Niederlande Geschichte

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    Antike bis Mittelalter

    Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung war das Gebiet der heutigen Niederlande wie auch das angrenzende Belgien und Luxemburg von den Römern erobert, die die Stämme der Bataver und der Friesen unterworfen hatten.


    Ab dem 4. Jahrhundert n.Chr. herrschte die Dynastie der Merowinger, unter denen die Christianisierung des Landes begann. Unter Kaiser Karl dem Großen (768-814) wurden die Friesen endgültig unterworfen. Im 9. Jahrhundert fiel das Gebiet durch die Verträge von Meerssen (870) und Ribemont (880) an das Ostfränkische Reich, dem Vorläufer des Deutschen Reiches (Heiliges Römisches Reich).

    Unter der Oberherrschaft der deutschen Kaiser entwickelten sich zahlreiche wohlhabende Grafschaften (Holland, Seeland, Namur, Geldern), Herzogtümer (Brabant, Limburg) und geistliche Herrschaften (Lüttich, Utrecht, Cambrai). Etwa seit dem 11. Jahrhundert existierte für diese Gebiete die Bezeichnung "terra inferior", Niederlande. Nach einem knappen Jahrhundert unter der Herrschaft von Burgund (bis 1477) kam das Gebiet zum Kaiserhaus der Habsburger.

    Neuzeit

    Im 16. Jahrhundert verbreitete sich in den Niederlanden der Calvinismus. 1556 wurde das Habsburgerreich geteilt, Kaiser Karl V. übertrug die Gebiete der Niederlande an seinen Sohn Philipp aus der spanischen Linie des Herrscherhauses. Der katholische Regent Philipp II. versuchte mit aller Macht, den protestantischen Glauben zurückzudrängen, dagegen lehnten sich der Adel und die wohlhabenden Städte auf (Bildersturm-Aufstand).

    1567 wurden die Aufstände durch das königstreue Heer unter dem Herzog von Alba unterdrückt. 1572 wurde Prinz Wilhelm von Oranien zum Anführer der Aufständischen erkoren, dessen Ziel ein Großniederländisches Reich war unter Einbeziehung der eher katholisch geprägten südlichen Gebiete, aus denen im 19. Jahrhundert Belgien und Luxemburg entstanden.

    Nach Bildung der so genannten "Utrechter Union" erklärten sich im Juli 1581 die nördlichen, protestantischen Provinzen (Generalstaaten) Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Overijssel und Friesland zur "Republik der Vereinigten Niederlande" und sagten sich von Spanien und Habsburg los. Die südlichen Provinzen schlossen sich zur königstreuen Union von Arras bzw. Utrecht zusammen.

    1648 wurden im Westfälischen Frieden (Frieden von Münster) die Vereinigten Niederlande von Spanien als unabhängig anerkannt und gehörte endgültig nicht mehr zum Heiligen Römischen Reich. Die sieben nördlichen Provinzen bzw. Generalstaaten bildeten einen Staatenbund mit einem Parlament, das sich aus den jeweiligen Vertretern zusammensetzte. Die Exekutive lag beim so genannten General- oder Provinzialstatthalter, der auch den Oberbefehl über die Streitkräfte inne hatte. Die politische Führung lag beim Vorsitzenden der Vertreter, dem so genannten Regenten.

    Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts hatten holländische Seefahrer erste Niederlassungen an der Küste von Südamerika (Guyana) und Indonesien etabliert. 1626 wurde an der Küste des nordamerikanischen Kontinents Neu-Amsterdam (das heutige New York) gegründet. 1652 kamen Stützpunkte an der Südspitze des afrikanischen Kontinents dazu. Hier entwickelte sich die Niederländische Kapkolonie mit den eingewanderten Bauern (niederländisch: Buren).

    Im Laufe des 17. Jahrhunderts stiegen die Niederlande zur führenden Handels- und Seemacht in Europa auf, was das Land zwangsläufig in Konflikt zu England brachte. Drei niederländisch-englische Seekriege zwischen 1652 und 1674 führten dazu, dass die Niederlande ihre Besitzungen in Nordamerika an England verloren. Eine Eheschließung zwischen Wilhelm III. von Oranien und der englischen Prinzessin Maria Stuart legte den Konflikt endgültig bei. Im

    18. Jahrhundert versuchten die Niederlande, die von Frankreich und Preußen angestrebte Vormachtsstellung zu verhindern. Nach der Eroberung durch die Truppen Napoleon Bonapartes wurden die Niederlanden zunächst zur "Batavischen Republik" (1795), dann zum "Königreich Holland" ernannt. Erster Regent wurde Napoleons Bruder Louis.

    19. Jahrhundert

    Auf dem Wiener Kongress 1815 (nach Napoleons vernichtender Niederlage in der Schlacht bei Waterloo) wurde die Errichtung eines niederländischen Großkönigreiches unter Einbeziehung der südlichen Provinzen (dem heutigen Belgien und Luxemburg) beschlossen. Der Generalstatthalter Wilhelm V. wurde als Wilhelm I. König des neuen Reiches, das nur bis 1830 Bestand hatte.

