Geschichte: Die Römische Republik

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    Aus der Fülle der einheimischen und indoeuropäischen Eroberersiedlungen der italienischen Halbinsel schwingt sich die anfänglich so kleine latinische Siedlung auf dem Palatin zur weltbeherrschenden Stadt empor. Die Sprache der Latiner wird zur Weltsprache eines Imperiums, das den Mittelmeerraum und große Teile des heutigen Europa umfasst und zur politischen, sprachlichen und kulturellen Wiege vieler Völker wird, die bis in unsere Gegenwart den Ablauf der europäischen Geschichte bestimmen.

    [[Bild:fili2185_intext.jpg|left|192px] ]Den Beginn römischer Stadtentwicklung markiert ein Zusammenschluss der latinischen Siedlung des Palatin und der sabinischen des Quirinal - darunter versteht man bestimmte Stadtbezirke des späteren Rom - zu einer Kult- und Wehrgemeinschaft. Diesen Zustand fanden die über See her eindringenden Etrusker vor, die sich wahrscheinlich im 8. Jahrhundert v.Chr. in der Toskana festsetzten. Sie brachten alle Errungenschaften der östlichen Hochkulturen mit: ihre Siedlungsweise und Zivilisation, ein hoch entwickeltes Kunsthandwerk, ihre vom griechischen Alphabet abgeleitete Schrift. Etwa von 600 bis 500 herrschten sie als Oberschicht über Rom. Die Stadt erhielt einen unterirdischen Abflusskanal zur Entwässerung der zwischen den Hügeln gelegenen Niederung. Dort entstanden das Forum, der Markt und das Comitium, der Versammlungsplatz der Geschlechter.

    Die latinischen, sabinischen und etruskischen Adelsgeschlechter verbündeten sich gegen Ende des 6. Jahrhunderts zu einer politischen Interessengemeinschaft, stürzten in den Jahren 510/509 das etruskische Königtum und machten Rom zur Adelsrepublik. Der aus der Königszeit übernommene Adelsrat der Geschlechtshäupter, der Senat, wurde zur führenden Institution des jungen Staatswesens. Er bestimmte und beriet die beiden leitenden Staatsbeamten, die Konsuln. Ohne seine Zustimmung konnte kein Beschluss der Volksversammlung, die zu Beginn der Republik wohl nur die Mitglieder des Adels umfasste, Gültigkeit erlangen. Die religiös-kultischen Aufgaben des Königs aber übernahm das Priesterkollegium unter dem Vorsitz des obersten Priesters, des Pontifex maximus.

    Konsul- und Priesteramt sowie alle übrigen Beamtenränge waren zunächst dem Adel vorbehalten. Wer als Oberbeamter ausschied, wurde Mitglied des Senats. In Zeiten innerer und äußerer Gefahr konnte der Erste Konsul für sechs Monate einen Diktator mit unbeschränkter Befehlsgewalt ernennen. Die Volksversammlung war ursprünglich eine reine Adelsversammlung (Großbauern); später wurde sie durch andere freie Bürger erweitert, doch blieb sie lange unter dem überwiegenden Einfluss des Adels. Sie gliederte sich ursprünglich nach 30 Kurien, die neben ihren sakralen Funktionen auch die Organisationsform für die Volksversammlung und das Heerwesen darstellten. Die Masse der freien Bauern und Handwerker bildete nur eine zweitrangige Schicht, die Plebs (Masse, Volk). Die Plebejer besaßen zwar das römische Bürgerrecht, Staatsämter blieben ihnen aber ebenso versagt wie die Heirat mit Mitgliedern des Adels und auch von der Zuteilung des Gemeindelandes waren sie ausgeschlossen. Daneben gab es eine Klasse höriger Bauern, die als Klienten in einem Treueverhältnis zu ihrem adlig-patrizischen Schutzherrn, dem Patronus, standen.

    Die junge Adelsrepublik musste im 5. und 4. Jahrhundert ihre Selbstständigkeit gegen die aus dem Gebirgsland in die fruchtbaren Ebenen von Latium und Kampanien einfallenden Etrusker- und Italikerstämme und schließlich auch nach Norden gegen die Kelten - "Gallier" genannt - verteidigen. Eine Niederlage an der Allia (Nebenfluss des Tiber) im Jahr 387 brachte die Stadt in höchste Gefahr. Nach Abzug der Kelten, die sich schließlich mit einer Niederlassung in Norditalien (Poebene) zufrieden gaben, wurde Rom mit einer Mauer befestigt, von der kleine Reste noch heute zu sehen sind (die so genannte Servianische Mauer).


