Stimmung (Musik)

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    1. Anpassung eines Instrumentes an den Kammerton a'.
    1. Verhältnis der Saiten auf einem Instrument zueinander. Bei der Violine ist die Normalstimmung g-d-a-e', also eine Quintstimmung. Wird das Umstimmen einer oder mehrerer Saiten vorgeschrieben (Skordatur), so wird die Quintstimmung aufgehoben.
    1. System, nach dem ein Instrument gestimmt ist (z.B. Orgel) oder nach dem Sänger und Instrumentalisten (von bundfreien Instrumenten wie Violine usw.) intonieren. Jede Epoche der Musikgeschichte besaß ein Stimmungssystem, das für das Funktionieren der entsprechenden Musik ausgelegt war.

    War die reine Stimmung (alle Intervalle basieren auf mathematisch einfachen Schwingungsverhältnissen wie 1:2, 2:3, 3:4 usw.) für die einfache Mehrstimmigkeit des Mittelalters ausreichend, so erforderte die komplexere Harmonik der Musik des 14. bis 17. Jh.s die so genannte mitteltönige Stimmung. Sie geht von der reinen großen Terz als Referenzintervall aus und gleicht die übereinander geschichteten (reinen) Quinten C - G - D - A - E, die in eine Oktave zusammengelegt nicht identisch mit dem reinen Terzintervall (4:5), also C - E, sind, jeweils um ein Fünftel der entstehenden Differenz aus. Demnach war eine bestimmte Zahl von Tonarten ausreichend rein realisierbar. Daraus resultierten die bis heute bekannten Tonartencharaktere: C-Dur und D-Dur waren als besonders reine Tonarten für festliche Anlässe geeignet (viele Ouvertüren, Suiten usw. stehen in C-Dur oder D-Dur), E-Dur (vier Kreuze) wurde dagegen als melancholisch und schmerzerfüllt charakterisiert. Mitteltönige Stimmungen haben sich teilweise in historischen Orgeln aus dem 16. bis 18. Jh. erhalten. Ein anderes, das pythagoreische System, geht ebenfalls von der Quintschichtung aus. Zwölf reine Quinten sind nicht identisch mit der Schichtung von sieben Oktaven. Die Differenz wird "pythagoreisches Komma" genannt.

    Das dur-moll-tonale System, wie es sich ab 1600 durchsetzte, erfordert ein Tonsystem, das die aufgezeigten Differenzen aufhebt. Der Vorgang, Systemfehler auf die reinen Intervalle akustisch möglichst wenig bemerkbar umzurechnen, nennt sich "Temperieren". Zahlreiche Theoretiker (Johann Philipp Kirnberger, Andreas Werckmeister, Francesco Antonio Vallotti usw.) entwarfen temperierte Stimmungen, die alle mit verschiedenen Schwerpunkten Vor- und Nachteile in Kauf nahmen. Erst die gleichschwebend temperierte Stimmung, nach der die Oktave in zwölf mathematisch exakt gleiche Abstände (Halbtöne) geteilt ist, bietet für die unbeschränkte enharmonische und chromatische Modulationsfähigkeit, wie sie im Lauf des 19. Jh.s in der Komposition üblicher Standard wurde, das entsprechende Stimmungssystem. Alle enharmonisch gleichen Töne wie ais - b oder dis - es besitzen demnach die exakt selbe Tonhöhe. In Kauf wird dabei allerdings genommen, dass alle Intervalle leicht unrein sind, was in der heutigen Hörgewohnheit nicht weiter auffällt. So klingt vorzeichenloses C-Dur in der gleichschwebend temperierten Stimmung ebenso (unrein) wie Fis- oder Ges-Dur.