Tiergeografie

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    auch: Zoogeografie, Geozoologie;

    Teilgebiet der Biogeografie; Wissenschaft von der Verbreitung der Tiere auf der Erde und die historischen und ökologischen Ursachen dafür. Für die Erklärung der Zusammenhänge werden auch andere Wissenschaften wie z.B. die Paläontologie, Geografie und Geologie herangezogen.

    Die geologische und paläontologische Vergangenheit eines geografischen Gebietes, sein Klima und Boden sowie die Zusammensetzung seiner Pflanzenwelt (bei Wassertieren auch die chemisch-physikalischen Verhältnisse des Lebensraumes) bestimmen seine Fauna, seine Tierwelt. Die Verbreitungsmöglichkeit einer Tierart wird bestimmt durch ihre Ausbreitungsmittel. Dazu zählen die aktive Ortsbewegung, besonders das Fliegen; so gibt es beispielsweise Fledermäuse in Gebieten, wo höhere Säuger sonst fehlen, wie in Australien; passive Ausbreitung erfolgt vor allem durch den Wind, der Vögel und Insekten in ferne Gebiete verschlagen kann. Meeresströmungen können selbst größere Säuger mit Treibeis oder Treibholz zu fernen Küsten bringen, Wasservögel können Eier oder kleinere Wasserbewohner verschleppen, und der Mensch und seine Transporteinrichtungen verbreiten Ratten, Mäuse, Insekten usw. Einfluss auf die Verbreitung nehmen auch Ausbreitungshemmnisse (vor allem Klima und Wasser, aber auch Gebirge, Wüsten, Steppen, oft auch das Angewiesensein auf bestimmte Nahrungspflanzen oder Beutetiere). Sind Tierarten von jeher nur in einem bestimmten Gebiet heimisch, so bezeichnet man sie als endemisch. Sind sie eingewandert, nennt man sie Immigranten. Kosmopoliten kommen auf der ganzen Erde vor (Wanderratte, Distelfalter), zonare Arten sind auf bestimmte Klimazonen beschränkt, insulare auf bestimmte Inseln. Kommen gleiche oder ähnliche Arten an weit voneinander getrennten Stellen vor (z.B. Tapire in Südamerika und Südostasien), so spricht man von einer diskontinuierlichen Verbreitung dieser Arten.

    Was die regionale Verteilung der Tierarten auf dem Festland der Erde betrifft, so gliedert man diese in eine Reihe von Regionen, Subregionen und Provinzen.

    Paläarktische Region

    Die Paläarktische Region umfasst Europa, einen großen Teil Asiens und das gesamte Nordafrika. Vorwiegend in dieser Region entwickelten sich Hirsche, Rinder, Ziegen, Schafe und Kamele. Die Europäische Subregion besitzt Maulwurf und Bisamspitzmaus als Leitformen, außerdem Eichhörnchen, Biber, Hamster, Braunbär, Finken und Sänger. Die mediterrane Subregion ist besonders reich an Reptilien. Zur Zentralasiatischen Subregion zählen zahlreiche Pelztiere, die Pfeifhasen, das zweihöckerige Kamel, Jak und Bambusbär. Die mandschurische Subregion schließlich brachte zahlreiche Hirscharten hervor, ferner Fasane und den Riesensalamander.

    Orientalische Region

    Die tropische Orientalische (Indische) Region umfasst Süd- und Ostasien. Bemerkenswert sind auf Borneo und Sumatra der Orang-Utan, in Hinterindien der Gibbon, ferner Pelzflatterer, Büffel, besondere Elefanten- und Nashornarten, der Moschushirsch sowie zahlreiche Hühnervögel. Die Region wird unterteilt in die vorderindische, indische, hinterindische, sudanesische, philippinische und celebesische Subregion.

    Äthiopische Region

    Afrika südlich der Sahara ist ein abgeschlossenes Faunengebiet und bildet die Äthiopische Region. Bemerkenswert sind zahlreiche Huftiere, daneben Flusspferde, Giraffen, Nashorn, Elefant, Zebra, Schakale, Erdferkel, Gorilla, Schimpanse, Paviane, Meerkatzen sowie unter den Vögeln die Nashornvögel und der afrikanische Strauß. Es fehlen die Bären, Maulwürfe, Hirsche, Ziegen, Tapire, Schafe, Rinder und Schweine. Die Region gliedert sich in eine westafrikanische, ostafrikanische, südafrikanische und madagassische Subregion. Letztere ist durch zahlreiche Arten von Halbaffen und Insektenfressern ausgezeichnet.