    Diese schweren Abwehrkämpfe prägten das Wesen der römischen Republik: Es bildete sich die straffe Amtsgewalt der leitenden Beamten heraus, es kam zur höchsten Anspannung der Wehrkraft des gesamten Volkes. Die Plebejer drangen nun auf rechtliche, soziale, politische und religiöse Gleichstellung mit der regierenden Schicht; es begannen die Ständekämpfe, die erst 287 mit der Lex Hortensia ihr Ende finden sollten. 494 erhielten die Plebejer eigene Beamte, die Volkstribunen und Volksädilen, die alsbald nach örtlichen Wohnbezirken (Tribus) in einer besonderen plebejischen Volksversammlung (Comitia tributa) gewählt wurden. Ihre Aufgabe war es, die Plebejer vor Übergriffen patrizischer Beamter zu schützen. Sie hatten im Interesse der Plebs ein Einspruchsrecht gegen Senatsbeschlüsse (Veto) und konnten der Volksversammlung (Comitia centuriata) bestimmte Beschlüsse empfehlen. Vielleicht geht auf ihre Anregung auch die erste Aufzeichnung römischen Rechts auf den berühmten "zwölf Tafeln" zurück. Diese enthalten Bestimmungen aus dem Straf- und Prozessrecht und wurden um 450 geschaffen und öffentlich aufgestellt.

    Die Abstimmung in den Volksversammlungen erfolgte jedoch nicht nach der Zahl der Stimmberechtigten, sondern nach Besitzklassen (Zenturien). Die Einschätzung der Bürger nach Vermögen und damit ihre Zuteilung zu den einzelnen Zenturien wurde durch die beiden Zensoren vorgenommen, die auch die Höhe der Kriegssteuer festsetzten. Diese Stimmabgabe nach Zenturien ermöglichte es den Reiterzenturien und der ersten Klasse der Besitzenden, die restlichen Zenturien stets zu überstimmen (98 von 193), womit ihre Vormachtstellung der Masse des Volkes gegenüber bestehen blieb.

    Im Jahr 445 wurde das Eheverbot aufgehoben und 367 gewannen die Plebejer weiteren entscheidenden Einfluss. Eine Entschuldung der Bauern wurde durchgeführt; die Zuteilung von Gemeindeland (Agerpublicus) an die einzelnen Bürger wurde auf 500 Morgen (etwa 125 Hektar) begrenzt, um dem unbegrenzten Wachstum der Großbetriebe ein Ende zu setzen. Die Plebejer - und dies ist das Entscheidende - erhielten das Recht, einen der beiden Konsuln zu stellen. Ihre spätere Zulassung auch zu den Kollegien der Auguren (Weissagung aus der Vogelbeobachtung) und Priester (300 v.Chr.) war dagegen mehr von moralischer als unmittelbar politischer Bedeutung.


    Die plebejische Oberschicht, die in führende Staatsämter einzog, bildete sehr bald eine Gesinnungsgemeinschaft mit dem alten patrizischen Geburtsadel. So entstand im 3. Jahrhundert ein neuer Amtsadel, den man Nobilität nennt. Im Senat vertrat dieser Amtsadel den Grundsatz, dass nur Abkömmlinge von Senatoren, gleich welcher Herkunft, oder nur Mitglieder des Senats zu Konsuln gewählt werden dürften. Neulinge (Homines novi) aus einflussreich gewordenen Familien wurden nur selten und widerwillig aufgenommen und es dauerte oft Generationen, bis ihnen die moralische Anerkennung zuteil wurde. Nur wer dem Senatorenstand oder den Rittern zugehörte, war in hohe Staatsämter wählbar. Im Senatorenstand sammelten sich die Angehörigen einer Grundbesitzeraristokratie, deren Anfänge bis in die Zeiten des indoeuropäischen Uradels der Einwanderungszeit zurückreichten. Im Ritterstand waren am Ausgang des 2. Jahrhunderts v.Chr. große Handelsunternehmer und Gewerbetreibende, die Staatsgüterpächter und Latifundienbesitzer vertreten. Beide Stände stellten auch die Offiziere des Heeres.

    Entscheidend bleibt, dass sich in der römischen Republik eine echte Elitebildung vollzogen hatte. Die sittlichen Kräfte des Senatorenstandes bildeten eine historisch-politische Kraftquelle des Staates, die sich in dem Beharrungsvermögen und der Unerschütterlichkeit gegenüber schweren Rückschlägen und in gefährlichen Lagen ebenso zeigte wie im Opferwillen für das Gemeinwohl, bedingungsloser Pflichterfüllung und im konservativen Festhalten an der Vätersitte. Diese altrömischen Tugenden bildeten in der Folgezeit das Fundament für den Aufstieg des Stadtstaates zur imperialen Großmacht.

