Geschichte: Die Römische Militärmonarchie

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    Der freiwillige Verzicht Sullas hatte noch einmal den Anschein erweckt, als bestünde die Senatsherrschaft der römischen Republik in alter Kraft. Aber bald schon sollte sich zeigen, dass die Optimaten, die vorwiegend aus der früheren Nobilität hervorgegangen waren, sich auf einen starken Mann unter den militärischen Führern stützen mussten, um die drängendsten Aufgaben zu bewältigen. Sie fanden ihn in einem Anhänger Sullas, in Gnaeus Pompejus.


    Ihm gelang es, einen gefährlichen Sklavenaufstand, den Aufruhr des Spartacus (73-71), niederzuwerfen und die Volkspartei der Marius-Anhänger in den Provinzen zu überwinden. Die Lage der Sklaven, dieses "Meeres von Jammer und Elend" (Theodor Mommsen), gebar immer wieder Aufstände, die brutal und blutig niedergeschlagen wurden. In Sizilien ließ der römische Konsul mehr als 20 000 Empörer ans Kreuz schlagen, 6000 Kreuze zwischen Capua und Rom zeugten vom Triumph des Pompejus.

    Zusammen mit einem Angehörigen des Ritterstandes, dem reichen Bankier Crassus, bekleidete Pompejus das Amt des Konsuls, nachdem er zur Volkspartei übergetreten war. Der Senat hatte ihm aus Furcht vor seiner wachsenden Macht die Konsulatswürde verweigert; Pompejus rächte sich als Konsul mit starker Einschränkung der Senatsbefugnisse und einer Wiederherstellung der Gewalt der Tribunen. Vor allem aber baute er, gestützt auf seine militärischen Erfolge - er vernichtete das Seleukidenreich und sicherte Rom die Herrschaft über ganz Kleinasien und Syrien bis zum Westbogen des Euphrat - seine politische Machtstellung planmäßig aus.

    Doch die Haltung des Pompejus nach seiner Rückkehr aus Kleinasien (62) weist ihn als Mann der Übergangszeit aus. Er entließ seine Truppen nach der Landung in Brundisium in der Hoffnung, dass der Senat ihm nunmehr in Anerkennung seiner Leistungen eine führende Stellung in Rom einräumen werde. Aber der Senat weigerte sich, seinen Forderungen auf Veteranenversorgung und auf Billigung seiner nahöstlichen Politik nachzukommen. Damit trieb er Pompejus ins Lager der individualistischen Machtpolitiker. Zusammen mit Cäsar, inzwischen zum Führer der Volkspartei aufgestiegen, und Crassus, dem reichsten Mann Roms, bildete er im Jahr 60 die "Herrschaft der Drei", das erste Triumvirat.

    Der bedeutendste von ihnen, Cäsar, sollte bald die führende Rolle spielen. Der Repräsentant der republikanischen Verfassungsform, der Konsul und geniale Redner Cicero, ging 58 kurzfristig in die Verbannung.

    Cäsar wurde im Jahr 59 Konsul; im Jahr 58, nach Ablauf seiner Amtszeit, erhielt er das auf fünf Jahre ausgedehnte Imperium proconsulare, d.h. den militärischen Oberbefehl in Gallien diesseits (Poebene) und jenseits der Alpen (Südfrankreich). Sogleich begann er mit der Eroberung des Landes, das ihm als Basis für seine Ambitionen in Rom dienen sollte.

    In den Jahren 58-51 unterwarf Cäsar in kluger Ausnutzung der inneren Rivalitäten der gallischen Stämme ganz Gallien. Bis zu seinem Tod im Jahr 44 waren das heutige Frankreich, Belgien und Südholland bis zum Rhein römische Provinzen geworden; auch nach England war er erstmals vorgedrungen. Den Vorstößen der Germanen nach Gallien war Einhalt geboten, die zwischen Maas und Rhein von Cäsar angesiedelten Stämme kamen unter römische Herrschaft. Eine nationale Erhebung der Gallier unter Vercingetorix (52 v.Chr.) wurde unter großen militärischen Anstrengungen niedergeschlagen. Damit war das Keltentum als selbstständiger politischer Faktor in der europäischen Geschichte ausgeschaltet. Westlich des Rheins nahm es gleich den Ureinwohnern, die es zuvor beherrscht hatte, die römische Umgangssprache und Kultur an, östlich davon wurde es germanisiert.

    Während des gallischen Feldzuges hielt Cäsar stetige Fühlung mit dem Geschehen in der Hauptstadt. Seine Mittelsmänner, gestützt auf gallisches Beutegeld, betrieben seine Geschäfte in Rom und sorgten dafür, dass er seine Anhänger unter der breiten Masse behielt. Das Triumvirat, 56 v.Chr. erneut bestätigt, blieb zunächst bestehen. Nach dem Tod des Crassus im Jahr 53 standen Pompejus und Cäsar einander als Konkurrenten um die Macht allein gegenüber.

