Gewissen

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    im Wesen des Menschen angelegte Fähigkeit, sittliche Werte und Gebote zu erkennen und sie in den jeweils verschiedenen Situationen anzuwenden. Ganz allgemein lässt sich das Gewissen kennzeichnen als das innere Bewusstsein dessen, was gut und böse ist, also ein Bewusstsein vom sittlichen Wert des eigenen Verhaltens. Es handelt sich demnach um eine Art innerer Kontrollinstanz, ein inneres ethisches Verantwortungsgefühl, das der moralischen Selbstbeurteilung dient. Die rückschauende Form des Gewissens ist das gute bzw. das schlechte Gewissen, die vorschauende Form das ermahnende.

    Das Gewissen entwickelt sich während der Sozialisation des einzelnen Menschen im Kontext mit der Umwelt und deren Normen und Regeln. Ab dem 10. Lebensjahr werden die Vorschriften des so genannten Mussgewissens durch ein eigenes autonomes Gewissen abgelöst. Es bildet sich das Sollgewissen heraus auf Grund eigener Entscheidungen und selbstständiger Orientierung. Erst die vollständige Reife gibt dem Menschen ein individuelles personales Wertesystem.

    Der Begriff Gewissen wurde und wird je nach philosophischer oder psychologischer Lehre verschieden definiert und analysiert. Besonders die Tiefenpsychologie und die Psychoanalyse haben sich intensiv mit Gewissensphänomenen beschäftigt - aus der Erkenntnis der Bedeutung, die das Gewissen sowohl für die Entwicklung der Persönlichkeit als auch für den psychotherapeutischen Heilprozess bei seelischen Entwicklungsstörungen oder Fehlhaltungen hat. Sigmund Freud sah im Gewissen eine Funktion bzw. einen Repräsentanten des Über-Ich, einer Art von durch Tradition und Erziehung geschaffenen Aufsichtsinstanz und eines Ideals des eigenen Ich, dessen Ansprüche der Mensch durch immer weitere Triebeinschränkungen zu erfüllen bemüht ist. Die Ansprüche des Über-Ich lassen das Individuum nach Vervollkommnung streben; jedoch können übersteigerte Forderungen, z.B. durch Fehlentwicklung, zu Schuld- und Gewissensangst, sogar zu neurotischen Zwangsvorstellungen führen. In der Forschung nach Freud rückte die individual-persönliche Stellung zu den Normen in den Vordergrund.