    Im Jahr 338 v.Chr. wurde die Erhebung des latinischen Bundes gegen Roms Vorherrschaft niedergeschlagen. Die Latinerstädte wurden in unterschiedlicher Form in den römischen Staat integriert, ihre Bewohner erhielten teilweise das römische Bürgerrecht. Danach schritt Rom zur Unterwerfung der Samniten, die mit den Etruskern und Galliern verbündet waren (327-290). Im Zuge dieses Ausgreifens wurde zunächst aus rein militärischen Erwägungen die erste römische Fernstraße angelegt, die Via Appia nach Kampanien, benannt nach dem Censor Appius Claudius Cäcus (312). So sicherte sich die Stadt ihre Vorherrschaft in Mittelitalien.

    Der Ständekampf wurde abgeschlossen durch die Erklärung der Rechtsverbindlichkeit der Beschlüsse in den plebejischen Tribusversammlungen (287), an denen nun auch Patrizier teilnahmen. Das stärkte die innere Geschlossenheit der Republik und befähigte sie zu neuer Ausdehnung ihrer Macht. 282-272 kämpften die Römer gegen die mit König Pyrrhus von Epirus verbündete Stadt Tarent. Nach anfänglichen Niederlagen erzwang Rom den Anschluss der griechischen Städte an den römischen Bund, nachdem Pyrrhus Tarent im Stich gelassen hatte, um in die Diadochenkriege um Makedonien einzugreifen. Sein Plan eines Süditalien und Sizilien umfassenden griechisch beherrschten Reiches war damit gescheitert. Während seiner Feldzüge in diesem Raum hatte Pyrrhus jedoch die phönikischen Karthager bekriegt und sie auf Westsizilien zurückgeworfen.

    Rom, das nunmehr das Erbe des Pyrrhus im unteritalienischen Raum bis zur Straße von Messina antrat, sah sich seinerseits einem feindlichen Karthago gegenüber. Es entschloss sich zur Fortsetzung der gegen Karthago gerichteten Politik. Der Erste Punische Krieg (Karthager werden auch Punier genannt, sie sind phönizische Kolonisten) in den Jahren 264-241 verlief siegreich und brachte Rom die Herrschaft über Sizilien; auch die Mittelmeerbesitztümer Sardinien und Korsika fielen in seine Hand, nachdem es dort erfolgreich in einen Aufstand meuternder Söldner eingegriffen hatte (238). Damit war der entscheidende Schritt über das Festland hinaus getan. Rom sollte fortan gezwungen sein, auf diesem Weg zum Imperium weiterzuschreiten.

    Die neu gewonnenen Provinzen wurden Untertanengebiete, deren Einwohner den zehnten Teil ihres Ernteertrags an Rom abzuführen hatten. Die Steuern wurden durch Steuerpächter im Auftrag der Stadt eingetrieben. Karthago war nach den schweren Gebietsverlusten entschlossen, neuen Kolonialraum für sich zu gewinnen. 237 schickte es Hamilkar als Feldherrn nach Spanien. Ihm folgte 229 sein Schwiegersohn Hasdrubal, 221 sein Sohn Hannibal im Oberbefehl. Als Hannibal die südlich des Ebro gelegene, mit Rom verbündete Stadt Sagunt eroberte, kam es zum Zweiten Punischen Krieg (218-201). Er brachte den in der Militärgeschichte viel bewunderten Feldzug des genialen Hannibal, seine Überquerung der Pyrenäen und der Alpen, den Einfall in Italien und die berühmte Vernichtungsschlacht gegen die römischen Streitkräfte bei Cannae in Apulien, die erste Einkreisungsschlacht der Weltgeschichte (216). Im Verlauf des Krieges fielen viele Bundesgenossen und unterworfene Gebiete von Rom wieder ab, der Schreckensruf "Hannibal ante portas" (d.h. vor den Toren Roms) ertönte, aber die Zähigkeit der Römer überstand auch dieses düstere Kapitel ihrer Geschichte. In der Stunde höchster Gefahr fassten sie den Entschluss, den Gegner durch einen Angriff auf seine spanische Operationsbasis matt zu setzen; 210-206 operierte Publius Cornelius Scipio erfolgreich auf der Pyrenäenhalbinsel. Und letztlich erwiesen sich die Kräfte des Puniers doch nicht als stark genug für einen dauerhaften Erfolg.