    Die Unentschlossenheit des Pompejus, die er schon einmal nach seiner Rückkehr aus Asien bewiesen hatte, spielte jetzt wiederum seinem bedeutenderen Gegner die Macht in die Hände. Der Senat versuchte, Cäsar mit Hilfe des Pompejus zu entmachten, und entzog ihm den Oberbefehl in Gallien. Da entschloss sich Cäsar, seine Stellung in Rom mit militärischer Gewalt zu erkämpfen. Er überschritt den Grenzfluss Rubicon, der Gallia Cisalpina vom übrigen Italien trennte, und schlug die ihm von Pompejus und dem Senat entgegengesandten Truppen. Pompejus flüchtete nach Griechenland, um neue Truppen auszuheben. Damit war sein Schicksal besiegelt. Cäsar schlug ihn endgültig bei Pharsalos (48) und zwang ihn zur Flucht nach Ägypten. Bei der Landung dort wurde er ermordet. Die restlichen Heere der Senatspartei wurden bei Thapsus (46) und Munda (45) besiegt. Damit war die seit längerem in Auflösung begriffene Republik endgültig beseitigt.

    Cäsar errichtete in Rom die Alleinherrschaft. Er vereinte in seiner Hand die Diktatur auf Lebenszeit, das Konsulat, das Volkstribunat und das Amt des obersten Priesters. Als Imperator war er Inhaber der höchsten militärischen Gewalt; hier lag auch die eigentliche Basis seiner Macht.

    Die alten verfassungsmäßigen Rechte von Senat und Volksversammlung waren durch die Machtfülle Cäsars ausgeschaltet - diese Institutionen führten fortan nur ein Schattendasein. Cäsar verlieh das Bürgerrecht auch weitgehend den Bewohnern der Provinzen und gab den Städten eine neue Rechts- und Verwaltungsordnung. Das ausbeuterische Steuerpächtersystem schaffte er ab, die Reichssteuern wurden in den Provinzen nun durch Staatsbeamte eingetrieben. Auch die soziale Frage brachte Cäsar durch Siedlungen für Veteranen und entwurzelte Stadtbewohner der Lösung näher. Große Staatsbauten (Basilika Julia, Erweiterung des Forum Julianum) gaben vielen Arbeitslosen Beschäftigung. Schließlich widmete Cäsar seine Aufmerksamkeit auch der Kalenderreform. Im Jahr 46 dekretierte er den nach dem Namen seines Geschlechts benannten Julianischen Kalender mit den 365/366 Tagen des ägyptischen Sonnenjahrs.

    Starke hellenistische Tendenzen wurden in Cäsars persönlichem Regiment sichtbar. So duldete er die orientalische Form göttlicher Verehrung durch das Volk, machte sich damit aber Anhängern der alten Staatsordnung verhasst. Über 60 Senatoren, an der Spitze Cassius und Brutus, verschworen sich gegen ihn. Am 15. März 44 wurde er im Senat ermordet. Cäsar gehört zu jenen großen Gestalten der Weltgeschichte, die, sei es leidenschaftliche Ablehnung oder schrankenlose Bewunderung provozierend, immer wieder die Phantasie der Nachwelt beschäftigt haben. Sein Beiname sollte bald zur Bezeichnung jener Herrschaftsform werden, der sein Wirken den Weg gebahnt hat (Cäsar = Kaiser).

    Den Cäsarmördern gelang es freilich nicht, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Der nun folgende Machtkampf um Cäsars Erbe, der zwischen seinem Mitarbeiter Marcus Antonius und seinem Großneffen und Adoptivsohn Octavianus ausgetragen wurde, zeigt dies deutlich. Über das Zwischenspiel des zweiten Triumvirats der beiden Gegner mit Lepidus, einem Reiteroffizier Cäsars (43 v.Chr.), führte der Gang der Entwicklung zur großen Auseinandersetzung zwischen Mark Anton, der sich als Gemahl der Ägypterkönigin Cleopatra hellenistisch-absolutistisch gab und wie ein Diadochenfürst über den Osten des Reiches herrschte, und Octavian, dem Anhänger römisch-italischer Überlieferung. Sie endete mit dem Sieg Octavians in der Seeschlacht von Actium (31 v.Chr.); Ägypten fiel als letztes Mittelmeergebiet in die Hand Roms. Der gesamte Küstenraum um das Mittelmeer war damit im Imperium Romanum geeint.