Bakterien

    Aus WISSEN-digital.de

    (Bacteriophyta)

    Bei den Bakterien handelt es sich um Organismen, die aus einzelnen Zellen oder allenfalls einfachen Zellverbänden (Kolonien, Fäden) bestehen. Sie sind in der Regel sehr klein, meist um 1 µm (= 1/1000 mm) oder noch kleiner und besitzen eine außerordentliche Bedeutung als Krankheits-, Fäulnis- und Gärungserreger.

    Bakterien können unterschiedliche Gestalt annehmen: rund (Kokken), stäbchen- (Bazillen) oder schraubenförmig (Spirillen). Es gibt unbewegliche und bewegliche Formen. Letztere erlangen ihre Bewegungsfähigkeit mittels Geißeln oder durch bestimmte Gleitbewegungen.

    Meist sind sie farblos, selten rot oder grün; nie besitzen sie Plastiden. Ein Zellkern fehlt, jedoch sind Nuklein-Stoffe gleichmäßig oder in Form von Körnchen in den Zellen verteilt. Man fasst diese Stoffe als Kernäquivalente auf und bezeichnet sie als Nukleoide. Sie scheinen die Funktionen der Zellkerne sowie die der Mitochondrien in sich zu vereinigen. Um die farblosen Bakterien unter dem Mikroskop besser sichtbar zu machen, wird häufig die Färbemethode nach H. Gram angewandt. Dabei färben sich die Bakterien entweder dunkel (grampositiv) oder rötlich (gramnegativ).

    Die Zellwände der Bakterien bestehen häufig aus kompliziert aufgebauten Verbindungen, die Kohlenhydrate und Aminosäuren enthalten und in vielen Fällen für die einzelnen Arten sehr charakteristisch sind. Die äußeren Membranpartien sind oft verquollen, manchmal so stark, dass die Zellen oder Zellketten wie in Gallerte eingebettet scheinen - ein Zustand, den man als Zooglöa bezeichnet. Schwächer ausgerägte, scharf umrissene Gallerthüllen um die Bakterienzellen nennt man Kapseln. Im Jahr 2001 fanden Wissenschaftler heraus, dass die Zellform der Bakterien nicht nur durch die Zellwand, sondern auch durch Eiweißstrukturen innerhalb der Zelle bestimmt wird. Zumindest bestimmte Bakterienarten - wie Bacillus subtilis - besitzen demnach wie die Zellen höherer Organismen eine Art "Zellskelett".

    Die ungeschlechtliche Vermehrung erfolgt durch einfache Zweiteilung der Zelle; bei langgestreckten Formen in der Regel senkrecht zur Längsachse. Diese "Spaltung" der Zellen führte zur Bezeichnung der Bakterien als Spaltpilze (Schizomyzeten). Bei der Teilung der Zelle wird die Substanz der Nukleoide auf die beiden Tochterzellen verteilt.

    Bakterien sind sowohl im Boden als auch im Wasser und in der Luft verbreitet. 1 g Ackererde kann mehrere Millionen Bakterien enthalten. Der für Trinkwasser zulässige Wert sind 200/ml (Anzahl Bakterien pro Milliliter). Ihre weite Verbreitung ist auf vier Eigenschaften der Bakterien zurückzuführen: 1. rasche Vermehrungsfähigkeit, 2. geringe Größe, 3. Widerstandsfähigkeit (vor allem ihrer Sporen) und schließlich 4. Vielfalt ihrer Ernährungsweise.

    Bakterien, die Luftsauerstoff benötigen, werden als Aërobionten bezeichnet; kommen sie ohne Luftsauerstoff aus, nennt man sie Anaërobionten. Einige Arten können Luftstickstoff binden und sind daher von besonderer Bedeutung. Viele Formen sind pathogen als Erreger menschlicher, tierischer und pflanzlicher Krankheiten. Oft bilden sie Toxine (Gifte), die entweder von den lebenden Zellen ausgeschieden werden (Exotoxine, z.B. Diphtherietoxin) oder die erst bei Zerfall der Zellen frei werden (Endotoxine, z.B. Choleratoxin). Die Ablagerung von schwarzem Schwefeleisen ist auf die Tätigkeit der Schwefelbakterien, die Ausfällung z.B. von Eisenhydroxid und die Ablagerung von Raseneisenstein auf die Tätigkeit von Eisenbakterien zurückzuführen. Für die Stoffumsetzungen im Boden (Nitrifikation, Denitrifikation, Zellulosezersetzung usw.) sind die Bodenbakterien von großer Bedeutung. Eine Reihe von Arten, insbesondere Streptomyces-Verwandte, bilden wichtige Antibiotika. An Reservestoffen werden neben Fetten und Eiweißen gewöhnlich Glykogen und Amylose gespeichert, jedoch keine echte Stärke.

