Entdeckungsreisen

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    Sammelbezeichnung für alle expeditionsähnlichen Unternehmungen, deren Hauptziel die Erforschung bislang kartografisch nicht erfasster Gebiete ist.


    Geschichte

    Hauptmotive für Entdeckungsreisen waren im Altertum die Suche nach Gold und anderen Metallrohstoffen, nach Nahrung, Gewürzen, Sklaven, nach neuen Handelswegen, aber auch schon der geografische Wissenstrieb.

    Die Ägypter unternahmen vermutlich um 2360 v.Chr. die erste Fahrt nach dem Lande Punt (Sudan-, Eritrea- oder Somaliküste). Sie erforschten vor dem 10. Jh. v.Chr. große Gebiete des oberen Nils. Die Phöniker erreichten im 5. Jh. v.Chr. die Azoren. Beide Völker fuhren zu den Küsten Ostafrikas und Arabiens zum Warenaustausch und Sklavenerwerb. Um 600 v.Chr. umfuhren (nach Herodot) Phöniker im Auftrag des ägyptischen Königs Necho ganz Afrika von Ost (Rotes Meer) bis West (Straße von Gibraltar). Der Phöniker (Karthager) Hanno gelangte um 510 v.Chr. bis Kamerun.

    Die Griechen lösten die Phöniker als führendes Seefahrervolk ab, sie erforschten und besiedelten die Küsten des Schwarzen Meeres. Der Kaufmann Pytheas gelangte etwa 325 v.Chr. zu den Orkneyinseln und vielleicht in die Ostsee. Alexander der Große wollte bis zu den Ostgrenzen der bewohnten Welt vorstoßen (Indienzug 327-325 v.Chr.), aber sein meuterndes Heer zwang ihn zu vorzeitiger Umkehr. Auf dem Rückzug erfolgte die Umsegelung Arabiens durch die makedonische Flotte.

    Die Römer trugen v.a. aus macht- und militärpolitischen Gründen zur Erschließung neuer Verkehrswege und unbekannter Gebiete bei: Unter Augustus und Tiberius wurden Erkundungsreisen in die Libysche Wüste und zum mittleren Nillauf, unter Claudius ins Atlasgebirge unternommen. Agricola umsegelte 84 n.Chr. ganz Britannien. Vermutlich gelang auch die Durchquerung der Sahara bis zum Tschadsee durch römische Expedition. Doch gab es keine planvollen und großzügigen Entdeckungsfahrten, weil die Römer eigentlich kein Seefahrervolk waren.

    Insgesamt ergibt sich für die Entdeckungsfahrten des Altertums, dass man sich im Wesentlichen auf den (weiteren) Mittelmeerraum beschränkte. Die Schifffahrt der Alten Welt war nur Küstenschifffahrt, der "Weltverkehr" des Römischen Reiches blieb auf die "terra cognita" (bekanntes Land) beschränkt. Die Expeditionen des Altertums machten im Allgemeinen vor dem großen Ozean und den Tropenzonen Halt (obwohl es vereinzelt schon Handelsverkehr mit Indien und China gab).

    Seit etwa 1000 n.Chr. wurden die Araber aus wissenschaftlichen, machtpolitischen, missionarischen und Handelsgründen zu Entdeckern: Erkundung großer Teile Südost-, Ost- und Westasiens, der afrikanischen Sudanzone (Sultanat Kanem-Bornu am Tschadsee, Niger-Stadt Timbuktu, Islamische Haussastaaten, Vorstoß bis ins Königreich Ghana).

    Die Normannen befuhren um 1000 n.Chr. den Atlantik, siedelten auf Island, entdeckten Grönland (Erik der Rote) und erreichten das Festland Nordamerikas (Leif Eriksson).

    Westeuropas Interesse im Mittelalter galt dem Fernen Osten, dem Wunderland Indien und dem sagenhaften China. Zunächst bestand keine direkte Verbindung, man kannte diese Länder nur über die Vermittlung durch die Araber und Mongolen. Als erster Europäer zog Marco Polo 1271-95 durch ganz Asien.

    Der Beginn der eigentlichen europäischen Entdeckungsgeschichte ist aber erst im 15. Jh. anzusetzen. Dabei war der Kompass ein wichtiges Hilfsmittel. Man kann den Fall Konstantinopels (1453) und den Bankrott der von ihren Handelsverbindungen abgeschnittenen italienischen Städte als entscheidenden Anlass für die Suche nach neuen Schifffahrtsrouten ansehen. Es wurde Ersatz für den Orienthandel benötigt.

