Islam

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    (arabisch "Hingabe an Gott")

    nach dem Christentum die zweitgrößte monotheistische Weltreligion mit etwa 1,3 Milliarden Anhängern in 184 Ländern.

    Glaubens- und Sittenlehre, Ritual und religiöse Ordnung gründen sich auf die Offenbarungen Allahs (arabisch für "Gott"), die Mohammed im Koran, dem heiligen Buch der Moslems, niederlegte; für die größte Gruppe der Moslems, die Sunniten, wird der Koran als Religionsquelle durch die Überlieferung (Hadith) und das Gewohnheitsrecht (Sunna) ergänzt. Sunniten stellen in fast allen islamischen Ländern die Bevölkerungsmehrheit, außer in Bahrain, Iran, Irak, Jemen, Libanon und Oman; für sie gilt der Nachfolger des ersten KalifenAbu Bakr als geistliches Oberhaupt. Die zweite große Glaubensrichtung des Islam, die Schiiten (hauptsächlich im Iran und im Irak), erkennen allein den Koran als kanonisch an; für sie ist der rechtmäßige Nachfolger des Propheten Mohammeds Adoptiv- und Schwiegersohn Ali (Gatte von Mohammeds Tochter Fatima), den die Schiiten zugleich mit seinen Söhnen Hussein und Hassin als Heiligen verehren. Daneben bestehen zahlreiche regionale Sekten ("72 Sekten des Islam").


    Die Lehre des Islam ist stark von jüdischem und vorislamischem Glaubensgut beeinflusst. Folgende Lehrsätze sind im Wesentlichen allen Richtungen gemeinsam: 1. Es gibt nur einen Gott (Allah, der Weltenherr, Weltschöpfer, zu dem am Jüngsten Tag alles Geschaffene zurückkehrt). 2. Der Mensch Mohammed ist Allahs Prophet. 3. Der Koran ("das oft zu lesende Buch") ist die Heilige Schrift des Islams und enthält Allahs Offenbarungen. 4. Allah erschuf Engel als seine Diener und Teufel und Dschinnen als böse und gute Geister. 5. Das Menschenleben ist seit Uranfang vorherbestimmt (Kismet, Fatalismus), doch bleibt Raum für Willensentscheidungen. 6. Die "letzten Dinge" schließen Auferstehung, Jüngsten Tag, Letztes Gericht und den Eintritt in Paradies oder Hölle ein.

    Die wichtigsten Gebote sind: rituelle Waschungen zur inneren Reinigung, die Beschneidung als Voraussetzung für den Eintritt in die Gemeinde, tägliche Gebete und Einhaltung der Feiertage; Almosen in Form des Zehnten des Einkommens und fromme Stiftungen für Brunnen, Bäder, Armen-Speiseanstalten, Anstalten für psychisch Kranke, Schulen, Bibliotheken, Festungen; das Fasten im Monat Ramadan; die Pilgerfahrt zur Kaaba in Mekka oder ihre Ablösung durch Ersatzpilger oder Almosen. Verboten sind der Genuss von Alkohol und Schweinefleisch sowie Glücksspiel, Wucher, Wahrsagen und Zauberei.

    Geschichte

    Die islamische Religion wurde von dem Propheten Mohammed im 7. Jh. n.Chr. auf der Arabischen Halbinsel gestiftet. Der Islam, der zunächst nur eine in Erwartung des Weltgerichts örtliche religiöse und soziale Gemeinde bildete, verpflanzte sich nach der Verfolgung in Mekka nach Medina, wo die kirchliche Ordnung und ein Staatswesen unter Mohammeds Führung begründet wurden.

    Mohammeds Nachfolger, die Kalifen, waren geistliche Führer und weltliche Herrscher, die unter der Dynastie der Omaijaden (661-750) das islamisch-arabische Weltreich organisierten. Der politische Gegensatz der schiitischen Perser gegen das Arabertum führte zu Bürgerkriegen und zum Aufstieg der Abbasiden-Dynastie (749-1228), unter deren absolutistischem religiösem und weltlichem Regiment die islamische Religion und Kultur gepflegt und das Recht kodifiziert wurde. Die Ausbreitung des Islam erfolgte parallel zur territorialen Ausdehnung (635-638 Palästina, 640-642 Ägypten, 643 Neupersien, im 8. Jh. Nordwestafrika, Spanien und der indische Pandschab, im 9. Jh. Sizilien); um 1350 umfasste der Islam Nordindien (Reich von Delhi), Afghanistan, Südrussland bis zum Aral-See, Persien, ganz Vorderasien mit Kleinasien, Arabien, Ägypten bis zum Sudan, Nordafrika, in Südspanien das Reich von Granada; im ganzen Einflussgebiet herrschte eine kulturelle Einheit, die in bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen, in den Werken großer Philosophen, Geografen, Dichter, in einer einheitlichen Schrift, in der Vereinheitlichung der Kleidung, einer weitgehend einheitlichen Lebensweise und in gleicher Familienordnung ihren Ausdruck fand. Moscheen, Paläste, Festungen, Häuseranlagen entstanden in typisch arabischer Bauweise; Koranschulen und Universitäten als Stätten der theologischen Tradition sind weitere Zeugnisse aus dieser Zeit.

    Doch bereits seit den Kreuzzügen begann die allmähliche Ablösung der Araber als Bannerträger des Islam durch die Türken (bis 1453 Eroberung Vorderasiens, des Balkans, Nordindiens, des Byzantinischen Reiches und seiner afrikanischen Besitzungen).

    Nach den Rückschlägen dieser islamischen Weltmacht (Türkenkriege) übernahm Arabien wieder die Führerschaft im Islam; das Zurückweichen im Westen glich der Islam zum Teil durch die Missionierung des Malaiischen Archipels (Insulinde) wieder aus. Im 18. Jh. wurde der Islam durch die streng traditionsgebundene sunnitische Sekte der Wahhabiten in Arabien reformiert (Heiliger Krieg gegen die türkische Oberhoheit) und zugleich ein arabischer Nationalismus durch die Wahhabitenherrscher begründet. Zur gleichen Zeit entstanden die panislamistischen Bestrebungen der türkischen Sultane, die seit 1774 die geistige Führung des Islam beanspruchten (Kalifat bis 1924).

    In jüngster Zeit wurde die innere Geschlossenheit des Islam als ein alle Lebensbereiche umfassendes religiös-gesellschaftliches System (z.B. in der Einheit von Religion und Recht) durch staatliche Reformen, besonders in der modernen Türkei, erschüttert. Andererseits ist in verschiedenen arabischen Staaten ein Aufschwung aktiver orthodoxer Erneuerungsbewegungen und religiöser Bruderschaften und Orden und eines islamischen Fundamentalismus zu beobachten, insbesondere infolge der Iranischen Revolution (ab 1979) und der unter Ajatollah Khomeini gebildeten Islamischen Republik mit der schiitischen Richtung des Islam als Staatsreligion.

    Der Panislamismus zielt auf einen politischen Zusammenschluss aller Moslems, konnte aber bisher infolge der kulturellen, nationalen und auch religiösen Gegensätze (Schiiten, Sunniten und Modernisten) nicht realisiert werden.