Geschichte: Wirtschaftliche und soziale Kräfte

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    Die wirtschaftlichen Rückwirkungen dieser Entdeckungen auf Mitteleuropa sowie die Unterbrechung der nahöstlichen Handelswege beendeten die Handelsherrschaft der großen italienischen Stadtrepubliken am Mittelmeer und führten zur Verödung der alten Nord-Süd-Handelswege. Sie trugen auch zum Niedergang der Hanse bei und rückten die Anrainer des Atlantiks, die iberische Halbinsel, Frankreich, Holland und England in den Vordergrund.

    Das Einströmen neuer Produkte erhöhte den Warenumsatz beträchtlich. Der Zufluss des überseeischen Edelmetalls löste in Europa eine Inflation aus und beeinflusste auch dadurch die bisherigen handels- und wirtschaftspolitischen Verhältnisse in höchstem Maße. Der Ausbau dieser wirtschaftlichen Möglichkeiten war noch im späten Mittelalter erfolgt, bedeutete aber eine immer deutlicher werdende Absage an die mittelalterliche Wirtschaftsgesinnung. Der spätmittelalterliche Geburtsadel verschmolz mit dem Großbürgertum der Handelsmetropolen zu einer neuen Handelsaristokratie und es entstand allmählich der Unternehmertyp der Bankherren und Großkaufleute. Die kapitalistische Wirtschaftsweise von Familienunternehmungen oder genossenschaftlichen Organisationen aber (die Florentiner Medici waren Bankiers der Kurie, die Augsburger Fugger wurden Bankiers der Habsburger; Fugger und Welser gewannen Reichtum als Inhaber des Bergbaumonopols auf Kupfer und Silber) beseitigte die Reste der mittelalterlichen Naturalwirtschaft und untergrub auch die nach Zünften geordnete handwerklich-gewerbliche Wirtschaft.

    Dass man im Volk, in den Kreisen der Bauern und der verarmten Junker den Reichtum der wenigen Großbürger als eine Art Teufelswerk ansah, ist verständlich. Auch Luther urteilte so. Da der gesamte Kapitalvorrat noch gering war, wirkte sich größerer Geldbesitz in dieser frühkapitalistischen Zeit um so stärker aus. Schon gab es Syndikate, um den Preis hochzuhalten, wie das Kupfersyndikat der Augsburger Firmen (1488) und die Handelsgewinne betrugen meist über 50 Prozent. Wurde der Besitz der Medici um 1450 auf 500 000 Goldgulden geschätzt, so geboten die Fugger 100 Jahre später über ein Vermögen von etwa 4,5 Millionen Gulden (in heutiger Währung rund 80 bis 100 Millionen Euro). Der Dreißigjährige Krieg hat den Fortgang dieser Entwicklung in Deutschland weithin jäh unterbrochen. In Westeuropa jedoch ging sie weiter bis zum Vorabend der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert.