Athen 2004

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    Spiele der XXVIII. Olympiade

    Vom 13. bis 29. August 2004.

    Rund 10 500 Athleten und Athletinnen aus 201 Nationen nahmen an 301 Wettkämpfen in 28 verschiedenen Sportarten teil.

    Programm

    Das Frauen-Ringen (Ringen) wurde neu ins Programm aufgenommen, ebenso wie das Säbelfechten der Frauen (Fechten). Änderungen gab es auch bei den Einzeldisziplinen im Segelsport, so kam das Starboot für die Männer und die Yngling-Klasse für die Frauen neu hinzu, Soling hingegen wurde aus dem Programm genommen. Die Vielseitigkeitsprüfung (Military) wurde erstmals im Kurzformat durchgeführt. Im Vorfeld der Spiele fand eine "Kulturolympiade" statt.

    Vor Beginn der Spiele gab es Aufregung wegen der neu anerkannten Sportarten: Nachdem das AOGOC (Athens Olympic Games Organizing Committee) bereits Wasserski als neue Sportart für die Spiele 2004 bestimmt hatte, verkündete das IOC Ende 2001, dass diesmal keine neuen Sportarten zugelassen würden. Dies versetzte die griechische Nation in Aufruhr: Gerade Griechenland als Geburtsstätte der Olympischen Spiele hätte ein Recht auf die Auswahl einer neuen Sportart.

    Neuerungen

    Die Rückkehr der Olympischen Spiele an den Ursprungsort sollte mit dem längsten Fackellauf der olympischen Geschichte gewürdigt werden. Deshalb wurde die Flamme schon ungewöhnlich früh, am 18. Januar 2004, entfacht.

    Auch beim traditionellen Einzug der teilnehmenden Nationen zu Beginn der Eröffnungsfeier gab es eine Novität: Erstmals führte mit Griechenland ein Land die Parade an und schloss sie auch wieder ab.

    Ein Wiederaufleben alter Bräuche war bei den Siegerehrungen zu beobachten: Neben Edelmetall erhielten die Medaillengewinner einen Kranz aus Olivenzweigen.

    Austragungsort

    Nach zwei erfolglosen Kandidaturen um die Austragung der Olympischen Sommerspiele hatte der historische Ort für 2004 den Zuschlag erhalten. Damit war Athen nach 108 Jahren (siehe Athen 1896) wieder Schauplatz der sportlichen Wettkämpfe geworden, die den von Coubertin wiederbelebten olympischen Ideen zur Ehre gereichen sollen.

    Eigentlich hatte sich Athen schon für 1996 den Zuschlag erhofft - 100 Jahre, nachdem an der historischen Stätte zum ersten Mal die Spiele der Neuzeit ausgetragen worden waren. Das Scheitern der Bewerbung wurde vielfach als Sieg des kommerziellen Interesses über das historische bewertet, hatte sich doch die Bewerbung der Coca-Cola-Stadt Atlanta durchgesetzt.

    Im Vorfeld der Spiele kämpften die Verantwortlichen mit massiven organisatorischen und finanziellen Problemen. Kritisiert wurde vor allem die sich verzögernde Fertigstellung der Wettkampfstätten, des olympischen Dorfs und der Infrastruktur, ungeklärte Sicherheitsmaßnahmen und mangelnde Zusammenarbeit zwischen Organisationskomitee, Stadt und Staat - Kritikpunkte, die auch dem im Juli 2001 aus dem Amt geschiedenen IOC-Präsidenten Samaranch nicht verborgen blieben. Dieser hatte sogar gedroht, Athen die Spiele zu entziehen. Im Januar 2004 kam es bei einer Demonstration von Bauarbeitern und Gewerkschaftern zu schweren Ausschreitungen, außerdem gab es einen Streik auf allen Olympia-Baustellen. Auslöser waren vier tödliche Arbeitsunfälle innerhalb einer Woche. Bis Anfang Dezember 2003 hatte es auf den Olympiabaustellen bereits zwölf Tote gegeben. In der Folgezeit machten die Verantwortlichen Eingeständnisse hinsichtlich der holprig verlaufenden Vorbereitungen. Die Organisatoren räumten ein, dass es bedingt durch den Wahlkampf in Griechenland zu Verzögerungen gekommen sei. Die griechische Regierung gestand außerdem ein, dass Kostensteigerungen in Milliardenhöhe bei den Olympia-Vorbereitungen entstanden waren.

