Kreuzzüge

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    Der Begriff "Kreuzzüge" bezeichnet im Allgemeinen von der Kirche unterstützte Feldzüge gegen "Ungläubige" bzw. "Heiden" im Mittelalter, um den christlichen Glauben auszubreiten oder wiederherzustellen.


    Konkreter umfasst der Begriff die sieben Züge der abendländischen Christenheit (Kreuzfahrer oder -ritter) im 11.-13. Jh. ins Heilige Land, zur Befreiung der heiligen Stätten vom Islam und Einbeziehung des Heiligen Grabes in das christliche Herrschaftsgebiet; auch zur Erringung der Vorherrschaft im Mittelmeerhandel.

    Die Kreuzzüge wurden veranlasst durch das Vordringen der seldschukischen Türken (seit 1071; Pilgerfahrten erschwert) und den Hilferuf des von ihnen bedrohten byzantinischen Kaisers Alexios Komnenos, getragen von Glaubenseifer (cluniazensische Bewegung; Peter von Amiens) und ritterlichem Kampfgeist, gefördert vom erstarkten Papsttum (Päpste als oberste Kriegsherren); mit der Idee vom "Heiligen Krieg" verbanden sich Abenteuerlust und Anreiz, weltliche Vorteile zu erlangen (Abgaben- und Schuldenstundung bzw. -erlass), neben großzügiger Ablassgewährung in der Stunde des Opfertodes; ein anderer Antrieb ging von Handelsinteressen (besonders Venedigs) im östlichen Mittelmeer aus.

    Papst Urban II. rief im November 1095 auf der Synode von Clermont die Christen zum Kampf gegen den Islam auf, ausgelöst durch den schon erwähnten Hilferuf des von den Seldschuken bedrohten byzantinischen Kaisers.

    Die sieben Kreuzzüge

    Erster Kreuzzug

    Der erste Kreuzzug (1096-1099) normannischer und lothringischer Ritter führte zur Eroberung von Jerusalem (1099), das christliche Königreich unter Gottfried von Bouillon bzw. Balduin wurde, und zur Errichtung der christlichen Lehensstaaten Antiochia, Edessa, Tripolis. Gottfried von Bouillon wurde "Beschützer des Heiligen Grabes", ihm folgte dann sein Bruder Balduin als König von Jerusalem nach.

    Während die einzelnen Kreuzfahrerstaaten untereinander rivalisierten, einten sich die vorher konkurrierenden islamischen Gruppen zu einer Hauptmacht.

    Zweiter Kreuzzug

    Die Rückeroberung Edessas durch die Seldschuken veranlasste den zweiten Kreuzzug (1147-1149), der besonders von Bernhard von Clairvaux gepredigt wurde; Niederlage der Heere des deutschen Königs Konrad III. und Ludwigs VII. von Frankreich schon in Kleinasien (Folge: schwerer Prestigeverlust des Papsttums).

    Dritter Kreuzzug

    Der dritte Kreuzzug (1189-1192) galt der Rückeroberung Jerusalems, das 1187 in die Hände des Sultans Saladin von Ägypten gefallen war. Er endete nach dem Tod Kaiser Friedrich Barbarossas (ertrunken im Fluss Saleph 1190), der diesen Kreuzzug initiiert hatte, und der Einnahme von Akkon (1191) durch den englischen König Richard Löwenherz und den französischen König Philipp II. August (die den Seeweg benutzt hatten) mit dreijährigem Waffenstillstand, in dem Saladin friedlichen Pilgern den Besuch der heiligen Stätten in Jerusalem zugestand.

    Vierter Kreuzzug und Kinderkreuzzug

    Der vierte Kreuzzug (1201-1204), zu dem Papst Innozenz III. aufgerufen hatte, war gegen Ägypten geplant, doch wandten sich die französischen Teilnehmer im Interesse Venedigs gegen Byzanz und errichteten dort 1204 das Lateinische Kaisertum, daneben zahlreiche Kleinfürstentümer in Griechenland.

    In religiöser Schwärmerei erfolgte 1212 der Kinderkreuzzug: Tausende deutscher und französischer Kinder (Knaben und Mädchen) kamen um, teils vor der Einschiffung, teils durch Schiffbruch; viele Kinder wurden von Betrügern in die Sklaverei verkauft. Ein gegen Ägypten geführter Kriegszug scheiterte nach der Eroberung Damiettes 1221 im Nildelta.

    Fünfter Kreuzzug

    Als Führer des fünften Kreuzzugs (1228/29) wählte Kaiser Friedrich II., der erst durch einen Bann Papst Gregors IX. zum Kreuzzug bewegt wurde, den Seeweg und gewann durch Unterhandeln mit dem Sultan von Ägypten noch einmal Jerusalem. Er selber krönte sich zum König von Jerusalem, das aber 1244 der Christenheit endgültig verloren ging.

    Sechster Kreuzzug

    Auf dem sechsten Kreuzzug (1248-1254) geriet der französische König Ludwig IX., der Heilige, nach der Eroberung Damiettes (1249) mit seinem Heer 1250 in ägyptische Gefangenschaft (Freilassung gegen Lösegeld) und musste sich mit der Befestigung der christlichen Stützpunkte an der Küste (Akkon) begnügen.

    Siebter Kreuzzug und Räumung der Stützpunkte

    Völlig erfolglos war der siebte Kreuzzug (1270) Ludwigs IX.; er war beendet, als dieser vor Tunis einer Seuche erlag.

    1291 fiel Akkon in die Hände der Mamelucken, die Christen räumten ihre letzten Stützpunkte Sidon, Tyrus, Beirut.

    Auswirkungen

    In ihrer eigentlichen Zielsetzung erwiesen sich die Kreuzzüge als Fehlschlag (nicht zuletzt infolge der nationalen Eifersucht und Uneinigkeit der Führer dieses abendländischen Gemeinschaftsunternehmens), doch führten sie zur Ausprägung ritterlicher Ideale, die insbesondere von den geistlichen Ritterorden (Templer, Johanniter, Deutschherren) zur verpflichtenden Tradition für die folgenden Jahrhunderte wurden.

    Gewinn war auch die Erweiterung des abendländischen Weltbildes: aus der Begegnung mit dem Orient ergaben sich mannigfache kulturelle und geistige Anregungen (besonders durch arabische Wissenschaft, Kunst und Dichtung). Das Kennenlernen der Güter des Orients (besonders Gewürze) und die Erweiterung der Handelsbeziehungen führten zum wirtschaftlichen Aufschwung der großen italienischen Handelsstädte (Frühkapitalismus), besonders Venedigs (das sich zudem das Monopol für die Überfahrt nach dem Heiligen Land gesichert hatte).

    Neben der Belebung des deutschen Fernhandels aber gab es als weitere Folge die verhängnisvolle Einschleppung der Pest und Lepra ins Abendland, zum anderen die weitere Entfremdung des enttäuschten Byzanz und der Ostreiche. Die Byzantinische und die Lateinische Kirche konnten nicht mehr vereint werden.

    Die Christenfeindlichkeit des Islam nahm zu und umgekehrt ebenso. Kreuzzüge im weiteren Sinne wurden auch gegen heidnische Völker (z.B. die heidnischen Preußen, Esten, Wendenkreuzzug), die Mauren in Spanien (Spanien, Reconquista) oder gegen Ketzer in Europa (z.B. Albigenser und Hussiten) unternommen.