    So begann die Suche nach einem Seeweg zu den Gewürzländern Ostindiens. Andere bestimmende Motive waren der abendländische, der Antike unbekannte Drang in die Ferne, Abenteuerlust und Kreuzzugsgeist. Führend waren zunächst die Genuesen (Kanarische Inseln), dann die Portugiesen (planmäßige nautische Vorbereitungen unter Heinrich dem Seefahrer): Sie umfuhren 1415 Kap Nun, 1433 Kap Bojador, 1441 Kap Blanco, 1445 Kap Verde, 1447 Kap Leone, fuhren 1455 auf dem Senegal, 1483 auf dem Kongo ins Innere Afrikas, 1486 erreichte Bartholomeu Diaz die Südspitze Afrikas, und 1498 verwirklichte Vasco da Gama den Plan der Afrikaumsegelung (Kap der Guten Hoffnung) und in Fortsetzung der Umfahrung die Überquerung des Indischen Ozeans. Er legte damit den Grund zur europäischen Herrschaft in Vorder-(Ost-)Indien. Neben den Portugiesen machten v.a. die Spanier große überseeische Entdeckungen.

    In ihrem Dienst stand Christoph Kolumbus, der durch die falschen Erdumfangsberechnungen der Zeit zur Fahrt nach Westen angeregt wurde und glaubte, in San Salvador, Kuba und Haiti "westindische" Inseln gefunden zu haben. Die spanisch-portugiesische Rivalität um den Besitz der neu entdeckten Länder wurde durch Festlegung der Demarkierungslinie 1494 (Vertrag von Tordesillas) geschlichtet.

    1497 entdeckte Caboto Labrador und Neufundland, 1500 Cabral Brasilien. Der an einer portugiesischen Expedition nach Südamerika beteiligte Florentiner Amerigo Vespucci hielt als Erster die entdeckten Landteile für einen eigenen Kontinent. Damit begann die Zeit der Abenteurer und Eroberer, der Konquistadoren (Pizarro, Cortés). Balboa überschritt 1513 die Landenge von Panama und gelangte als erster Europäer an die westliche "Südsee" (Stiller Ozean). Die Weltumseglung des Magellan 1519-1522 war ein Höhepunkt dieser Zeit der Entdeckungen. Magellans Fahrt erbrachte den Beweis dafür, dass der Erdumfang um das Doppelte größer war, als die Zeitgenossen vermuteten, und dass es eine Verbindung zwischen den Weltmeere gab.

    Der Fortgang der Entdeckungen erfolgte im Zeichen des europäischen Kolonialismus und der modernen Wissenschaft. Die weitere Vervollkommnung der Navigationsmethoden (Landkarten) ermöglichte planvolle Erkundungsfahrten. 1585-87 entdeckte Davis die Davisstraße, 1594-97 erforschte Barents Nowaja Semlja und das Karische Meer, seit 1603 erkundeten die Franzosen (Champlain) die Ströme Kanadas, 1609-10 entdeckte Hudson die Hudsonbai und den Hudsonfluss, 1616 Baffin die Baffinbucht, 1642 Tasman in der Südsee Tasmanien und Neuseeland. 1728 durchfuhr Bering die Beringstraße zwischen Asien und Amerika, 1768 erreichte Bougainville die Salomoninseln, Tahiti und Neuguinea, 1768-80 befuhr Cook alle Weltmeere und umrundete die südliche Halbkugel.

    Im 19. Jh. erfolgte dann die Erforschung Innerafrikas: 1850-55 Barth; 1852-59 und 1867-73 Livingstone; 1863-67 und 1878 Rohlfs; 1869-74 Nachtigal; 1869-70 Schweinfurth; 1874-77 Stanley; 1876-92 Emin Pascha.

    Die geografischen und kulturellen Rätsel Asiens erforschten besonders von Richthofen (1868-72), Sven Hedin (1894-97, 1899, 1905-08) und Filchner (1904, 1926-28). Bei dem Versuch, als Erste den Nordpol zu erreichen, zeichneten sich 1888 Nansen und 1903-06 Amundsen aus. 1909 erreichte Peary den Pol. Im Wettlauf zum Südpol blieb Amundsen 1911 Sieger vor Scott.

    Nach dem Ersten Weltkrieg konnten moderne technische Hilfsmittel bei der Erforschung unzugänglicher Regionen eingesetzt werden (1926 überflogen Amundsen und Nobile mit einem Luftschiff den Nordpol, nur wenige Tage nach Byrd, der 1929 auch mit dem Flugzeug den Südpol erkundete). 1921 zog die erste Mount-Everest-Expedition zur Bezwingung des höchsten Berges der Welt aus, die allerdings erst 1953 Hillary gelang. Die Durchforschung der Antarktis und anderer Erdzonen erfolgte seit 1957 im (verlängerten) Internationalen Geophysikalischen Jahr.

    Kalenderblatt - 26. April

    1925 Hindenburg wird zum Reichspräsidenten gewählt.
    1954 Eröffnung der Ostasien-Konferenz in Genf, auf der über die Koreafrage und den Frieden Indochinas beraten werden soll.
    1974 Der Bundestag stimmt über die Reform des § 218 ab und entscheidet sich für die Fristenlösung, die aber am 25. Februar vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wird.