Nicolai Hartmann

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    deutscher Philosoph; * 20. Februar 1882 in Riga, † 9. Oktober 1950 in Göttingen

    Nicolai Hartmann radikalisierte Kant, da er wegen der sittlichen Autonomie des Menschen dessen Abhängigkeit von Gott völlig ausschloss. Eng verbunden der Tugendlehre des Aristoteles, baute Hartmann eine materielle Wertethik auf.

    Er schrieb neben seiner "Ethik" (1925) vor allem ontologische Arbeiten von großer Bedeutung. Hartmanns Sittenlehre ist eine absolute Götterethik: Es gibt ein ewiges, unwandelbares Reich sittlicher Werte, ähnlich den platonischen Ideen. Der Mensch als "Bürger zweier Welten" (Kant), mit seinem Körper dem Materiellen verbunden, mit seinem Wertfühlen aber fähig, bis zu den "Fixsternen" sittlicher Werte vorzustoßen, hat Hartmann zufolge die Aufgabe, die idealen Wertwesenheiten auf die Erde herunterzuholen und hier zu verwirklichen.

    Die sittlich gute Tat ist an zwei Bedingungen geknüpft:

    1. an die Freiheit. Die Handlung muss aus innerer Freiheit geschehen, was allerdings die Möglichkeit zum Bösen in sich schließt. Eine Determiniertheit wie die Kausalität gibt es nur im physikalischen Bereich, nicht aber im geistigen.

    2. Die sittliche Tat ist nur gut, wenn sie den höheren Wert dem niederen vorzieht. Kein Wert darf für sich allein betrachtet werden, sondern nur in seiner Relation zu anderen Werten. Der Mensch ist aufgefordert, sich stets für das Bessere zu entscheiden.

    Religion und Ethik sind nach Hartmann unvereinbar. Zwischen ihnen liegt eine Reihe von Antinomien (Widersprüchen), so dass das eine das andere ausschließt: Der religiöse Mensch orientiert sich am Jenseits; er verlegt die wahren Werte dorthin. Der sittliche Mensch aber ist dem Diesseits zugewandt; er verwirklicht die sittlichen Werte in dieser Welt. Gott und der sittliche Mensch schließen einander aus; Gott entwertet den sittlichen Menschen, er degradiert ihn zur Unfreiheit: Seine Vorsehung, sein Wille, der immer geschieht, zerstören die Freiheit des Handelns. Nicht als göttliches Gebot kann die sittliche Tat verwirklicht werden, sondern nur aus der inneren Einsicht des Guten. Die Religion behandelt den Menschen wie ein unerfahrenes Kind, wenn sie ihm seine Schuld abnimmt, ihn "erlöst". Der Erlösungsgedanke ist deswegen für Hartmann "wirklich ein moralisches Übel".