    Hannibal musste nach Nordafrika zurückkehren und wurde dort 202 von Scipio Africanus in der Schlacht von Zama besiegt. Der Friedensschluss von 201 sicherte Rom die Herrschaft im westlichen Mittelmeerraum. Spanien wurde 197 in zwei römische Provinzen eingeteilt. Nun galt es noch, den Verbündeten der Carthager im Zweiten Punischen Krieg, den Makedonierkönig Philipp V., niederzuwerfen. Als Rhodos und Pergamon um Hilfe baten, trug Rom den Krieg nach Nordgriechenland. Philipp wurde bei Kynoskephalai (197) geschlagen und auf seinen makedonischen Besitz beschränkt. Ein erneuter Aufstand der Gallier in Oberitalien wurde niedergeworfen und die Provinz Gallia Cisalpina errichtet (200-191). Syrien, seit 192 im Kampf mit Rom, verlor 188 (Friede von Apameia) seine Vormachtstellung. Aus den abgetretenen kleinasiatischen Gebieten schuf Rom ein Klientelstaatensystem unter pergamonischer Leitung und römischer Garantie. Makedonien aber verlor 168 unter König Perseus nach der Niederlage von Pydna seine staatliche Selbstständigkeit. Es wurde in vier von Rom abhängige Bundesstaaten eingeteilt und schied als Großmacht aus der Geschichte aus.

    Im Jahr 146 zerstörte Rom schließlich Karthago in einer Art Präventivkrieg gegen ein mögliches Wiederaufleben seiner politischen und militärischen Kräfte. Der jüngere Scipio errichtete die römische Provinz Africa. In Griechenland aber vernichtete der römische Feldherr Mummius Korinth, die letzte bedeutende Polis. Mit der Niederwerfung der spanischen Erhebung und mit der Errichtung der Provinz Asia (das Reich von Pergamon fiel 133 durch Testament an Rom) war das imperiale Ausgreifen der Stadt zunächst abgeschlossen. Durch die Provincia Narbonensis in Südgallien sicherte Rom die Verbindung nach Spanien. Seine Machtstellung im gesamten Mittelmeerraum hatte es nun entscheidend gefestigt.

    Diese siegreiche Ausdehnung der römischen Herrschaft war ein Erfolg der römischen Tugenden und der straffen Organisation der Republik, aber auch das Ergebnis einer oft skrupellosen Politik und erkauft mit gewaltigen Blutopfern des römisch-latinischen Bauerntums. Gerade die Punischen Kriege brachten große Verluste und so legte Rom schon zu Beginn seines imperialen Aufstiegs die Axt an die Wurzel seiner inneren Kraft.

    Die wirtschaftliche und politische Unvernunft des senatorischen Adels förderte eine verhängnisvolle Entwicklung. Anstatt neue Bauernsiedlungen auf dem neu gewonnenen Land der italienischen Halbinsel anzulegen, pachtete der großgrundbesitzende Adel große Areale vom Staat (das Ackergesetz von 366 wurde längst nicht mehr angewendet) und begann die Wirtschaftspraxis des landwirtschaftlichen Großbetriebs. Verschuldete oder durch lange Abwesenheit ihrer Besitzer während der Feldzüge verwahrloste Bauerngüter wurden zusätzlich durch Kauf erworben. Die so entstandenen Großagrarbetriebe, Latifundien genannt (im Wesentlichen Viehzuchtbetriebe), beschäftigten billige Arbeitskräfte, d.h. Sklaven, die aus den karthagischen Feldzügen und aus den hellenistischen Räumen des Ostens stammten.

    Weiterer Nutznießer der Kriege war die Kaufmannsschicht, die durch Heereslieferungen, den Verkauf der Kriegsbeute und aus der Steuerpacht der neuen Provinzen ungeheure Gewinne angesammelt hatte und sich allmählich zu einem zweiten Stand (Ordo equester) formierte.

    Das freie Bauerntum fand nach dem Kriegsdienst seine Höfe verwahrlost oder verwüstet vor, zum Wiederaufbau fehlte oft das Geld, zumal sie mit den billigen Getreideeinfuhren aus den neuen Provinzen Sizilien und Nordafrika nicht konkurrieren konnten und auf Reben- und Ölbaumanbau umstellten. Viele Bauern gerieten in den wirtschaftlichen Ruin, verdingten sich als Saisonarbeiter oder strömten nach Rom, um sich dort von staatlichen Spenden und Gelegenheitsarbeiten zu ernähren und um jeden beliebigen Politiker zu unterstützen, der sich ihre Zuwendung erkaufte.

