Fotografie (Kunst)
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Inhaltsverzeichnis
Die Anfänge im 19 Jahrhundert
Die künstlerische Fotografie existiert seit dem späten Biedermeier (Mitte des 19. Jh.s), damals als Bemühen um möglichst getreue Abbildung der Wirklichkeit und somit Ausdruck einer bürgerlichen, vernunftbezogenen Weltsicht.
Arbeiten dieser Zeit stammen von N. Niepce, L.J.M. Daguerre, W.H.F. Talbot (so genannter "Entdecker" der Fotografie) und von H. Bayard (1801-1887), der experimentell arbeitete und allgemeine gesellschaftliche Stimmungen durch künstlerische Fotografie einzufangen vermochte (Fotos vom Montmartre).
Die Porträtfotografie
Seit Beginn der Fotografie war die Porträtfotografie sehr verbreitet. In ihr drückten sich bürgerlicher Individualismus und Selbstbewusstsein aus; herausragende, natürliche und ungestellte Porträtfotos schufen D.O. Hill (1802-1870), R. Adamson (1821-1848), auch J.M. Cameron (1815-1870). Im 20. Jh. erfuhr die Porträtfotografie einen grundlegenden Wandel; sie spiegelte jetzt eine soziologisch geschärfte Sichtweise wider. Es wurden nun z.B. in den Porträts alle gesellschaftlichen Schichten (der Weimarer Republik) fotografiert, so in den Arbeiten von G. Freund (geboren 1912), H. Erfurth, L. Strehlow, Y. Karsch.
Die Landschaftsfotografie
Die zunächst unwichtige Landschaftsfotografie eroberte sich allmählich einen Platz in der künstlerischen Fotografie durch Fotografen wie H. Kühn (impressionistischer Stil), die Amerikaner T. O'Sullivan (1840-1942), C.E. Watkins (1829-1916) - seine Sierra-Nevada-Fotos führten 1890 zu Naturschutzregelungen für diese Region - und A. Adams (geboren 1902, gestorben 1984).
Die Architekturfotografie
Frankreich beschloss im 19. Jh. die fotografische Auflistung historischer Denkmäler und begründete die Architekturfotografie; deren bedeutendste Vertreter waren E. Atget (1856-1927), in Deutschland W. Hege (1893-1955). Im Zusammenhang mit der Architekturfotografie entstanden Industrie- und Sachfotografie mit Künstlern wie K. Bloßfeld (geboren 1865, gestorben 1932), A. Renger-Patzsch (1897-1966), C. Sheeler (1883-1965), R. Hallensleben (1898-1977) u.a. Hier verdrängte der dokumentarische Anspruch die subjektiven Elemente der Fotografie, es entstand eine Objektivierung in der Fotografie, die durch die vergleichende fotografische Methode von H. Becher (geboren 1934) und B. Becher (geboren 1931) noch weiter entwickelt wurde: Rigoros in Stil und Systematik, schufen sie mit Fotos typisch technischer Bauwerke historische Dokumente.
Werbe- und Modefotografie
Korrespondierend zur Sachfotografie entwickelten sich Werbe- und Modefotografie, Letztere als Mischung von Akt- und Sachfotografie, zur Abbildung gesellschaftlicher Oberflächentrends und mondäner "Traumwelten" (B. de Meyer, 1868-1949; G. Hoyningen-Huene, 1900-1968; E. Steichen, 1879-1973). Der Fotograf H. Newton (1920-2004) objektiviert, anknüpfend an den Sachfotografen E. Weston, den menschlichen Körper zur Requisite der Moderne. Unbefangene Aktfotografie schufen dagegen E.J. Bellocq (Jahrhundertwende) und F. Eugene (1856-1936), während B. Brandt (1905-1983), R. Avedon (1923-2004), K. Székessy mit der Aktfotografie experimentierten.
