Serbien Geschichte

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    Frühzeit bis Spätantike

    Auf serbischem Gebiet finden sich Besiedlungsspuren aus dem Neolithikum ab 7000 v.Chr. Ab 1200 v.Chr. wurde fast der gesamte Balkan von illyrischen Volksstämmen besiedelt, die sich ab 400 v.Chr. mit aus Mitteleuropa einwandernden keltischen Volksgruppen vermischten. Ab dem 2. Jahrhundert v.Chr. gehörte das Gebiet des heutigen Serbiens zur römischen Provinz "Illyricum", die beinahe das gesamte Gebiet des Balkans umfasste. Nach der Teilung des Römischen Reiches 395 n.Chr. blieb das Gebiet beim Oströmischen (Byzantinischen) Reich. Römisches Recht und Verwaltung, die griechische Kultur und Sprache und das Christentum waren die Grundlagen des Oströmischen Reiches. Der Fluss Drina markierte damals die Grenze zwischen West- und Oströmischem Reich.

    Mittelalter bis Osmanisches Reich

    Im 6. Jahrhundert wanderten slawische Völker aus dem Norden in das Gebiet des heutigen Serbien ein. Die Serben, ein südslawisches Volk, vereinten im 12. Jahrhundert unter Großfürst Stephan Nemanja ihre Fürstentümer zu einem einheitlichen Serbien und lösten sich von Byzanz. Eine eigene serbische Kirche entstand. Im 14. Jahrhundert erlebte Serbien eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit, das Zentrum des Reiches lag im heutigen Kosovo. König Stephan IX. Duan vergrößerte sein Reich um Makedonien und Thessalien und nahm 1346 den Zarentitel an.

    Das großserbische Reich zerfiel 1389 nach der Niederlage der Serben gegen die islamischen Osmanen (Türken) in der Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo polje). 1459 wurde Serbien Provinz des Osmanischen Reiches, dessen Hauptstadt Istanbul (das ehemalige Byzanz) war. Viele Angehörige des serbischen Adels wurden hingerichtet oder islamisiert. Mitte des 16. Jahrhunderts war der gesamte Balkan bis hinein nach Mittelungarn in der Hand der Osmanen.

    Im 17. und 18. Jahrhundert konnten österreichisch-habsburgische Truppen die Osmanen wiederholte Male zurückdrängen und die Stadt Beograd (Belgrad) befreien.

    19. Jahrhundert

    Anfang des 19. Jahrhunderts führten mehrere Aufstände der Serben (unter Fürst Karadjordje und mit Unterstützung Russlands) gegen die osmanische Herrschaft dazu, dass Sultan Mahmud II. 1812 den Serben die Teil-Autonomie zugestand. Die endgültige Trennung erfolgte nur wenig später, als Serbien unter Fürst Milo Obrenovic die Selbstverwaltung erhielt (1830). 1877/78 erhielt Serbien die volle Unabhängigkeit, nachdem die Osmanen erneut eine militärische Niederlage hinnehmen mussten. Grundlage für die Souveränität war der so genannte Berliner Vertrag zwischen den europäischen Großmächten und dem Osmanischen Reich, in dem die Gebietsverteilung auf dem Balkan neu geordnet wurde. 1882 erklärte Fürst Milo Obrenovic Serbien zum Königreich. Ende des 19. Jahrhunderts lehnte sich der serbische König (ab 1882 Alexander I. Obrenovic) an Österreich-Ungarn an, der Nachfolger Peter I. Karajordjevic (ab 1903) vertrat eher eine russlandfreundliche Linie, die gegen Österreich-Ungarn gerichtet war.

    Erster und Zweiter Weltkrieg

    Die serbische Unterstützung des bosnischen Attentäters, der im Juni 1914 den österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand tötete, veranlasste Österreich-Ungarn, Serbien den Krieg zu erklären. Der vier Jahre dauernde Erste Weltkrieg begann. Nachdem der Zusammenbruch der Donaumonarchie 1917 absehbar wurde, kristallisierten sich bei Verhandlungen um einen Zusammenschluss der Südslawen zwei gegensätzliche Richtungen heraus: Auf der einen Seite wurde die Errichtung eines bundesstaatlichen Jugoslawiens ("Jugo" = Süd) gefordert ("Jugoslawisches Komitee" unter dem Kroaten Ante Trumbic), auf der anderen Seite forderte der Regierungschef des Königreichs Serbien, Nikola Pasic, ein zentralistisch regiertes Groß-Serbien unter serbischer Vorherrschaft. 1918 entstand ein "Vereinigtes Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen" unter Führung der serbischen Dynastie, in dem die Konflikte zwischen Serben und Kroaten und zwischen den unterschiedlichen Konfessionen vorprogrammiert waren. Zum Reich gehörten auch Bosnien-Herzegowina und Makedonien. Zu den Konflikten im Inneren kamen außenpolitische Streitigkeiten mit Rumänien, Ungarn, Italien, Albanien, Griechenland und Bulgarien wegen unklarer Grenzgebiete. 1921 bestieg der serbische König Alexander I. den Thron und errichtete mithilfe des Militärs eine "Königsdiktatur": Die Verfassung wurde auf Grund schwerer Unruhen im Reich außer Kraft gesetzt, Parteien wurden verboten, das Parlament aufgelöst. 1929 wurde das Land ohne Berücksichtigung ethnographischer Gegebenheiten in neue Verwaltungsregionen aufgeteilt und in "Königreich Jugoslawien" umbenannt.