    Die niedrigste Position innerhalb der Gesellschaft hatte jedoch die Masse der Sklaven inne: Sie besaßen keine persönlichen Rechte und wurden vor allem auf den Agrargütern und in den Bergwerken brutal ausgebeutet. Sehr ungünstig war auch die Lage der überwiegenden Mehrheit der italienischen Socii und der Bevölkerung der Provinzen, um so mehr, als sie nicht einmal das römische Bürgerrecht besaßen und sowohl von ihren eigenen Herrn als auch vom römischen Staat ausgebeutet wurden.

    Durch diese rasche, sich sehr schnell vollziehende Differenzierung der Gesellschaft reifte bald eine ganze Reihe schwerer Konflikte heran, die mit friedlichen Reformversuchen nicht mehr zu lösen waren, zu einer hundertjährigen gesellschaftlichen Krise mit Revolten und Bürgerkriegen führten und letztendlich die Republik zermürbten.

    Nicht nur Catos Versuch einer moralischen Restauration der altrömischen Welt war zu Beginn des 2. Jahrhunderts gescheitert - vergeblich blieb auch der soziale Reformversuch der Brüder Tiberius und Gajus Gracchus in den Jahren 133-12. Wegen der schweren sozialen Kämpfe und inneren Wirren, die er auslöste, hat man von einer Revolution gesprochen. Doch dieser Ausdruck ist irreführend, denn die Gracchen wollten nicht einen bestehenden Zustand durch einen völlig neuen ablösen; sie wollten vielmehr die Wiederherstellung eines durch breit gestreuten Landbesitz gesicherten freien Bauerntums, um die besitzlosen Massen der Hauptstadt wieder in ein festes, sinnvolles Lebensgefüge zurückzuführen. Die Nobilität aber weigerte sich, aus ihrem Großgrundbesitz Teile des Staatslandes herauszulösen, das in bäuerlichen Besitz übergeführt werden sollte.

    Trotzdem setzte Tiberius Gracchus als Volkstribun 133 ein Ackergesetz durch, das den Besitz von Gemeindeland beschränkte und neue Bauernstellen schuf. Als ein bestochener Amtskollege gegen das Gesetz opponierte, betrieb er dessen gesetzwidrige Absetzung. Bei dem Versuch, seine unzulässige Wiederwahl zu erreichen, wurde er von Anhängern des Senats erschlagen.

    War schon Tiberius Gracchus in der Wahl seiner Mittel nicht wählerisch gewesen, so war es sein Bruder Gajus (123/122) noch weniger. Er entfesselte einen Kampf auf Leben und Tod gegen den Senatorenstand. Im Verlauf dieses Kampfes verschaffte er den Gegnern der Nobilität im Ritterstand Privilegien im Gerichts- und Steuerwesen. Damit aber lieferte er die Provinzen ihrem Unternehmeregoismus als Staatsgüter- und Steuerpächter, als Händler und Kapitalisten aus. Er scheiterte letztendlich an der Frage des Bürgerrechts für die italischen Bundesgenossen, das von der Senatspartei, aber auch von den niederen Volksschichten, strikt abgelehnt wurde. Erst im Bundesgenossenkrieg (91-89) erzwangen die Socii die rechtliche Gleichstellung mit den Römern.

    Das Ende des Gajus - er ließ sich von seinem Sklaven erstechen, als in dem durch seine politischen Maßnahmen ausgelösten Bürgerkrieg die Niederlage unabwendbar wurde - ist sinnbildhaft für den Ausgang dieser Entwicklungsphase der römischen Geschichte.

    Die Lösung gelang dann in völlig anderer Richtung, als die Gracchen geplant hatten. Das entwurzelte Stadtproletariat wurde zum neuen Wehrstand Roms in Gestalt des Söldnertums. Marius, der Führer der Volkspartei, Sieger über den nordafrikanischen König Jugurtha von Numidien (Krieg 111-105) und über die germanischen Teutonen und Kimbern (Aquae Sextiae-Aix-en-Provence, 102; Vercellae in der Poebene, 101) bediente sich dieses Söldnertums ebenso wie sein Gegner Sulla, das Haupt der Senatorenpartei, zur Durchsetzung eigener politischer Ziele. Sulla errichtete nach seinem endgültigen Triumph über die Popularen (83) die erste auf das Söldnertum gestützte Diktatur (Proskriptionen zur Vernichtung der Gegner), gab sie jedoch 79, ein Jahr vor seinem Tod, freiwillig wieder auf. Die Entwicklung war aber nicht aufzuhalten. Sullas gesetzliche Wiederbegründung der Senatsherrschaft blieb Episode. Am Ende dieser Epoche steht das persönliche Regiment des Feldherrn, wie es Cäsar verwirklichte.