Geschichte: Das Reich nach dem Tod Barbarossas

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    Der Tod des Kaisers (1190) stürzte nicht nur sein politisches Werk, sondern auch die Welt des hohen Mittelalters alsbald in eine Krise, die mit dem Untergang beider endete. Am deutlichsten lässt sich diese Wendung zum Nachteil der königlich-kaiserlichen Gewalt an der Entwicklung der Legislative zur Zeit seines Enkels Friedrichs II. ablesen.

    Die Gesetze Friedrichs II. und Heinrichs VII. - wenn auch aus der Kampfstellung gegen die Städte heraus zu verstehen - und die Privilegien für die geistlichen (1220) und weltlichen Fürsten (1231) untergruben den Zusammenhalt des Reiches zugunsten der Territorien.


    Königliche Grundrechte (Regalien) wurden darin den Fürsten übertragen (z.B. Zoll- und Münzrecht, Geleitrecht, Führung des Landesherrn im Gerichtswesen). Die Landeshoheit der Teilfürsten wurde so auch in Grundgesetzen mit Verfassungscharakter festgelegt. Als mit dem unglücklichen Ausgang des großen Kampfes zwischen Kaisertum und Papsttum in der Epoche Friedrichs II. das Schicksal des Staufergeschlechtes wie des Imperiums besiegelt war, begann der letzte Abschnitt der mittelalterlichen Geschichte.

    Friedrich II. (1212-1250), der letzte bedeutende Repräsentant des Staufertums - er war der Sohn Kaiser Heinrichs VI. und der Erbin von Sizilien, Konstanze, der Tochter König Rogers II. - war in seinem Wesen und Wollen mehr von normannisch-sizilischer als von deutscher Tradition geprägt.

    Er soll neun Sprachen gesprochen und sieben geschrieben haben. Er verachtete alles, was dem mittelalterlichen Weltbild wesentlich war. Friedrich sah die Welt mit den Augen eines "modernen" Naturforschers. Sizilien, seine Heimat, Schnittpunkt vieler kultureller Strömungen byzantinischer, arabischer und abendländischer Herkunft, bereitete den Boden für die Loslösung von christlich-abendländischen Traditionen in Glaube und Gesittung. Hier erwuchs eine geistige Elite, die sich durch hohe Rationalität und individualistische Lebenshaltung auszeichnete. In dieser Welt war auch der hochbegabte junge Staufer zu Hause. Seine Vermählung mit Konstanze von Aragon (1208) dehnte den sizilischen Einfluss auf das westliche Mittelmeer aus. Seine Hausmacht war gefestigt, als er auf Wunsch des Papstes in die staufisch-welfischen Auseinandersetzungen im Reich eingriff, um gegen Otto IV. (1198-1215) als Gegenkandidat aufzutreten.

    Dabei leitete ihn die Idee eines abendländischen Universalreiches nach dem Vorbild des Augustus und der großen römischen Cäsaren. Die Gottähnlichkeit des Kaisers betonte er dabei bewusst; seinen politischen Handlungswillen beherrschten bereits machiavellistische Züge.

    Das politische Ziel Friedrichs II. war es, seine sizilische Hausmacht, seinen "totalen Staat", auf ganz Italien auszudehnen und durch die Beherrschung des Herzogtums Österreich das italienische Herrschaftsgebiet vom Norden her abzusichern. Damit hoffte er zugleich - trotz aller Zugeständnisse gegenüber dem hohen Lehnsadel Deutschlands -, des zentrifugalen deutschen Partikularismus Herr zu werden. Vielleicht wäre dieser Plan auch gelungen, hätte nicht das Wiederaufleben des Kampfes mit dem Papsttum, das sich gerade durch eine solche Politik schwer bedroht sah, seine Verwirklichung verhindert. Das Bündnis des Papstes mit den Städten Oberitaliens brach in einem elfjährigen Ringen (1239-1250) die sizilisch-staufische Machtstellung in Italien. Das spätmittelalterliche Kaisertum nach der kaiserlosen Zeit des Interregnums (1256-1273) ist nicht mehr mit dem Imperium des Hochmittelalters vergleichbar. Nach der Verschleuderung des Reichsguts war der Kaiser nur noch als Besitzer einer großen Hausmacht regierungsfähig. So degenerierte das Kaisertum zu einer äußerlichen Würde ohne entscheidenden Machtzuwachs.


    Der Gründer der habsburgischen Dynastie, König Rudolf I. (1273-1291), war schon ein Kind der neuen bürgerlichen Zeit. Unscheinbar war sein Auftreten im grauen Wams; Derbheit, Tüchtigkeit und Sparsamkeit zeichneten ihn aus. Er verschmähte alles Ritterliche und liebte die bürgerlichen Meister.

    Die Bedeutung der Landesfürsten zeigt sich aber auch darin, dass die mächtigsten unter ihnen in die Rolle der allein zur Kaiserwahl berechtigten Kurfürsten hineinwuchsen. 1338 legte der Kurverein von Rhense fest, dass nur die Wahl durch die Kurfürsten rechtsgültig sein sollte. Der Krönung in Rom kam nur noch formale Bedeutung zu. Die Goldene Bulle von 1356 regelte endgültig die Königswahl und das Reichstagsrecht und machte die Kurfürsten zu den eigentlichen Trägern der Reichsgewalt.

    Dieser Zusammenbruch der deutschen Kaisergewalt ließ nicht nur Deutschland, sondern auch Italien in völliger Zersplitterung zurück. Das in sich gefestigte Königreich Sizilien geriet in seinem Nordteil zuerst in französische, danach in spanische Hände; im übrigen Italien kämpften zum Ende des Mittelalters die Teilgewalten erbittert untereinander. Dabei spielten auch die schon in der Stauferzeit zur Eigenmacht gelangten oberitalienischen Handelsstädte eine gewichtige Rolle. Am Ende des Mittelalters stehen neben dem Kirchenstaat die Staaten Mailand, Genua, Venedig, Florenz und Neapel als Hauptmächte, die meist unter den von Tyrannen begründeten Dynastien ihren größten Aufstieg erleben. Dies gilt nicht für die Adelsrepubliken Venedig und Genua, wohl aber für die Medici in Florenz und die Visconti und Sforza in Mailand. Neapel aber wurde dem alten Normannenstaat unter seinem (mittlerweile) spanischen Herrscher (Aragon) wieder eingefügt; es gab schließlich dem Gesamtstaat den Namen.