    Athen dürfe nicht den Fehler machen, das Hochglanzprodukt Sydney kopieren zu wollen - so der Ratschlag des IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach an die Adresse der griechischen Veranstalter. Statt dessen solle man "speziell griechische Spiele" veranstalten. Diesen Gedanken sollte auch die "Kulturolympiade" unterstützen: Vor Beginn der Spiele fanden eine Vielzahl von kulturellen Veranstaltungen statt.

    Medaillenbilanz

    Die meisten Medaillen gewannen erwartungsgemäß Sportler aus den USA - insgesamt 35 Mal Gold, 39 Mal Silber und 29 Mal Bronze. Zweitstärkste Nation war erstmals China. Bereits vier Jahre vor den Spielen in Peking konnten die Asiaten eindruckvoll belegen, auf dem besten Weg zu sein, die Spiele in der Heimat in jeder Hinsicht erfolgreich zu gestalten. Die Bilanz der Chinesen weist 32 Gold-, 17 Silber- und 14 Bronzemedaillen auf.

    Die deutsche Mannschaft belegte mit 14 Gold-, 16 Silber- und 18 Bronzemedaillen Rang sechs.

    Vergleiche Medaillenspiegel Athen 2004.

    Doping

    Die Spiele in Athen wurden vor allem von einem Thema geprägt: Doping. Bereits im Vorfeld der Spiele wurden intensiv Proben durchgeführt und Sportler von der Teilnahme ausgeschlossen. Aufsehen erregte vor allem der Fall der griechischen Sprintstars Kostas Kenteris und Ekaterini Thanou, die bereits zuvor unter Dopingverdacht gestanden waren. Beide waren im Vorfeld der Wettkämpfe zu einer Dopingkontrolle nicht erschienen und erklärten während der Untersuchung ihres Falls den Verzicht auf die Teilnahme an den Spielen. Aber auch zahlreiche Medaillengewinner wurden des Dopings überführt: So musste beispielsweise die russische Kugelstoßerin Irina Korschanenko, nachdem sie positiv getestet worden war, ihre Medaille zurückgeben; dem Ungarn Robert Fazekas wurde Gold im Diskuswurf aberkannt, nachdem er versucht hatte, seine Dopingkontrolle zu manipulieren.

    Stars

    Erfolgreichster Sportler der Schwimmwettbewerbe war der US-Amerikaner Michael Phelps. Mit sechs Gold- und zwei Bronzemedaillen stellte er seine Vielseitigkeit unter Beweis. Auch Ian Thorpe, der Schwimmstar von Sydney 2000, konnte die an ihn gestellten Erwartungen erfüllen und holte neben den Titeln über 200 und 400 m Freistil über 100 m und mit der 4 x 200-m-Freistil-Staffel Bronze bzw. Silber.

    In der Leichtathletik konnte der Marokkaner Hicham El Guerrouj seine sportliche Karriere mit einem zweifachen Olympiasieg krönen. Der Mittelstreckenläufer gewann nach Silber über 1 500 m in Sydney in Athen über 1 500 m und über 5 000 m Gold.

    Olympische Geschichte schrieb die Deutsche Birgit Fischer. Sie demonstrierte im Alter von 42 Jahren bei ihrer sechsten Olympiateilnahme ihre herausragende Stellung im Kanurennsport. Mit Gold im Viererkajak und Silber im Zweierkajak gewann sie ihre insgesamt achte Goldmedaille und gehört mit zwölf olympischen Medaillen zu den erfolgreichsten Olympioniken aller Zeiten.

