Indogermanen, Indoeuropäer

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    Das Kunstwort Indogermanen weist auf die Inder und die Germanen hin, die bei der Begründung der Indogermanenforschung durch den Linguisten Franz Bopp (seit 1816) als die äußersten Völker der indogermanischen Sprachfamilie vermutet wurden. Der Name Indoeuropäer ist genauer, da inzwischen die Kelten als der westlichste Zweig erkannt wurden; auch bildeten den östlichsten Zweig der Indogermanen nach heutiger Kenntnis nicht mehr die Inder, sondern die Tocharer in Ostturkestan.

    Die Indogermanen/-europäer waren vermutlich um 3000 v.Chr. eine sprach- und volksmäßige Gemeinschaft, die manche mit den Schnurkeramikern gleichsetzen. Mehr Wahrscheinlichkeit hat die Beziehung zur Mischkultur der Trichterbecher- und Donaukultur (Neolithikum). Der Umkreis der ersten Sprachverbreitung war vermutlich der Raum vom südlichen Skandinavien und vom Rhein über Mittel- und Süddeutschland bis Südrussland (Kiew) und in den nördlichen Balkan (nach anderen war die östliche Steppe Ausgangsraum, aus dem die Sprach- (oder Völker-)Gruppe sich westwärts nach Mitteleuropa bewegt habe).

    Die Zeit ihrer Aufgliederung in Einzelvölker liegt wohl um 1800 v.Chr. Vor der Aufspaltung waren die jungsteinzeitlichen Indogermanen/-europäer nomadisierende Hirten oder siedelnde Bauern, die Hacke, Pflug, Egge und Sichel verwendeten und Schafe, Rinder und Pferde züchteten. Ihre Gesellschaft war vaterrechtlich organisiert mit entsprechend männlichen Göttern (Kult der Sonne, die sie auf einem von Pferden gezogenen Wagen als Scheibe darstellten, oder des menschengestaltigen Himmelskönigs). Ihre Toten begruben sie in Einzelgräbern. In den Gräbern der führenden Schicht finden sich reiche Grabbeigaben. Die schöngestaltete Streitaxt war kultisches Symbol. Die Stämme waren in unterschiedliche Stände gegliedert: Priester, Krieger, freie Bauern und Handwerker.

    Bei der Ausbreitung der indoeuropäischen Stämme erfolgte eine vielfältige Umschichtung durch Vermischung mit nichtindogermanischen Völkern. Dabei kam es auch zu sprachlichen Anpassungen und Veränderungen. Oft erfolgte die Übertragung der indogermanischen Kultur auf andere Völker (vielleicht im Zusammenhang mit der Urnenfelderkultur).

    Indogermanische Teilvölker oder Kultureinbrüche waren sichtbar um die Mitte des 2. Jt.s im Iran und in der 2. Hälfte des 2. Jt.s in Indien. Um 1600 v.Chr. erfolgte die Einwanderung der indogermanischen Hethiter in Anatolien (um 1200 v.Chr. von den ebenfalls indogermanischen Phrygiern aus dem Balkan abgelöst). Seit Mitte des 2. Jt.s lassen sich in Griechenland und in Italien indogermanische Kultureinflüsse nachweisen. Die Germanen siedelten in Südskandinavien und Norddeutschland, die Kelten in Südwestdeutschland und Nordfrankreich, dehnten sich dann weiter nach Südwesten, Süden und Südosten aus. Die indogermanischen Slawen drangen um die Mitte des 1. Jt.s n.Chr. aus dem Raum zwischen Dnjepr, Djnestr und Weichsel nach Westen und Süden vor.

    Fast alle europäischen Sprachen lassen sich auf eine (allerdings nur rekonstruierbare) indoeuropäische Ursprache zurückführen (indogermanische Sprachen).