Fluor

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    (lateinisch: fluere, "das Fließen")

    auch: Fluorum (internationaler Name), fluorine (englischer Name);

    chemisches Element der zweiten Periode und der siebten Hauptgruppe des Periodensystems. Es gehört zu den Halogenen.

    Isotope

    Fluor hat nur ein stabiles Isotop, und zwar dasjenige mit der Massenzahl 19. Daneben sind sechs Radionuklide bekannt, deren Halbwertszeiten durchweg kurz sind: Am langsamsten zerfällt F-18 mit einer Rate von 109,7 Minuten, am schnellsten zerfällt F-20, dessen Halbwertszeit bei 2,23 Sekunden liegt.

    Eigenschaften

    Fluor ist ein blassgelbes, ätzendes Gas mit durchdringendem Geruch. Unter -188 °C geht es in den flüssigen Aggregatzustand über, und erst bei knapp -220 °C erstarrt es. Das Nichtmetall weist die größte Reaktivität und die höchste Elektronegativität aller Elemente auf. Fluor reagiert praktisch mit allen Elementen, außer mit Sauerstoff und den leichten Edelgasen. Mit den schwereren Edelgasen geht es Verbindungen ein. Die meisten Reaktionen verlaufen auch bei Raumtemperatur sehr heftig. Fluor hat eine außerordentliche Affinität zu Wasserstoff. Aus Wasser setzt es Sauerstoff frei und verbindet sich mit Wasserstoff zu Fluorwasserstoff. Zur Erlangung der Edelgaskonfiguration fehlt Fluor lediglich ein Elektron, so dass es in allen Verbindungen stets die Oxidationszahl -1 hat. Die wichtigsten Fluor-Verbindungen sind neben dem bereits erwähnten Fluorwasserstoff: Fluorwasserstoffsäure (HF in H2O), Natriumfluorid (NaF) und Kalziumfluorid (CaF2). Uranhexafluorid (UF6) ist in der Kerntechnik von großer Bedeutung.

    Vorkommen

    Fluor gehört zusammen mit Chlor, Brom, Iod und Astat zu den Halogenen. Nach Chlor ist es das häufigste Element seiner Gruppe. In der Natur kommt das Element wegen seiner großen Reaktivität nur chemisch gebunden vor. Die Angaben über seinen Anteil am Aufbau der Erdkruste schwanken: Er wird üblicherweise mit 0,04-0,09 Gewichtsprozent angegeben. Die wichtigsten Fluor-Mineralien sind beispielsweise Flussspat, Kryolith, Apatit, Chiolith und Topas. Die größte technische Bedeutung hat Flussspat. Im Meereswasser liegt die mittlere Konzentration von Fluor bei 1-2 ppm (parts per million: Teile pro Million Teile).

    Verwendung

    Die Angaben über die Menge der Weltproduktion von Fluorgas schwanken zwischen 2 400 und 12 000 Tonnen pro Jahr. Elementares Fluorgas wird zur Herstellung von Uranhexafluorid, Schwefelhexafluorid (SF6) und Fluoridierungsmitteln verwendet. Es ist in technisch wichtigen organischen Verbindungen und in einigen Polymersorten enthalten. Von großer technischer Bedeutung ist Flussspat (CaF2) als Flussmittel in der Metallurgie (Weltproduktion: 4,7 Millionen Tonnen pro Jahr). Außerdem ist Flussspat Ausgangspunkt bei der Herstellung von Flusssäure und anderen wichtigen Fluorverbindungen.

    Industrielle Anwendung finden Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) als Kälte- und Treibmittel. Wegen der von ihnen ausgehenden Umweltbelastung (Beitrag zur Vergrößerung des Ozonlochs) wird ihre Verwendung eingeschränkt.

    Biologische Bedeutung und Toxikologie

    Fluor ist essenziell für einige Spezies (auch für den Menschen). Bei Säugetieren verfestigt es die Zahnsubstanz während der Entwicklung und vermindert den Kariesbefall. Aus diesem Grund wird in einigen Ländern (so zum Beispiel in der Schweiz und der ehemaligen DDR) das Wasser fluoridiert. Fluor wird beispielsweise in Form von Natriumfluorid (NaF) oder Fluorwasserstoff (HF) in geringen Konzentrationen beigemischt. Im Körper eines Erwachsenen (mit einem Durchschnittsgewicht von 70 Kilogramm) findet man ca. 2,5 Gramm Fluor in gebundener Form.

    Viele Fluorverbindungen sind stark giftig. Fluorgas (F2) führt bereits in geringen Konzentrationen zu Reizungen der Atemwege und Verätzungen der Haut. Aus diesem Grund wurde in Deutschland im Arbeitsschutz ein Grenzwert von 0,1 ppm (parts per million: Teile pro Million Teile) festgelegt (MAK-Wert). Fluoridhaltige Gase und Stäube werden v.a. in der Baustoffindustrie - bei der Herstellung von Zement, Ziegeln und Keramik - freigesetzt. Wegen der Schadwirkung für Land- und Forstwirtschaft wurden die Immissionsgrenzwerte entsprechend der TA Luft für anorganische Fluorverbindungen bei 1 µg/m3 festgelegt.

    Geschichte

    Schon Jahre vor dem endgültigen Nachweis durch den Franzosen Henri Moissan 1886 hatte Fluor seinen heute gültigen Namen. Ausgangspunkt für die Entdeckung waren die Untersuchungen des Berliner Chemikers Marggraf, der Flussspat (Kalziumfluorid: CaF2) in einer Retorte mit Schwefelsäure destillierte und feststellte, dass die gläsernen Wände der Apparatur stark angegriffen wurden. Ursache dieser Korrosion war die sich entwickelnde Flusssäure (HF). Fluorwasserstoff wurde drei Jahre später von C.W. Scheele als Verbindung erstmals beschrieben. Scheeles Ergebnisse veranlassten zahlreiche Wissenschaftler, sich in den Folgejahren intensiv mit der Säure aus Flussspat auseinander zu setzen. So versuchte Davy 1808, durch Zerlegung von Fluorwasserstoff mit Kalium das Radikal der Säure zu erhalten. Die Reaktion verlief zwar sehr heftig, doch eine Freisetzung von Fluor konnte er damit nicht erreichen. Auch andere Versuche Davys sollten sich als Fehlschlag erweisen, aber immerhin wurde sein Namensvorschlag "fluorine", den er in seinen Publikationen verwendete, aufgegriffen und beibehalten. Erst die elektrolytischen Versuche Moissans 80 Jahre später führten zum Erfolg. Ihm gelang im Juni 1886 nach langen Vorbereitungen die Darstellung von elementarem Fluorgas.