Deutschland (Literatur)

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    Mittelalter

    Aus der Zeit vor der Christianisierung ist wenig erhalten: unter anderem das Hildebrandslied (um 800 aufgezeichnet), Zaubersprüche und Spruchdichtung.

    Unter Karl dem Großen wurde die althochdeutsche Literatur gepflegt; er regte zahlreiche Übersetzungen aus dem Lateinischen an. Die geistliche Dichtung hatte einen ersten Höhepunkt (Otfrid, Heliand). In der Zeit der Ottonen entstehen deutsch-lateinische Werke voller Lebensfreude: Die Nonne Hrosvitha von Gandersheim versucht sich in Dramen, die an der Antike orientiert sind. In der gleichen Tradition steht das Walthari-Lied.

    In der mittelhochdeutschen Zeit blüht der Minnesang: Walther von der Vogelweide und Heinrich von Morungen besingen das höfische Leben. Bedeutend ist auch die Epik Wolframs von Eschenbach, Hartmanns von Aue und Gottfrieds von Straßburg. Gleichzeitig geschieht die endgültige Formung des alten Volksepos (Nibelungenlied) und einer deutschen Prosa (Sachsenspiegel).

    Neuzeit

    Während der Reformationszeit entsteht bürgerliche Dichtung: Satire und Schwank, Volkslied und Meistersang (H. Sachs). Aus den geistlichen Spielen entwickelt sich das deutsche Drama; Streitschriften der Vertreter des Humanismus (U. von Hutten).

    Die Ausbildung der neuhochdeutschen Schriftsprache wird durch Martin Luthers Bibelübersetzung stark gefördert. S. Brant gelingt mit seinem "Narrenschiff" ein umfassender Spiegel der spätmittelalterlichen Welt.

    In der Barockzeit dominiert das Kirchenlied (P. Gerhardt, Angelus Silesius); in bilderreichem Stil bringt A. Gryphius in seinen Gedichten das barocke Lebensgefühl zum Ausdruck. Grimmelshausens Roman "Simplicissimus" ist eines der eindrücklichsten Zeugnisse für die Wirren des Dreißigjährigen Krieges.

    Die Aufklärung bemüht sich um eine Sprachreinigung (J.Ch. Gottsched). Lehrdichtung und Fabel erleben neuen Aufschwung (Ch.F. Gellert), daneben auch die anakreontische Lyrik (L. Gleim). Im Pietismus herrscht eine Tendenz zur Gefühlsdichtung bei F.G. Klopstock, heitere Eleganz dagegen bei Ch.M. Wieland. G.E. Lessing gilt als Begründer des bürgerlichen Trauerspiels.

    Im Sturm und Drang lehnen sich junge Dichter gegen die verstandesbestimmten Werte der Aufklärung auf: Wichtige Vertreter sind Ch.F. Schubart, J.M.R. Lenz, und M. Klinger; am bedeutendsten sind aber die Frühwerke Goethes und Schillers.

    Die Klassik bereiten J.J. Winckelmann und J.G. Herder vor. Das Ideal gesetzmäßiger, erfüllter Form und Vollendung des weltbürgerlichen Humanitätsideals findet sich bei Goethe und Schiller. F. Hölderlin, der seherische Typus, steht zwischen Klassik und Romantik.

    19. Jahrhundert

    Die Jenaer Frühromantik (A. W. Schlegel, Novalis, W. von Humboldt) befasste sich mit den kunsttheoretischen Grundzügen romantischer Literatur; bedeutende Vertreter dieser Epoche sind L. Tieck und W.H. Wackenroder. In der Heidelberger Hochromantik entstanden Werke der Volkspoesie (C. Brentano, A. von Arnim, E. Mörike, J. Eichendorff).

    Bei E.T.A. Hoffmann und A. von Chamisso überwog die fantastische Prosadichtung; zu den wenigen romantischen Dramenschreibern gehört H. von Kleist.

    Der deutsche Naturalismus machte sich vor allem die Schilderung sozialer Missstände und psychologische Studien zur Aufgabe: Von Sozialkritik geprägt ist die Dramatik G. Büchners; eine zunehmende Ausprägung des Tragischen findet sich bei Ch.D. Grabbe, F. Hebbel und F. Grillparzer.

    Den Liberalismus im Jungen Deutschland prägen H. Heine, L. Börne, K. Gutzkow u.a.; ihr Werk ist vor allem durch Gesellschaftskritik bestimmt.

