Entelechie

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    nach Aristoteles die in einer bestimmten Wirklichkeit angelegte Möglichkeit; allgemein die Strebekraft im Organismus, die seine Entwicklung und Vollendung bewirkt.

    Der immanent-teleologische Gesichtspunkt bei der Betrachtung der Welt wurde konsequent zuerst von Aristoteles angewendet. Er geht von dem Gedanken aus, dass die Materie nur das unbestimmte Substrat der Welt ist, als solche nur eine Möglichkeit des Seins (potentia), die sich erst in der Form verwirklicht. Die Welt ist also ein Vorgang der Formwerdung. Aristoteles nennt die Seinsverwirklichung durch Formwerdung als immanentes Ziel der Welt Entelechie (Inswerksetzen des Seinsziels).

    Besondere Bedeutung hat der Entelechiegedanke für die Betrachtung organischer Lebensformen, wenn diese prinzipiell nicht unter rein kausalem Aspekt (Mechanismus von Ursache und Folge) erfolgt, sondern nur unter dem teleologischen Gesichtspunkt. Aristoteles fordert als erster, die "Teile der Tiere" als Organe, d.h. wörtlich Zweckwerkzeuge, von der Ganzheit des Lebewesens her als dem "Ziel" aller seiner Teile zu betrachten: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile."

    Der Begriff des Organischen schließt hierbei den der Beseeltheit ein. Unter Seele versteht Aristoteles die "ursprüngliche Entelechie eines organischen Körpers, der potenziell Leben hat". Das dualistische Problem Leib - Seele wird bei dieser Betrachtung ersetzt durch "Stufung", zumal Aristoteles das vegetative Vermögen (die Fähigkeit, sich selbst zu ernähren), das selbst den niedersten Lebewesen zukommt als das allgemeinste Charakteristikum des organischen Lebens, bereits zur Seele rechnet. Von hier stufen sich die Seelenvermögen der höheren Arten auf bis zum Denkvermögen. Nur der reine Geist hat kein materielles Substrat mehr.

    Die Aristotelische Philosophie ist die erste Ontologie (Lehre vom Sein), die Materie und Geist zugleich umfasst. Aristoteles weist ihr die Aufgabe zu, "das Seiende als Seiendes, rein insofern es ist, und die ihm zukommenden Bestimmungen zu betrachten". Gegenüber Platons Ideenlehre, die nur dem Allgemeinen (den Ideen) Seinsrealität zuschreibt und darum das Besondere der Einzelwesen nicht fassen kann, lehrt Aristoteles, dass sich das Allgemeine (der Begriff) nur im Besonderen, d.h. im Einzelwesen, verwirklicht.

    Dem Stufenbau der Welt in Aristotelischer Sicht entspricht das geozentrische Weltbild der Antike, das gerade in Aristoteles seine stärkste Stütze fand und noch das ganze Mittelalter hindurch als gültig betrachtet wurde.