US-amerikanische Kunst

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    Als US-amerikanische Kunst bezeichnet man die Kunst der Vereinigten Staaten von Amerika nach der Unabhängigkeitserklärung (1776). Sie ist aus verschiedenen, insbesondere europäischen Einflüssen (Kolonialstil), die über verschiedene Einwanderungswellen transportiert wurden, hervorgegangen. Bis ins 19. Jh. existierte parallel die Kunst der nordamerikanischen Indianer; eine afroamerikanisch inspirierte Kunst bildete sich, gestützt auf die schwarze Bevölkerung der USA, als Bestandteil nordamerikanischer Kunst heraus.


    Architektur

    Aufbruch und Aufschwung der Anfangsphase des 17. und 18. Jh.s begründeten eine rationalistische, repräsentative Architektur, überwiegend geprägt durch englische (Neuengland), niederländische (New York; vierstöckige Wohnhäuser mit Außentreppe) und spanische Einflüsse (Westküste; mit indianischen Elementen wie die Lehmziegel (Adobe), abgerundete Ecken, fensterlose Fassaden).

    Ältestes öffentliches Gebäude der USA ist der Palace of the Governors (1610-14) in Santa Fe. An der Ostküste dominierte im 17. Jh. die Holzarchitektur im "colonial style" (mit gemauertem Kamin); städtische Wohnhausbauten des 18. Jh.s sind in Salem (Massachusetts) und Philadelphia (Pennsylvania) erhalten. Eines der ältesten repräsentativen öffentlichen Gebäude ist das Pennsylvania State House (1732) im "Georgian style", später Independence Hall. Plantagenbesitzer erbauten ihre Landsitze (Virginia, Carolina) im typischen Georgian style nach englischem Vorbild aus Backstein, zweigeschossig, mit hellen Fenster- und Türrahmen.

    Die harten Lebensbedingungen der Anfangs- und Gründerjahre (Besiedlung und Unabhängigkeit) beeinflussten die Stadtplanung: Oft finden sich schachbrettartige Siedlungsanlagen, z.T. mit zentralem Platz (Philadelphia, Pennsylvania, 1682). Viele repräsentative öffentlichen Bauten des 19. Jh.s entstanden im klassischen Stil mit Säulen, Portikus, Architraven (Washingtoner Kapitol, ab 1793, W. Thornton). Die Sakralarchitektur dieser Zeit war nicht sehr bedeutend; sie eiferte der englischen Gotik nach (anfangs in Holz); es entstanden große, neugotische Kathedralen ("Gothic revival").

    Ab Mitte des 19. Jh.s entstanden in den USA architektonische Werke, die die europäische Entwicklung überholten; so im Ingenieurbau (Brooklyn-Brücke in New York, 1884, I.A. und W. Roebling) und im Hausbau, in dem erste Hochhäuser unter der Führung der Schule von Chicago errichtet wurden (Home Insurance Building, 1889, W. le Baron Jenney, mit Stahlrahmen; Manhattan-Building, 1890, erstmals mit 16 Stockwerken). Als Auswirkung hoher Bodenpreise wird so die hohe und dichte Citybebauung begründet, die im 20 Jh. auch in Europa üblich wurde. Der Hochhausbau führte in den 1880er und 1890er Jahren zum Wolkenkratzer (ab 1887 gab es in den USA den elektrischen Aufzug), von J.W. Root und L.H. Sullivan (Chicago) richtungsweisend konstruiert. Sullivan und Adler errichteten 1894/95 in Buffalo das Guaranty Trust Building mit Stahlgerüsttechnik und vertikalen Fensterfassaden.

    Das Funktionalitätsprinzip Sullivans übertrug dann F.L. Wright auf die Wohnarchitektur (Landhausstil mit Eisen, Glas und Beton). Im 20. Jh. wurde die nordamerikanische Architektur durch europäische Architekten wie Gropius, Mies van der Rohe, Mendelsohn, Neutra u.a. stark beeinflusst. Nach dem zweiten Weltkrieg konstruierte die US-Architektur, getragen durch den Wirtschaftsboom, Wirtschafts-, Industrie- und Verwaltungshochhäuser, Hotelbauten, Flughäfen; ein bedeutendes Architekturbüro dieser Zeit war Skidmore, Owing & Merrill. Namhafte Architekten der neuen Baukunst sind: L.I. Kahn, E. Saarinen, P.C. Johnson, R. Venturi.