    Der Realismus spielt im Werk der großen Erzähler eine Rolle: A. Stifter, W. Raabe, C.F. Meyer, G. Keller, J. Gotthelf, A. von Droste-Hülshoff, Th. Storm und Th. Fontane.

    Neue Theorien zu Literatur und Geschichte entwickeln L. von Ranke, J. Burckhardt, Th. Mommsen, H. von Treitschke.

    Ein sozialer und sozialistischer Einschlag ist besonders im Drama des Naturalismus im ausgehenden 19. Jh. feststellbar: Vor allem G. Hauptmann prägte die Literatur des 20. Jh.s entscheidend. Der gemeinsam von A. Holz und J. Schlaf verfasste "Papa Hamlet" gilt als konsequenteste Umsetzung des von Holz entworfenen Darstellungsverfahrens des so genannten Sekundenstils.

    20. Jahrhundert

    Die verschiedenen Richtungen der Literatur zu Anfang des 20. Jh.s weisen deutliche Parallelen zur bildenden Kunst auf: Ein Vertreter des Impressionismus in der Literatur ist D. von Liliencron, den Expressionismus vertreten in der Lyrik u.a. G. Trakl, A. Stramm, im Drama G. Kaiser und im Roman A. Döblin, den Symbolismus R.M. Rilke. Mit einer neuen Art der Lyrik befassen sich auch S. George und G. Benn.

    Im 20. Jh. wird eine besondere Hinwendung zur Psychologie spürbar; grundlegend für die Autoren der frühen Moderne ist die Rezeption von F. Nietzsche. Eines der bedeutendsten Gesamtwerke dieser Zeit hat Th. Mann mit seinen Romanen geschaffen.

    Als bedeutendster Neuerer des Theaters ist B. Brecht mit seiner satirischen Gesellschaftskritik zu nennen.

    Die klassische Form des Romans wird vielfach abgewandelt, u.a. bei H. Hesse; neue Erzählformen von internationaler Bedeutung entwickeln auch F. Kafka, R. Musil und H. Broch.

    Während des Dritten Reiches konnten zahlreiche Schriftsteller nur in der Emigration arbeiten (unter anderem Th. Mann, H. Broch, A. Döblin und F. Werfel).

    Von herausragender Bedeutung für die deutsche Nachkriegsliteratur war die Gruppe 47, der fast alle namhaften jungen Autoren angehörten. Auf dem Gebiet der Lyrik ragt besonders I. Bachmann hervor.

    Dem zeitkritischen bzw. grotesken Roman widmeten sich H. Böll, G. Grass, W. Koeppen u.a. Zu experimenteller, teils auch sozialkritischer Lyrik neigte H.M. Enzensberger.

    Versuche mit absurdem Theater machten u.a. P. Handke und P. Weiss.

    Neue Impulse für Roman und Drama kamen von M. Frisch und F. Dürrenmatt. Den modernen Gesellschaftsroman begründete M. Walser. Eine besondere Bedeutung gewann das Hörspiel (G. Eich).

    Die Literatur seit den 70er Jahren ist von einer Vielzahl von Strömungen geprägt. Neu belebt wurde u.a. die Gattung des historischen Romans (P. Härtling, W. Hildesheimer).

    Eine eigene Entwicklung ist für die Literatur in der DDR zu beobachten: Sie knüpfte zunächst an die zurückgekehrten Exilautoren B. Brecht, A. Zweig, A. Seghers und E. Bloch an. 1949-1953 stand sie ganz im Dienste der SED: Es gab zahlreiche Versuche, eine an der sozialistischen Arbeitswelt orientierte Literatur zu schaffen (H. Müller). Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit versuchte u.a. J. Becker.

    Herausragende Autoren der 60er Jahre sind E. Strittmatter und J. Bobrowski.

    Autoren der jüngeren Generation griffen zunehmend Probleme der DDR auf und versuchten sich an neuen Formen (Uwe Johnson, C. Wolf, H. Müller, J.R. Becher u.a.). Gesellschaftskritik kommt im Werk von U. Plenzdorf und R. Kunze zum Ausdruck.

    W. Biermann wurde wegen seiner satirischen Gedichte und Liedertexte 1976 ausgewiesen, auch R. Kunze, W. Kempowski und H. Kipphardt verließen das Land.