    Nearktische Region

    Die Nearktische Region wird aus Nordamerika und Mexiko gebildet. Dachs, Reh, Wildschwein und echte Mäuse fehlen. Für die kanadische Subregion sind Luchs, Vielfraß, Elch, Ren und Lemming typisch. In der so genannten Übergangsregion treffen nördliche und südliche Formen zusammen, z.B. Wapitihirsch und Präriehund. Für die sonorische Subregion schließlich sind aus dem Süden eingedrungene neotropische Formen charakteristisch; zu ihnen zählen Opossum und Gürteltier.

    Neotropische Region

    Diese Neotropische Region umfasst Mittel- und Südamerika, das bis zum Beginn des Tertiärs keine Landverbindung zum nördlichen Teil des amerikanischen Kontinentes besaß. Die Beutelratten sind ganz auf Südamerika beschränkt.In jüngster Vergangenheit ist das Opossum ebenso wie das Gürteltier nach Norden vorgedrungen. Weitere typische Vertreter der neotropischen Region sind Ameisenbär, Faultier, Meerschweinchen, Chinchilla, Lama und Tapir. Ursprünglich fehlten Pferde, Rinder, Schweine, Schafe und Raubtiere. Unter den Affen sind die Breitnasenaffen (Neuweltaffen) weit verbreitet, unter den Vögeln Nandus, Kondor und Kolibris, unter den Reptilien Kaimane, Leguane und Riesenschlangen. Die Schmetterlings- und Käferfauna übertrifft an Mannigfaltigkeit diejenige aller anderen Regionen. Für die chilenische Subregion sind Lama und Chinchilla typisch; die weiteren Subregionen sind die brasilianische, mexikanische und die westindische.

    Neotropische Region

    Die Australische Region wird gegliedert in die austromalaiische, australische, polynesische und neuseeländische Subregion. Die australische Subregion ist beschränkt auf Australien und Tasmanien. Alle Säuger (mit Ausnahme einiger Fledermäuse und vom Menschen eingeführter Arten wie verschiedene Nagetiere, Hunde usw.) sind Beuteltiere; auch die Kloakentiere sind hier heimisch. Unter den Vögeln sind Emu und Leierschwanz zu nennen; auch der Lungenfisch Ceratodus ist bemerkenswert. Das ganze Gebiet ist reich an urzeitlichen Formen, die sich auf Grund der frühen Absonderung der Insel von der Feslandmasse erhalten konnten. Die Neuseeländische Subregion zeigt als Besonderheiten Kiwi, Brückenechse und die ausgerotteten Laufvögel Moas. Die polynesische Subregion umfasst die zahllosen Inseln des Pazifiks, auf denen sich viele Besonderheiten der Fauna entwickelt haben. Mit Ausnahme von Mäusen und Fledermäusen fehlen Säuger. Die austro-malaiische Subregion ist eine Übergangsregion; besonders im Bereich der Molukken treten Formen auf, die auch in der orientalischen Region vorkommen. Der Mittelpunkt dieser Subregion ist Neu-Guinea mit einer einzigartigen Vogelwelt (Paradiesvögel, Großfußhühner, Kasuare).

    Arktische Region

    Schließlich zählt man die nördlichsten Teile von Europa, Asien und Amerika sowie Grönland und die Inseln des Nordmeers zur Arktischen Region, die sich südwärts etwa bis zur Baumgrenze erstreckt. Typisch sind Rentiere, der Moschusochse, Lemming, Schneehase, Eisbär, Vielfrass, Wolf, Blaufuchs, Eisfüchse und Schneehuhn; im Meer Wale und Robben.

    Antarktische Region

    Die Antarktische Region umfasst das um den Südpol gelegene Festland und die Inseln mit Pinguinen, Sturmvögeln und Albatrossen; hier fehlen landbewohnende Säuger völlig.

    Seeregionen

    Zu den Seeregionen zählen eine Nord- wie eine Südpolarregion, eine Nordatlantische und eine Atlantische Region, eine Australische Seeregion, eine indo-pazifische, eine japanische und eine westamerikanische Region.

    Meerestiefen

    Auch durch die einzelnen Meerestiefen kommen Unterschiede in der Meeresfauna zustande. Man differenziert hier zwischen Tiefseefauna, Küstenfauna und pelagischen Faunen. Die Tiefseefauna schwimmt, kriecht oder ist auf dem Boden der Ozeane festgewachsen. Die Küstenfauna, teils frei beweglich, teils festsitzend, bewohnt die pflanzenbewachsenen Ufer der Meere und bewegt sich allenfalls einige 100 m in die Tiefe. Unter pelagischer Fauna versteht man die Tiere, die frei im Wasser schweben wie viele Zölenteraten, Krebse und Mollusken, aber auch mikroskopische Formen (z.B. Radiolarien), die zusammen mit den entsprechenden pflanzlichen Formen das Plankton der Meere bilden.