    Nach zunehmenden Konflikten zwischen protestantischem Norden und katholischem Süden erklärten die belgischen Provinzen ihre Unabhängigkeit ("Brüsseler Aufstand"). Ein Großteil des Gebietes, das später Luxemburg werden sollte (1890), wurde dabei Belgien zugesprochen. Im folgenden versuchten die Niederlande, bei europäischen Konflikten strikte Neutralität zu bewahren.

    Innenpolitisch herrschte ein Konflikt zwischen den Anhängern der Monarchie und liberalen Kräften. Ende 1848 wurde von Johan Thorbecke, beauftragt vom neuen niederländischen Regenten Wilhelm II., eine Verfassung für eine parlamentarische Monarchie ausgearbeitet, die noch heute die Grundlage des Staates bildet. Die Verfassung führte zu großer innenpolitischen Stabilität. Ende des 19. Jahrhunderts entstand eine gemäßigte sozialdemokratische Partei. 1917 wurde das allgemeine und gleiche Wahlrecht eingeführt.

    Etwa zeitgleich führten Aufstände in "Niederländisch-Indien" (Indonesien) zu einer Wende in der niederländischen Kolonialpolitik hin zu mehr politischer Selbstverwaltung und Eigenverantwortlichkeit in den besetzten Ländern.

    20. Jahrhundert

    Anders als im Ersten Weltkrieg, als die Niederlande die Neutralität beibehalten konnten, wurde das Land im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt. Die niederländische Königin Wilhelmina und die Regierung gingen ins Exil nach London, von dort kehrten sie im März 1945 nach der Befreiung des Landes durch alliierte Truppen zurück. Unter der deutschen Besatzung wurde das Land wirtschaftlich ausgebeutet und es kam zur Ermordung und Deportierung politisch Andersdenkender und jüdischer Staatsbürger.

    1945 waren die Niederlande zusammen mit 49 weiteren Staaten Gründungsmitglied der UNO, die Stadt Den Haag wurde Sitz des Internationalen Gerichtshofes. (Bereits 1899 und 1907 hatten hier große Friedenskongresse stattgefunden, in denen die Haager Landkriegsordnung beschlossen wurde.) Die Niederlande gaben ihre strikte Neutralität auf und gehörten 1949 zu den Gründungsmitgliedern der NATO (Northern Atlantic Treaty Organization).

    Mit Belgien und Luxemburg schloss das Land eine Zollunion (1948), die nach 10 Jahren zu einer Wirtschaftsunion ausgeweitet wurde. 1958 gründeten die Niederlande die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit und unterstützte in den folgenden Jahrzehnten die Entwicklung des Europäischen Zusammenschlusses. Außenpolitisch wurden mit Ausnahme der Karibikinsel Aruba und den Niederländischen Antillen bis 1975 alle Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen.

    Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts splitterte sich das Parteienspektrum zunehmend auf, was oft instabile Mehrheitsregierungen zur Folge hatte. Neben den Sozialdemokraten (PvDA) und den Christdemokraten (CDA) spielt vor allem die rechtsliberale Volkspartei (VVD) eine Rolle. Bei der Führung der Regierungen der letzten 20 Jahre wechselten sich Sozial- und Christdemokraten ab. Unter der Führung des Sozialdemokraten Wim Kok (seit 1994 Ministerpräsident), der eine sozialliberale Koalition anführte, sollten die Staatsschulden des wohlhabenden Landes abgebaut werden. Die Regierung Kok trat jedoch im April 2002 infolge eines Untersuchungsberichts, der sie für das Versagen niederländischer UN-Blauhelme 1995 beim Massaker in Srebenica (Bosnien) verantwortlich machte, zurück. Bei den Parlamentswahlen im Folgemonat kam es unter dem Eindruck des nur wenige Tage vor den Wahlen verübten Mordes am Rechtspopulisten Pim Fortuyn zu einem deutlichen Rechtsruck: Stärkste Partei wurden die Christdemokraten, an zweite Stelle rückte die rechtspopulistische Partei des Ermordeten, Liste Pim Fortuyn (LPF).

    Im Juli 2002 wurde die neue Mitte-Rechts-Regierung aus Christdemokraten, Liste Pim Fortuyn und Rechtsliberalen unter Ministerpräsident Jan Peter Balkenende vereidigt. Jedoch bereits im Januar 2003 fanden nach Rücktritt der Regierung vorgezogene Parlamentswahlen statt. Nach schwierigen Koalitionsverhandlungen konnte im Mai erneut eine Regierung unter Jan Peter Balkenende vereidigt werden (Koalition aus CDA, VVD und D 66).

    Auch bei den Wahlen 2006, die der Auflösung des Parlaments folgten, gingen Balkenende und seine CDA als Sieger hervor. Die Koalitionsverhandlungen gestalteten sich erneut als schwierig, doch letztendlich entstand eine neue Regierung Balkenende.

    Kalenderblatt - 26. April

    1925 Hindenburg wird zum Reichspräsidenten gewählt.
    1954 Eröffnung der Ostasien-Konferenz in Genf, auf der über die Koreafrage und den Frieden Indochinas beraten werden soll.
    1974 Der Bundestag stimmt über die Reform des § 218 ab und entscheidet sich für die Fristenlösung, die aber am 25. Februar vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wird.