Theorie Marx'.

    Kalenderblatt - 19. April

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