Mit fototechnologischem Fortschritt (Lichtempfindlichkeit, Handhabbarkeit u.Ä.) wurde die fotografische Wiedergabe einzelner Bewegungselemente möglich. Das Leben auf der Straße, am Arbeitsplatz, in der Freizeit konnte durch Livefotografie eingefangen werden; Vertreter sind A. Stieglitz und, mit sozialkritischem Engagement, J. Riis und L.W. Hine (1874-1940). W. Evans (1903-1975), B. Shahn, D. Lange, A. Rothstein realisierten im staatlichen Auftrag ("Farm Security Administrations") die systematische fotografische Erfassung eines ganzen Komplexes amerikanischer Wirklichkeit (im mittleren Westen).
Die Fotoreportage
Ähnlich arbeitet die Fotoreportage, die Bildserien herstellt und zwischen 1920 und 1950 (durch Massenpresse) einen Höhepunkt erlebte. Bedeutendste Bildreporter waren M. Munkacsi (1896-1963), E. Salomon, F.H. Man, A. Eisenstaedt, W. Weber (geboren 1902), M. Bourke-White (1904-1971), A. Kertész. Die Livefotografie wurde von H. Cartier-Bresson, Weegee (A. Felling), R. Frank (geboren 1937) und H. Pabel zur Diagnose der Wirklichkeit entwickelt. Beide Momente (systematische Erfassung und Diagnose) sind in der Kriegsfotografie enthalten. R. Fenton (1819-1869) dokumentierte den Krimkrieg, M. Brady (1823-1896) den nordamerikanischen Bürgerkrieg (weitere Kriegsfotografen: R. Capa, D. Seymour, W. Bischof).
Die Fotografie im ausgehenden 20. Jahrhundert
Heute hat das Fernsehen die Darstellung der Wirklichkeit weitgehend übernommen, so dass die Fotografie stärker als legitime Kunstform des technischen Zeitalters gesehen wird. Die bisherige Reduzierung der künstlerischen Fotografie auf die experimentelle Fotografie wird dabei überwunden. Die Fotografie ist nicht mehr nur eine mechanistische Wiedergabe der Realitäten.
Eine Form künstlerischer Fotografie ist die Fotografik. Durch Isohelie, Pseudosolarisation oder kameralose Fotografie (direkte Abbildung auf sehr lichtempfindlichem Material) wurden spezifisch grafische Effekte erzielt, z.B. das Fotogramm ("Schadografie" des Malers C. Schad, die "Rayografie" von M. Ray, die Arbeiten R. Hausmanns u.a.).
Aus kubistischen Collagen entstand die Fotomontage als Klebemontage (Reproduktion eines Bildes aus mehreren Fotos) oder als Lichtmontage (durch Vielfachbelichtung, Einkopieren usw.). Deren bekannteste Vertreter sind: L. Moholy-Nagy, H. Beyer, G. Grosz, J. Heartfield, mit provozierenden Bildmotiven L. Krims (geboren 1943) und Klaus Staeck. O. Steinert initiierte die künstlerische Strömung der "subjektiven Fotografie" als besondere Betonung individueller Bildaussage und künstlerischer Fotografie. Wirkungen abstrakter Malerei auf ihre Fotografie zeigen A. Siskind, H. Hajek-Halke; von Pop-Art beeinflusst sind A. Feininger, R. Häusser (geboren 1924), L. Friedländer (geboren 1934) u.a.
Happening, Body-Art, Konzeptkunst, Land-Art, Spurensicherung, Prozesskunst haben ihre spezifischen Wirkungen auf die künstlerische Fotografie als mediale Ideenvermittlung durch Präsentation künstlerischer Aktionen. Die Fotosequenz gilt als eigenständige Richtung: Durch Reihung der Fotos werden bestimmte Ideen, Ereignisse, Zustände manifestiert; so D. Michals (geboren 1932), F.M. Neusüß (geboren 1937), D. Oppenheim (geboren 1938).
Als Theorie der ästhetischen Wirkungen der Fotografie versteht sich die Fotoästhetik: Die Fotografie wird als visuelles Mittel der Kommunikation untersucht, ihre spezifische Wirkung auf den Betrachter, ihre Bedeutung für Individuum und Gesellschaft. Die Fotografie schafft neue Seh- und Vorstellungsmöglichkeiten, produziert ästhetische Reize zur Erklärung bzw. Durchdringung natürlicher und gesellschaftlicher Wirklichkeit.
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