    Erfolge

    Im Olympiastadion waren die US-amerikanischen Sprinter erfolgreich: Justin Gatlin sicherte sich mit dem Erfolg über 100 m den Titel als schnellster Mann der Welt. Dritter wurde der Sieger von Sydney, Maurice Green. Sowohl über 200 m wie auch über 400 m gingen alle drei Medaillen an die USA. Auch in den Staffelwettbewerben waren die US-Amerikaner erfolgreich: Sie holten mit der 4 x 400-m-Staffel Gold, mussten sich aber über 4 x 100 m der Staffel aus Großbritannien geschlagen geben. Der Weitsprungwettbewerb der Frauen hingegen wurde zur russischen Meisterschaft: Gold ging an Tatjana Lebedjewa, vor ihren Landfrauen Irina Simagina und Tatjana Kotowa. Die Verbesserung eines Weltrekords gelang bei den Leichtathleten einzig der Stabhochspringerin Jelena Isibajewa: Die Russin übersprang 4,91 m.

    Aus deutscher Sicht erwiesen sich Kanuten und Ruderer erneut als sichere Medaillenkandidaten. Neben Birgit Fischer konnte beispielsweise Andreas Dittmer seine Erfolgsbilanz bei Olympia weiter verbessern und gewann im Einerkanadier Silber über 1 000 m und Gold über 500 m. Überraschend waren hingegen die Medaillengewinne der deutschen Judoka. Mit Yvonne Bönisch stand hier erstmals eine Deutsche ganz oben auf dem Treppchen. Eine weitere Überraschung war das Gold der Hockeydamen, die im Endspiel die favorisierten Niederländerinnnen besiegten. Auch andere deutsche Mannschaften waren erfolgreich: Die Handballer wurden zweite, den dritten Platz belegten jeweils die Fußballerinnen und die Hockeyherren. Ihre Klasse demonstrierten die deutschen Reiter: Zum dritten Mal in Folge gewannen die Springreiter Gold in der Mannschaftswertung, den bereits sechsten Titel in Folge feierte die Mannschaft der Dressurreiter.

    Flops

    Nach dem enttäuschenden Abschneiden in Sydney gab es auch in Athen für die deutschen Schwimmer nur vereinzelt Grund zum Jubeln. Enttäuschend war vor allem der Auftritt der dreifachen Weltmeisterin Hannah Stockbauer, die sowohl über 400 m wie auch über 800 m den Endlauf nicht erreichen konnte. Eine Medaille konnte die Erlangerin dennoch gewinnen: Mit der 4 x 200-m-Freistilstaffel belegte sie Rang drei. Zu dieser Staffel gehörte auch Franziska van Almsick, der es auch bei ihrer vierten Teilnahme an Olympischen Spielen nicht gelang, den ersehnten Olympiasieg zu feiern.

    Zu den großen Enttäuschungen der Spiele zählte das Abschneiden der US-amerikanischen Basketballer. Als Favorit auf den Titelgewinn angereist, mussten die NBA-Stars bereits in der Vorrunde gegen Puerto Rico eine Niederlage einstecken. Die Chance auf den Titelgewinn wurde schließlich im Halbfinale vertan: Die Mannschaft unterlag dem späteren Olympiasieger Argentinien mit 81:89.

    Fazit

    Entgegen allen Befürchtungen gelang es dem griechischen Organisationskomitee, den Bau der Sportstätten rechtzeitig abzuschließen und für einen reibungslosen Ablauf der Spiele zu sorgen. IOC-Präsident Jacques Rogge sprach von einen "perfekt gemachten Job". Mit kleinen Gesten wie der Austragung der Kugelstoßwettbewerbe im antiken Olympia und der Verleihung von Olivenzweigen gelang es den Veranstaltern, der Welt die Bedeutung der griechischen Antike ins Bewusstsein zu rufen. Vermisst wurde jedoch von vielen eine olympische Atmosphäre, wie sie in Sydney spürbar gewesen war.

    Prägend waren auch die zahlreichen Dopingskandale, in die neben Leichtathleten vor allem Gewichtheber verwickelt waren. Von offizieller Seite konnte diesen Fällen jedoch ein positiver Aspekt abgewonnen werden: Es wurde betont, dass man sich im Kampf gegen das Doping auf einem guten Weg befinde.