    1941 wurde das Königreich Jugoslawien von deutschen Wehrmachtsverbänden besetzt. Während das mit Deutschland kooperierende Kroatien unabhängig wurde, führten in Serbien zwei große Widerstandsbewegungen einen erbitterten Partisanenkrieg gegen die Besatzer: auf der einen Seite der kommunistisch orientierte Antifaschistische Rat zur Befreiung Jugoslawiens (AVNOJ) unter der Führung von Josip Broz, genannt "Tito", auf der anderen Seite eine groß-serbisch orientierte, nationalistische Bewegung.

    Kommunistische Ära

    1945 wurde in Belgrad die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" ausgerufen, die aus Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Makedonien und Serbien bestand. Regierungschef wurde Tito als Führer der Kommunistischen Partei. Nach sowjetischem Vorbild gestaltete er die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" nach sozialistischen Grundsätzen (Verstaatlichung von Industrie und Handel, Einheitspartei). Nach wie vor waren die Serben in dem Vielvölkerstaat dominant, doch zu einem offenen Ausbruch des Nationalitätenkonflikts kam es erst wieder nach dem Tode Titos 1980.

    1948 brach Tito mit der Sowjetunion und schloss in Folge eine Reihe von Freundschafts- und Kooperationsverträgen ab (u.a. mit Griechenland, Türkei). Die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" verfolgte einen eigenen Weg des Sozialismus, z.B. wurde die Landwirtschaft nicht komplett kollektiviert, sondern auch in kleinen Privatbetrieben geführt. In den 60er Jahren schloss sich die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien" der Blockfreien-Bewegung an. 1963 wurde Tito im Rahmen einer neuen Verfassung zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt, Jugoslawien hieß nun "Sozialistische Föderative Republik".

    In den 70er Jahren wurde den Provinzen und Republiken die Selbstverwaltung zugestanden, was zu einem erneuten Aufflackern von separatistischen Bewegungen führte. Als Tito 1980 verstarb und sich die Wirtschaftslage im Land rapide verschlechterte, brachen die Konflikte erneut offen aus: Die auf Grund des Fremdenverkehrs wohlhabenderen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien forderten mehr Unabhängigkeit und die Abkehr vom Kommunismus, in der serbischen Provinz Kosovo kam es zu schweren Unruhen (90 % der Bevölkerung dort waren und sind auch heute noch Albaner). 1988 wurde der bis dahin zugestandene Autonomiestatus des Kosovo eingeschränkt. In Kroatien und Slowenien bildeten sich nichtkommunistische Parteien, die bei Parlamentswahlen 1990 als deutliche Sieger hervorgingen.

    Zerfall des Vielvölkerstaats

    1989 wurde der Serbe Slobodan Miloševic, seit 1987 Vorsitzender der serbischen Kommunistischen Partei, Staatspräsident der "Sozialistischen Föderativen Republik". 1990 eskalierte die Situation im Kosovo, als Miloševic den Autonomiestatus vollkommen aufhob. Nach der blutigen Niederschlagung der von Albanern getragenen Demonstrationen wurde in der Folgezeit die albanische Bevölkerung von der serbischen Regierung gezielt aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens zurückgedrängt (Verlust des Arbeitsplatzes, Schließung der albanischen Universitäten und Schulen, Verbot albanischer Medien).

    Als im Juni 1991 die jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit verkündeten, intervenierte die jugoslawische Armee auf Seite der Serben im Land. Im September 1991 erklärte Makedonien seine Unabhängigkeit, im März 1992 folgte Bosnien-Herzegowina. Wie auch schon bei Slowenien und Kroatien erkannten die Staaten der Europäischen Gemeinschaft die neu entstandenen Länder an.

    Während die jugoslawische Führung die Unabhängigkeit Sloweniens relativ rasch anerkannte und ihre Truppen zurückzog, kam es in Kroatien und Bosnien-Herzegowina zum Bürgerkrieg zwischen Kroaten bzw. Bosniern auf der einen Seite und Anhängern eines Groß-Serbiens auf der anderen Seite. Im April 1992 schlossen sich Serbien und Montenegro zur "Föderativen Republik Jugoslawien" (FRJ) zusammen, die aber auf Grund ihrer Unterstützung der serbischen Bürgerkriegsparteien in Kroatien und Bosnien-Herzegowina nicht völkerrechtlich anerkannt wurde. Die UNO verhängte noch im gleichen Jahr ein Wirtschafts- und Handelsembargo über "Rest-Jugoslawien", was die ohnehin durch die hohen Militärausgaben geschwächte Wirtschaft des Landes stark belastete. 1995 wurde der militärische Konflikt in Bosnien-Herzegowina beendet (Friedensabkommen von Dayton), nach Aufnahme von Verhandlungen durch die serbische Führung der FRJ mit den ehemaligen Teilrepubliken wurde auch das Wirtschaftsembargo ausgesetzt.