    Im Ganzen handelt es sich um eine sehr formenreiche und besonders in physiologischer Hinsicht sehr anpassungsfähige Pflanzengruppe. Man fasst die zahlreichen Arten in rund 42 Familien mit etwa 150 Gattungen zusammen. Bisher sind alle Versuche, zu einem auf natürlicher Verwandtschaft beruhenden System der Bakterien zu gelangen, gescheitert. Das System von D.H. Bergey ist der bisher umfassendste Versuch einer systematischen Gliederung der Bakterien. Danach werden 6 Reihen unterschieden:

    1. Eubacteriales: Zellen einzeln, unverzweigt, in Ketten oder gehäuft. Hierher gehört die Mehrzahl der eigentlichen Bakterien.

    2. Aktinomycetales (Strahlenpilze): mit myzelartigen Zellverbänden, z.T. echt verzweigt. Hierher gehören z.B. der Tuberkuloseerreger (Mycobacterium tuberculosis) , der Erreger der Rinderaktinomykose und der Strahlenpilzkrankheit beim Menschen (Actinomyces bovis), der Knöllchenbildner an Erlenwurzeln (Actinomyces alni) und Arten der Gattung Streptomyces, die meist saprophytische Bodenbewohner sind und wichtige Antibiotika (Streptomyzin, Aureomycin, Aktinomyzetin) liefern.

    3. Chlamydobacteriales (Fadenbakterien): mit unverzweigten fadenförmigen Zellverbänden, von einer Scheide umgeben, teilweise Schwefel oder Eisenhydroxid abscheidend. Z.B. Leptothrix ochracea (bildet Raseneisenstein), Crenothrix polyspora (findet sich oft in Wasserleitungen), Beggiatoa (die so genannten Schwefelbakterien).

    4. Caryophanales: ähnlich 3.; Zellen mit kernähnlichem Zentralkörper; Vorkommen: in Wasser und auch im Darmkanal.

    5. Myxobacteriales (Schleimbakterien): Während die bisher genannten Reihen starre Zellen besitzen, sind die Zellen der 5. und 6. Reihe flexibel: einzellige, oft zu Schwärmen vereinigte Individuen, ohne Zellwand, in Schleim eingeschlossen und auf dem Substrat kriechend, Sporen in Fruchtkörpern, z.B. das Zellulose zersetzende Sporocytophaga myxococcoides.

    6. Spirochaetales: einzellig, ohne Zellwand, Zellen spiralig gedreht, schlängelnd beweglich, Saprophyten oder Parasiten. Hierzu gehören die Spirochäten, z.B. der Syphilis-Erreger Treponema pallida und der Erreger des Rückfall-Fiebers Borrelia recurrentis.

    Die Reihen sind nicht alle miteinander verwandt. Phylogenetisch sind sehr heterogen, d.h. unterschiedliche Formen sind künstlich vereint. Auch die Stellung der gesamten Bakterien im Stammbaum der Pflanzen ist unsicher. Man kennt keine phylogenetischen Beziehungen zu anderen Pflanzenstämmen.

    Die Bakteriophyten sind eine sehr alte Pflanzengruppe. Formen der Art des Micrococcus und Chlamydothrix sind schon aus dem Präkambrium bekannt; im Karbon kamen Micrococcus und Streptococcus häufig vor. Eisenbakterien lassen sich bis zum Silur, Schwefelbakterien bis zum Perm zurückdatieren.

    Die phylogenetische Entwicklung verläuft in verschiedene Richtungen. Die morphologische Differenzierung geht von der Kugelzelle (Micrococcus) über die Stäbchen (Eubakterien) bis zu myzelialen Bildungen (Actinomycetales), bescheideten Zellen (Chlamydobacteriales) und ausgesprochenen Kolonien (Myxobacteriales).

    Die große Zahl der Arten und die praktische Bedeutung dieser Pflanzengruppe hat zur Entwicklung eines Wissenschaftszweigs geführt, der sich speziell mit Bakterien beschäftigt: die Bakteriologie.