Gelenk (Anatomie)

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    (griechisch: Diarthrosis, lateinisch: Articulatio)

    Definition

    Kontaktstelle von Knochen, die durch einen kapillaren Spalt (Gelenkspalt) voneinander getrennt sind (im Unterschied zur Synarthrosis).


    Aufbau

    An der dem Gelenkspalt zugekehrten Oberfläche sind die Knochen (die Gelenkkörper) von einer Knorpelschicht (dem Gelenkknorpel) überzogen.

    Die Verbindung zwischen beiden Knochen wird durch eine den Gelenkspalt schlauchförmig abschließende Gelenkkapsel hergestellt. Diese besteht aus zwei Schichten:

    der inneren Capsula synovialis, einer zarten glatten Membran (Synovialmembran), die die Gelenkschmiere (Synovia) in den Gelenkspalt abgibt,der äußeren Capsula fibrosa, die aus faserigem Bindegewebe besteht und an manchen Stellen zu sehr starken Bändern (Ligamenta) verdichtet sein kann. == 3. Exkursionsweite==

    Ist die Capsula fibrosa ringsum kurz und straff, erlaubt sie nur geringste Bewegungen der beiden Knochen gegeneinander. Man nennt solche Gelenke "straffe Gelenke" (Amphiarthrosen). Sie dienen der Federung, wie das Kreuzbein-Hüftbein-Gelenk (Becken). In den meisten Fällen hat die Kapsel eine Überweite, so dass ausgiebige Bewegungen möglich sind. Das in Winkelgraden ausdrückbare Ausmaß solcher Bewegungen wird die Exkursionsweite des Gelenks genannt.

    Freiheitsgrade

    Wichtiger aber ist, wie viele Freiheitsgrade ein Gelenk hat, in wie viel verschiedenen Richtungen Bewegungen möglich sind.

    Ein Gelenk hat einen Freiheitsgrad, wenn sich ein Punkt des bewegten Gliedes nur auf einer kreisförmigen (oder annähernd kreisförmigen) Linie bewegen kann.

    Handelt es sich dabei um die Freiheit der Beugung und Streckung, wie z.B. zwischen Grund- und Mittelglied eines Fingers, so spricht man von einem Scharniergelenk. Die Gelenkkörper eines Scharniergelenks sind eine gekehlte Vollrolle und eine darauf passende Hohlrolle mit Führungsleiste. Die Gelenkkapsel braucht nur an der Beuge- und an der Streckseite eine Überweite.

    An den beiden Rändern befinden sich starke Faserzüge, die den Kontakt der Gelenkkörper aufrechterhalten: die Seitenbänder. Um in jeder Gelenkstellung gleich gestrafft zu sein, entspringen sie von der Bewegungsachse in die Längsrichtung des bewegten Systems, wie z.B. bei den Bewegungen der Speiche gegenüber der Elle (Arm), einem Drehgelenk. Die in einem Drehgelenk mögliche Bewegung wird als "Rotation" bezeichnet.

    Hat der bewegte Knochen gegenüber dem ruhenden sowohl die Beuge- als auch die Rotationsfreiheit, wie z.B. die Speiche gegenüber dem Oberarmknochen, liegt ein Drehscharniergelenk vor.

    Eine weitere Möglichkeit zweier Freiheitsgrade in einem Gelenk besteht, wenn der Endpunkt des bewegten Gliedes auf jeden beliebigen Punkt einer Kugelkalotte gebracht werden kann, wie z.B. das körperferne Ende der Hand bei ruhender Speiche, da ja die Hand nicht nur nach oben und unten sondern auch nach innen und außen bewegt werden kann. Die Gelenkkörper solcher Gelenke mit zwei Freiheitsgraden der Richtungsänderung sind entweder als Hohl- und Vollellipsoid (Eigelenk) oder als zwei ineinander passende Sattelflächen (Sattelgelenk) gebaut.

    Hat schließlich ein Gelenk neben den zwei Freiheitsgraden der Richtungsänderung auch noch die Rotationsfreiheit, besitzt es mit drei Freiheitsgraden die für ein Gelenk höchstmögliche Zahl von Freiheitsgraden und wird daher als "freies Gelenk" bezeichnet. Sehr oft, z.B. beim Schultergelenk, haben die Gelenkkörper eines freien Gelenks die Form einer Voll- und einer Hohlkugel (Gelenkpfanne; Kugelgelenk).

    Gelenkformen

    Bei manchen Gelenken befindet sich zwischen den zwei überknorpelten knöchernen Gelenkkörpern ein dritter, rein knorpeliger Körper, entweder in Form eines Rings oder Halbmonds (Meniskus), z.B. beim Kniegelenk, oder in Form einer Scheibe (Discus articularis), so dass das Gelenk nicht ein, sondern zwei vollständig voneinander getrennte Gelenkräume besitzt, z.B. das Kiefergelenk (Unterkiefer).

    Existiert hingegen ein einheitliches Gelenkspaltensystem, an dessen Begrenzung mehr als zwei knöcherne Gelenkkörper beteiligt sind, spricht man von einem zusammengesetzten Gelenk, z.B. im Fall des vom Oberarmknochen, Elle und Speiche gebildeten Ellenbogengelenks.

    Die Mittelstellung

    Unter allen Stellungen, die in einem Gelenk eingenommen werden können, ist die Mittelstellung am wichtigsten. Das ist diejenige Stellung, in der alle Anteile der Kapsel in gleichem Maße entspannt oder - durch einen krankhaften Erguss in den Gelenkraum - in gleichem Maße gespannt sind. In diesem letzten Fall bewirkt jede Bewegung aus der Mittelstellung heraus durch Überspannung einer Seite größten Schmerz, daher wird das Gelenk automatisch in Mittelstellung gehalten.

    Die Mittelstellung ist keineswegs mit der normalen Grundstellung identisch; z.B. ist für das Kniegelenk die Grundstellung eine extreme Streckung, die Mittelstellung hingegen eine halbe Beugung.