    Mitte der 1990er Jahre mehrten sich auch in Jugoslawien selbst die Stimmen derjenigen, die eine Ablösung des Staatspräsidenten Miloševic forderten, es kam wiederholt zu Massendemonstrationen. Im April 1992 bildeten Serbien und Montenegro die neue "Bundesrepublik Jugoslawien". Bei Kommunalwahlen im November 1996 errang das Oppositionsbündnis "Zajedno" in mehren Städten den Sieg über die Sozialistische Partei, aber die Wahlen wurden annulliert.

    1998 eskalierte die Situation im Kosovo erneut: Die UÇK (die albanische Befreiungsarme des Kosovo) proklamierte den "offenen Kampf gegen die serbische Herrschaft" und forderte von der Regierung in Belgrad die volle Unabhängigkeit des Kosovo. Die Maßnahmen der jugoslawischen Einheiten, die ganze Dörfer der Albaner in Schutt und Asche legten (1998 waren rund zwei Drittel aller Dörfer im Kosovo verwüstet), führten zur Flucht vieler Kosovo-Albaner nach Albanien und Makedonien. In den Konflikt griffen 1999 Truppen der NATO ein; seit 1999 sind im Kosovo bewaffnete Friedenstruppen (KFOR) stationiert, um die Kosovo-Albaner vor Übergriffen jugoslawischer (serbischer und montenegrinischer) Truppen zu schützen. Das Parlament im Kosovo wählte 2002 den gemäßigten Albanerführer Ibrahim Rugova zum Präsidenten, Ministerpräsident wurde ein ehemaliger UÇK-Kämpfer. Die Bildung einer Regierung im Kosovo war Voraussetzung für mehr Selbstbestimmung. Zwar bleibt die Friedenstruppe KFOR in der Region präsent, es wurden jedoch auch zahlreiche Befugnisse von der UN-Verwaltung abgetreten.

    Im Oktober 2000 trat der Oppositionschef Vojislav Koštunica die Nachfolge Miloševics als Staatspräsident an. Bei Parlamentswahlen im Dezember 2000 errang das demokratische Wahlbündnis DOS (Demokratische Opposition Serbiens) 64,2 % der abgegebenen Stimmen (176 von insgesamt 250 Sitzen). Zweitstärkste politische Kraft war die Sozialistische Partei des Ex-Präsidenten Slobodan Miloševic mit 13,6 %. Zwischen Koštunica und dem Regierungschef Serbiens, Zoran Djindjic (seit 2001; DOS), kommt es immer wieder zu Spannungen. Nach dem politischen Wechsel hob die Europäische Union den Großteil der gegen die Bundesrepublik Jugoslawien verhängten Sanktionen auf und versprach umfangreiche Wirtschaftshilfe. 2001 vereinbarten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, die Bundesrepublik Jugoslawien, Kroatien, Makedonien und Rumänien mit Wirkung zum Jahr 2003 eine Freihandelszone.

    Im März 2002 unterzeichneten Serbien und Montenegro ein Abkommen über die zukünftigen Beziehungen der beiden Teilrepubliken innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien. Am 4. Februar 2003 wurde durch Verabschiedung der neuen Verfassung die Republik Jugoslawien durch den Staatenbund Serbien und Montenegro abgelöst.Doch schon im Juni 2006 wurde in Montenegro eine Volksbefragung durchgeführt, die eine Mehrheit für die Unabhängigkeit ergab. Daraufhin verabschiedete das montenegrinische Parlament eine Unabhängigkeitserklärung; Serbien wurde Rechtsnachfolger der Staatenunion.

    Das seit dem Krieg von der UN verwaltete Kosovo erklärte im Februar 2008 seine Unabhängigkeit. Obwohl es von einigen Ländern nicht als eigenständiger Staat anerkannt wird, hat Serbien dort de facto keinen Einfluss mehr.

    Kalenderblatt - 18. April

    1521 Martin Luther erscheint zum zweiten Mal vor dem Wormser Parteitag, verteidigt sich vor Kaiser und Reich und lehnt den Widerruf ab.
    1951 Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg schließen ihre Kohle- und Stahlindustrie in der Montanunion zusammen und verzichten auf ihre nationalen Souveränitätsrechte über diese Industriezweige.
    1968 Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt Josef Smrkovský zu ihrem neuen Präsidenten, der als einer der populärsten Politiker des "Prager Frühlings" die volle Rehabilitierung der Opfer der Stalinzeit und die Sicherung eines wirklich freien politischen Lebens zu seiner Aufgabe erklärt.