Myasthenie - Mit der Krankheit leben

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    Myasthenia gravis ist eine seltene neuromuskuläre Autoimmunerkrankung, die durch eine Störung der Reizweiterleitung zwischen Nerven und Muskeln gekennzeichnet ist. Obwohl die Krankheit dank wirksamer Therapieoptionen bei den meisten Betroffenen gut behandelbar ist, bringt der Alltag mit Myasthenie einige Herausforderungen mit sich. Mit den richtigen Therapieansätzen, einer angepassten Lebensweise und der Unterstützung durch medizinisches Fachpersonal sowie ein aufmerksames persönliches Umfeld ist es möglich, die Herausforderungen der Myasthenie zu bewältigen und ein zufriedenstellendes Leben zu führen.

    Was ist Myasthenie

    Myasthenia gravis ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch eine charakteristische Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Durchschnittlich sind von einer Million Menschen etwa 100 bis 200 Personen betroffen. Die Ursache liegt in einer fehlgeleiteten Reaktion des Immunsystems, bei der körpereigene Rezeptoren angegriffen werden. Dadurch wird die Signalübertragung zwischen Gehirn und Muskeln gestört, was zu der typischen Muskelschwäche führt. Symptome können im Gesichtsbereich auftreten, wie beispielsweise:

    • Hängende Augenlider
    • Sehstörungen
    • Probleme mit der Mimik
    • Schluckbeschwerden

    In schweren Fällen können sogar die Atemmuskeln betroffen sein, was lebensbedrohlich sein kann. Die Diagnose erfordert spezielle Tests, darunter den Simpson-Test, elektrische Muskelstimulation und Blutuntersuchungen auf spezifische Antikörper.

    Von Myasthenia gravis sind hauptsächlich Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren und Männer im Alter von 50 bis 80 Jahren betroffen. Bei etwa 65 Prozent der Erkrankten liegt ein vergrößerter Thymus vor, und rund 10 Prozent weisen einen Thymustumor auf. Für Frauen im gebärfähigen Alter ist das Thema Myasthenie und Schwangerschaft oft von besonderer Bedeutung und erfordert sorgfältige Planung und medizinische Betreuung.

    Symptome und Diagnose der Erkrankung

    Zu den typischen Symptomen der Myasthenie gehören:

    • Muskelschwäche, die sich nach Ruhephasen bessert
    • Erschöpfung und schnelle Ermüdung
    • Schwierigkeiten beim Schlucken oder Sprechen
    • Beeinträchtigungen der Atmung
    • Doppelbilder oder hängende Augenlider

    Die Diagnose kann aufgrund der unspezifischen Beschwerden oft Jahre dauern. Ärzte nutzen eine Kombination aus Anamnese, körperlicher Untersuchung, Bluttests und bildgebenden Verfahren wie CT oder MRI. Bei etwa 85% der Patienten lassen sich Anti-Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper (Anti-AChR-Antikörper) nachweisen.

    Behandlungsmöglichkeiten und Therapieansätze

    Die Behandlung von Myasthenie umfasst verschiedene Ansätze, die individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Dazu gehören:

    • Medikamentöse Therapie mit Cholinesterasehemmern und Immunsuppressiva
    • Neue zielgerichtete Medikamente
    • Thymektomie (operative Entfernung des Thymus) bei bestimmten Patientengruppen
    • Symptomatische Behandlung, z.B. Augenmuskeloperationen bei Doppelbildern

    Die Therapietreue stellt meist kein großes Problem dar, allerdings sind regelmäßige Laboruntersuchungen bei der Einnahme von Immunsuppressiva wichtig. Um Betroffene im Alltag zu unterstützen, entwickelt die Charité derzeit eine App zur Dokumentation des Krankheitsverlaufs und Medikamenteneinnahme.

    Alltag mit Myasthenie meistern

    Ein gesunder Lebensstil ist für Menschen mit Myasthenie von großer Bedeutung. Körperliches Training kann helfen, Ihre Muskelschwäche zu verbessern, solange es sicher und effektiv durchgeführt wird. Arbeiten Sie mit einem erfahrenen Therapeuten zusammen, um ein individuell angepasstes Trainingsprogramm zu entwickeln. Praktische Tipps für den Alltag umfassen:

    • Regelmäßige Pausen einlegen, um Erschöpfung zu vermeiden
    • Hilfsmittel wie Greifzangen oder rutschfeste Matten verwenden
    • Atemübungen durchführen, um die Lungenkapazität zu verbessern
    • Den Arbeitsplatz ergonomisch anpassen

    Myasthenie und Kinderwunsch

    Die Familienplanung mit Myasthenie stellt betroffene Frauen oft vor eine schwierige Entscheidungsfindung. Verschiedene Einflussfaktoren, wie der Krankheitsverlauf, die Medikation und mögliche Risiken für Mutter und Kind, müssen sorgfältig abgewogen werden. Etwa 12.000 Menschen in Deutschland sind von Myasthenia gravis betroffen, wobei Frauen etwa dreimal häufiger erkranken als Männer. Während der Schwangerschaft kann es bei 30-50% der Frauen zu einer Verschlechterung der Myasthenie-Symptome kommen, insbesondere im ersten Trimester. Eine engmaschige gynäkologische Überwachung ist daher empfehlenswert.

    Schwangerschaft trotz Myasthenie

    Eine Schwangerschaft mit Myasthenie ist möglich, erfordert jedoch eine engmaschige Überwachung und Anpassung der Behandlung. Seltene fetale Fehlbildungen können durch hochauflösende Ultraschalluntersuchungen frühzeitig erkannt werden.

    Die Entbindung sollte idealerweise in einer Einrichtung mit kooperierender Geburtshilfe, Neonatologie und Neurologie erfolgen. Bei Exazerbationen können intravenöse Immunglobuline oder eine Plasmapherese eingesetzt werden. Die Schwangerschaftsbetreuung bei neuromuskulären Erkrankungen erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen medizinischen Fachrichtungen.

    Tipps für ein erfülltes Leben mit der Erkrankung

    Trotz der Herausforderungen ist es möglich, ein zufriedenstellendes Leben mit Myasthenie zu führen. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung unterstützen Ihren Körper. Atemübungen und Entspannungstechniken können helfen, Stress abzubauen und Ihre Lunge zu stärken.

    Eine positive Einstellung und die Unterstützung von Familie, Freunden und Selbsthilfegruppen sind wichtige Faktoren, um die Herausforderungen der Erkrankung zu meistern. Der Austausch mit anderen Betroffenen bietet wertvolle Erfahrungen und praktische Tipps. Mit der richtigen Unterstützung und einem angepassten Lebensstil ist es möglich, trotz Myasthenie ein aktives Leben zu führen.