Islamische Kunst und Kultur

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    Dieser Begriff bezeichnet die Kunst und Kultur der sich zur Religion des Islam bekennenden Völker.

    Während des Zeitraums vom 9. bis zum 14. Jh. waren diese Völker führend auf nahezu allen Gebieten, vor allen Dingen im Bereich der Naturwissenschaften, aber auch in den bildenden Künsten. In der Baukunst entwickelten sie die Ornamentik als bestimmendes Element in höchster Vollendung, da der Islam die Darstellung von Personen verbietet, und Abbilder der realen Welt nur eingeschränkt zulässt. Man spricht von der Zeit der arabischen Blüte. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch alle wissenschaftlichen Grundlagen, die das antike Griechenland erarbeitet hatte, aufgezeichnet. Das Abendland erlernte diese Dinge erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts von den Osmanen.


    Aber auch im Bereich der Literatur entwickelte sich eine Blüte, die stark religiös beeinflusst war, aber größere Freiheiten als die westliche Kultur genoss. Charakteristisch für die islamische Kunst war eine der Spätantike verpflichtete, schmückend angewandte Kunst ohne grundsätzliche Trennung des religiösen und profanen Bereiches. Die Architektur wurde von Backsteinbauten beherrscht. Die ersten Moscheen waren einfache Bauten um einen quadratischen Innenhof mit Arkadeneinfassung. Sie entwickelten sich in der Blütezeit zu von Kuppeln überdachten Gebetshallen, die von zahlreichen feinausgeführten Minaretten umrahmt wurden. Auch Profanbauten erlebten eine feinere, bilderfreudige Ausführung, die sich besonders in den Herrscherpalästen widerspiegelte.

    Unterschieden werden mehrere Entwicklungsstufen:

    Omaijadenstil (661 bis 750)

    Nach anfänglicher architektonischer Orientierung am Bautypus des arabischen Wohnhofes wandte sich die islamische Baukunst der Auseinandersetzung mit christlichen und nichtchristlichen Kultbauten zu. Dabei entstanden unter anderem der Felsendom in Jerusalem (691) und die Große Moschee in Damaskus (705-715). Der Typus der Hofmoschee, in Damaskus entwickelt, beeinflusste mit seiner Bauweise (mehrschiffiger Betsaal und Arkadenhof) die folgenden omaijadischen Moscheen etwa in Basra und Al Kufa in Mesopotamien, Al Fustat (heute Kairo) in Ägypten und Tunis und Kairuan in Nordafrika. Den Höhepunkt des Baustils stellt die Moschee in Cordoba dar (785 begonnen).

    Abbasidenstil (749 bis 1258)

    Die Verlegung der Kalifenresidenz von Damaskus nach Bagdad (762) beeinflusste auch die Architektur. Fortan dominierten mesopotanische Dekoration und sassanidische Bauformen (Große Moschee von Samarra, 838-852; Moschee des Achmed Ibn Tulun in Kairo, 876/877-879; Palastbauten bei Kerbela und Samarra, 9. Jh.). Keramik, Seidenweberei und Metalltauschierung waren vorherrschend im Kunsthandwerk.

    Fatimidenstil (909 bis 1171) in Ägypten und Syrien

    Der omaijadische Stil wurde in der Bauweise von Palästen und Hofmoscheen in Kairo übernommen. Dabei entwickelten sich erste Stalaktit- und Arabeskenformen in der Al-Akmar-Moschee (vor 1125); Einfluss kunsthandwerklicher Arbeiten auf die europäische Kunst.

    Seldschukenstil (11. bis 13. Jh.) in Iran, Kleinasien und Mesopotamien

    Eine neue Orientierung im Moscheebau bewirkte die schiitische Medrese mit ihren kreuzförmig angeordneten Hörsälen (Freitagsmoschee in Isfahan, Ende 11. Jh.). Eine erste Miniaturistenschule wurde in Bagdad gegründet, die Kunst des Teppichknüpfens entwickelte sich in Persien und Anatolien.

    Persisch-mongolischer Stil (13. bis 15. Jh.) in Iran und Transoxanien (Buchara)

    Seldschukische Architektur und üppige Stuckverzierungen prägten stilistisch die Medresen, Moscheen und Grabbauten der Ilkhane (1258-1336) in Persien und der Timuriden (seit 1369) in Samarkand. Die Bauten zeichnen sich auch durch reiches Fayencedekor aus (Gur-i-Mir in Samarkand, 1404-05; Blaue Moschee in Täbris, 1465/66). Ostasiatische Einflüsse setzten sich in Miniaturmalerei und Teppichknüpfkunst durch.

    Mameluckenstil (1250 bis 1517) in Ägypten und Syrien

    In der Architektur verknüpften sich stilistische Elemente der seldschukischen Prachtbauten mit denen der Medrese (Sultan-Hasan-Moschee, 1356-63), der Grabmoschee mit denen des Klosters (Faradsch Ibn Barkuk-Moschee, 1400-10; beide in Kairo). Prächtige Handschriften und Emailmalereien gehörten zu den herausragenden Erzeugnissen im Kunsthandwerk.

    Maurischer Stil (12. bis 15. Jh.) in Spanien und Nordafrika

    Der Baustil der alten Hofmoschee dominierte, bereichert durch Minaretts auf quadratischem Grundriss (Giralda in Sevilla, 1184-98; Minarett der Hasan-Moschee in Rabat, 1195/96). Als bedeutendster erhaltener Profanbau des maurischen Stils gilt die Alhambra in Granada (13.-14. Jh.), deren Ornamentik und Stalaktitenkunst die islamische Architektur in Nordafrika prägte.

    Safawidenstil (1500 bis 1722) in Persien

    Der geschlossene Baustil der Paläste löste sich auf in Pavillonsysteme und Gärten, die Moscheen wurden ganz mit Mosaiken besetzt (Lotfollah-Moschee in Isfahan, 1602-19).

    Mogulstil (16. bis 18. Jh.) in Hindustan

    Indische und islamische Stilelemente kamen in der Grabarchitektur zusammen (Tadsch Mahal in Agra, 1630-48) und im Palastbau (Fatehpur-Sikri, 16. Jh.), dessen Kuppelbauten reich verziert waren.

    Osmanischer Stil (14. bis 19. Jh.) in der Türkei

    Moscheen mit Zentralkuppeln entstanden in den unterschiedlichsten Formen (Prinzenmoschee, 1544-48, und Sulaiman-Moschee, 1550-57, in Istanbul; Selimiye-Moschee in Edirne, 1567-75). Diese architektonischen Formen hatten bis ins 19. Jh. auch Einfluss auf die städtischen Profanbauten.