Kunstgeschichte

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    seit Ende des 18. Jh.s als wissenschaftliche Disziplin (wichtiger Zweig der Kunstwissenschaft).

    Kunstgeschichte untersucht die historische Entwicklung der Kunst (der einzelnen Künste), ihrer Stile, Strömungen, Gattungen, Genres usw. in verschiedenen Epochen, vor dem Hintergrund von Produktion, Verteilung, Rezeption von Kunst.

    Die Bezeichung Kunstgeschichte erscheint 1698 erstmals bei P. Monier ("Histoire des Arts"). Bereits in der Antike gibt es theoretische Vorläufer moderner Kunstgeschichte (ästhetische Schriften Platons, Aristoteles'; kunsttheoretische Werke von Xenokrates; Künstlerbiografien; Plinius d.Ä. schrieb die bedeutende "Historia naturalis"). In der italienischen Renaissance erfolgte eine weitere Belebung durch die "Commentarii" des Bildhauers L. Ghiberti (ca. 1450), durch C. Scheuerl (1506) und J. Neudörfer (1547) über Nürnberger Kunst, durch den Architekten und Maler G. Vasari (Künstlerviten, 1550), dem Vorbild für C. van Mander ("Het schilder-boeck", 1604) und J. v. Sandrarts "Teutsche Academie der edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste" (1675-79).

    Eigentlicher Begründer einer wissenschaftlichen Kunstgeschichte aber wurde J.J. Winckelmann mit seiner "Geschichte der Kunst des Altertums" (1764), mit der die Kunstgeschichte an die Seite der Geschichtswissenschaft gestellt wurde. Dieser Schritt wurde in den wissenschaftlichen Untersuchungen von Herder, Goethe, den Brüdern Schlegel, Boisserée um 1800 vertieft, verbunden mit zunehmender Sammlertätigkeit, Gründung von Museen und Einrichtung von Lehrstühlen der Kunstgeschichte in Berlin (1844; G.F. Waagen) und Wien (R. von Eitelberger-Edelberg begründete die Wiener Schule der Kunstgeschichte, der später unter anderem A. Riegl, M. Dvorák, J. von Schlosser, H. Sedlmayr angehörten). Im späten 19. Jh. wurde die Kunstgeschichte immer mehr zur selbstständigen Wissenschaft. Bedeutendstes Werk dieser Zeit ist J. Burckhardts "Cultur der Renaissance in Italien" (1860), in dem die Beziehungen zwischen Kunst, Staat, Religion, Kultur untersucht werden. Ähnlich bedeutende Schriften schufen C. Fiedler (seit 1876; Theorie der "reinen Sichtbarkeit"), H. Grimm (1860 über Michelangelo), C. Justi (1888 über Velázquez). Erste mehrbändige Gesamtdarstellungen der Kunstgeschichte entstanden (so von A. Springer 1855, K. Woermann 1900-03).

    Eine neue theoretische Fundierung der Kunstgeschichte durch systematische Methodik erarbeitete H. Wölfflin ("Kunstgeschichtliche Grundbegriffe", 1915), für den die Kunstgeschichte nicht mehr Künstler-, sondern primär Stilgeschichte war. Gegen diese Dominanz der Form stellten Warburg und Panofsky 1939 ihre Ikonologie, beeinflusst durch die neukantianische "Philosophie der symbolischen Formen" E. Cassirers und durch die Psychoanalyse. Zusammen mit Sedlmayrs (Wiener Schule) "Strukturanalyse" legten sie die Grundlage moderner Kunstgeschichte. Soziologisch orientierte Ansätze (A. Hanger, F. Antal), psychologisch-philosophische Schwerpunkte (E.H. Gombrich, K. Badt) oder kulturgeschichtliche Zugänge (A. Chastel, A. Blunt) bestimmen die neueste Kunstgeschichte, ergänzt durch zeitgenössische Kunstinterpretationen von M. Tindahl und W. Hofmann.