    Plastik

    Im 19. Jh. war die nordamerikanische Plastik (überwiegend Marmorfiguren und -porträts) durch neoklassizistische Elemente bestimmt. Um 1870 entstanden realistische Tendenzen in der jetzt vorherrschenden Bronzeplastik (A. Saint-Gaudens, geboren 1848, gestorben 1907; schuf die Plastik "Lincoln", Chicago, 1887 und "Adams Memorial", Washington, 1891). J.Q.A. Ward (geboren 1830, gestorben 1910) schuf Heldendenkmäler der Unabhängigkeits- und Bürgerkriege. In der ersten Hälfte des 20. Jh.s beeinflussten die Konstruktivisten und Kubisten aus Europa (Archipenko, N. Gabo, J. Lipchitz, L. Moholy-Nagy u.a.) die US-Plastik; A. Calder erstellte mobile Skulpturen nach französischem Vorbild, und David Smith berief sich mit geometrisch-kubistische Formstrenge ebenfalls auf den europäischen Kubismus (Picasso, Gonzales); weitere Künstler: J. Noguchi, L. Nevelson (Objektkunst), G. Segal, D. Hanson, C. Oldenburg, E. Kienholz (Minimal art, Pop-art, Environments u.a.).

    Malerei

    In den größeren Städten der USA dominierte im 17./18. Jh. der europäische Einfluss. Zunächst stand die Porträtmalerei im Vordergrund (bis ins 18. Jh.), besonders G. Stuart (geboren 1755, gestorben 1828), der im englischen, sensualistisch-realistischen Stil malte, und J.S. Copley; verbunden damit naive Malerei (viele wandernde Porträtisten waren naive Maler; Künstler: W. Chandler, A. Philipps, B. Greenleaf, E. Hicks u.a.), die bis ins 20. Jh. bedeutende Künstler hervorbrachte (J. Pickett, J. Kane, M. Hirschfield, Grandma Moses).

    Zu Beginn des 19. Jh.s wurden amerikanische Maler in Deutschland (Düsseldorf, München) mit europäischer Landschaftsmalerei konfrontiert. Sie gründeten die Hudson River School und schufen eine eigene romantische Landschaftsmalerei (T. Cole). Darüber hinaus entwickelten sich verschiedene Malrichtungen; in Philadelphia, New York, Boston entstanden erste Akademien. W. Homer schuf realistische gezeichnete und kolorierte Genrebilder; Th. Eakins malte Porträts und Gruppenbildnisse und ebnete den Übergang zum Impressionismus; Landschaftsmaler dieser Zeit waren Th. Robinson (geboren 1852, gestorben 1895), J.H. Twachtmann (geboren 1853, gestorben 1902), Ch. Hassam (geboren 1852, gestorben 1935); Stillleben malten W.M. Chase (geboren 1849, gestorben 1916), W.M. Harnett (geboren 1848, gestorben 1892), F.F. Peto (geboren 1854, gestorben 1907) und Raphaelle Peale.

    An Bedeutung gewann das Historiengemälde, z.B. "Übergang Washingtons über den Delaware" (1850; E.G. Leutze). Grundlagen für den amerikanischen Realismus des 20. Jh.s wurde durch die um R. Henri (geboren 1865, gestorben 1929) gebildete Gruppe "The Eight" gelegt (programmatische Ausstellung 1908), die auf neuere Maler wie E. Hopper, G. Bellows, R. Kent wirkte.

    Eine erste systematische und nachwirkende Konfrontation mit der modernen europäischen Kunst, soweit sie von Paris ausging, leistete 1913 eine Ausstellung moderner Kunst im Zeughaus (englisch: armory, daher "Armory Show") des 69. Kavallerieregiments von New York. Neben der realistischen Tendenz bildete sich so eine weitere Kunsttendenz heraus, die auf die Pariser Avantgarde zurückging und durch folgende Künstler repräsentiert wurde: O. Bluemner, A. Weber, A. Walkowitz, G. O'Keefe u.a.; daneben standen kubistisch-futuristische Arbeiten von M. Russell, S. Macdonald-Wright (so genannter Synchronismus).

    Ab 1915 wirkte auch New York-Dada auf die Kunstszene (F. Picabia, Man Ray [Fotogramm], M. Duchamp, M. Schamberg.

    Seit den 50er Jahren strahlten (zunächst über New York, dann Los Angeles) amerikanische, avantgardistische Strömungen auf die europäische Kunst zurück. In Opposition zum Tachismus entstand um 1960, ausgehend von J. Cage, neben der Happeningkunst die Pop-art (R. Rauschenberg, C. Oldenburg, G. Segal, J. Rosenquist, R. Lichtenstein, F. Stella, A. Warhol u.a.), Assemblagen (L. Bontecou, J. Cornell, H.C. Westerman), Environments (Kienholz); neben der abstrakten Malerei (E. Kelly, N. Krushenick, F. Stella, R. Indiana) entstanden Minimal art (Nevelson, Judd, Morris), Konzeptkunst und Hyperrealismus (Hanson, Pearlstein, Ch. Close, D. Parrish u.a.), abstrakter Expressionismus, Actionpainting, Farbfeldmalerei, Hard-edge-Malerei, Photorealismus, Videokunst u.a.; mit technologischen Grenzüberschreitungen der Kunst wird seit den 60er Jahren in der EAT (Experiments in Art und Technology) experimentiert (Rauschenberg u.a.).