Römisches Reich

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    (lateinisch: Imperium Romanum)

    das bedeutendste und machtvollste staatliche Gebilde des Altertums, entwickelte sich in und aus dem Raum der Apenninenhalbinsel (Italien).

    Königszeit

    Seit etwa 800 v.Chr. finden sich Stadtstaaten der Etrusker in Mittelitalien und griechische Kolonisten (Großgriechenland) in Süditalien. Die staatliche Entwicklung nahm ihren Ausgang von den Latinern, die an der Salzstraße auf dem Palatin unweit des Tibers die erste Siedlung (Rom) errichteten und unter etruskischen Königen, um 735 bis um 500 v.Chr., sich zu einem Geschlechterstaat mit vorwiegender Agrarwirtschaft und nüchternem Götterkult zusammenschlossen, durch Vertreibung des Gewaltherrschers Tarquinius Superbus die etruskische Fremdherrschaft um 500 v.Chr. abschüttelten und die altrömische Republik begründeten.

    Republik

    In Rom existierte bereits innerstaatliche Gewaltenteilung in Priesteramt (Pontifex maximus), Heerführung und Richteramt (zwei Konsuln) und zeitweise Diktatur für den Kriegsfall.

    Der Beginn des Ständekampfes zwischen den von Staatsämtern ausgeschlossenen Plebejern unter Führung der Tribunen führte 451 v.Chr. zur Aufstellung des Zwölftafelgesetzes, 367 v.Chr. der Lex Licinia (einer der beiden Konsuln sollte Plebejer sein), der Zenturiatsverfassung und der auch von den Plebejern mitbestimmten Herrschaft des Senats und zur Staatsoligarchie.

    Nach außen langjähriger Kampf gegen die Etrusker (396 v.Chr. Einnahme von Veji) und Abwehr der Galliereinfälle (387/86 v.Chr.); bis 338 v.Chr. war ganz Latium unterworfen und in den Stadtstaat einbezogen, bis 304 v.Chr. Kampanien (im Samniterkrieg), bis 284 v.Chr. Mittelitalien erobert und in opferreichen Kämpfen (Curius) behauptet. 282-272 v.Chr. erfolgreicher Krieg gegen das mit Pyrrhus verbündete Tarent.

    266 v.Chr. war ganz Unteritalien in der römischen Wehrgemeinschaft vereinigt und der Grundstein zur Großmachtbildung gelegt (Appius Claudius).

    Der beginnende Imperialismus löste im Kampf um Sizilien den Ersten Punischen Krieg 264-241 v.Chr. aus (Sizilien wurde erste römische Provinz); 238 v.Chr. wurde auch die Abtretung Sardiniens von Karthago erzwungen (mit Korsika zur zweiten Provinz gemacht). Rom wurde Großmacht in Form des erweiterten Latinerstaates (gestützt durch aufblühenden Handel, Einführung der Geldwirtschaft). Die Kultureinflüsse kamen von Griechenland her.

    Ausgangspunkt für das Weltreich wurde der Zweite Punische Krieg 218-201 v.Chr. (Herrschaft über das Mittelmeer).

    200-197 v.Chr. gelang die Niederwerfung Philipps von Makedonien und Loslösung Griechenlands aus makedonischer Oberhoheit im Frieden von Korinth (196 v.Chr.). 192-189 v.Chr. Einflusssphäre in Kleinasien bis zum Taurus im Kampf gegen Antiochia geschaffen, 171-168 v.Chr. wurde Perseus besiegt (Pydna 168 v.Chr.) und Makedonien zur römischen Provinz umgestaltet.

    148/47 waren auch Illyrien und 133 v.Chr. das Reich von Pergamon (durch Erbvertrag) als Provinzen eingegliedert, im Westen 197 v.Chr. Spanien (Hispania citerior und ulterior), nach dem Dritten Punischen Krieg das Gebiet von Karthago als Provinz Afrika und 121 v.Chr. die gallischen Länder zwischen Pyrenäen und Alpen als Provinz Gallia Narbonensis dem Weltreich angeschlossen.

    Im Zuge der äußeren Machtentfaltung gingen auch innerstaatliche Veränderungen vor:

    Machtsteigerung des Senats, Provinzialverwaltung als Quelle des Reichtums, aber auch Zerfallserscheinungen (Freiheiten der Reichsfeldherren, Verweichlichung, Kluft zwischen Armen und Reichen, Großunternehmertum, Latifundienwirtschaft, Anwachsen des Stadtproletariats).

    Kulturell herrschte immer noch weitgehende Abhängigkeit vom Hellenismus (Terenz, Plautus, Stoa).

    Durch die inneren Spannungen kam es zu Unruhen, die sich über ein Jahrhundert erstreckten (133-31 v.Chr.): Kampf der Gracchen um neue Agrargesetze (133-121 v.Chr.), Kampf zwischen der Senatspartei (Sulla) und der Volkspartei (Marius) um die Macht. Anfangs durch Niederwerfung Jugurthas (111-105 v.Chr.) und Abwehr der Teutonen und Kimbern (Schlachten von Aquae Sextiae 102 v.Chr. und Vercellae 101 v.Chr.) zu Gunsten der Volkspartei ("Popularen") entschieden, nach gemeinsamer Beilegung des Bundesgenossenkrieges (91-88 v.Chr.) jedoch Restauration der Senatsherrschaft, begünstigt durch Sullas Sieg über Mithridates (grausames Strafgericht über die Anhänger des Marius).

    Die zeitweise unumschränkte Macht des Senats war nun geschwächt durch die Reichsfeldherren; der bedeutendste Reichsfeldherr, Pompejus, siegte in Spanien gegen Sertorius (77-72 v.Chr.), warf den Sklavenaufstand des Spartakus (71 v.Chr.) nieder, machte dem Seeräuberunwesen ein Ende (67 v.Chr.) und errichtete mit Crassus und Cäsar das erste Triumvirat. Nach der Niederlage (Pharsalus 48 v.Chr.) und dem Tod des Pompejus (auf der Flucht) wurde sein Rivale Cäsar auf Lebenszeit zum Diktator ausgerufen.

    Trotz erfolgreicher Reformen im Innern wurde Cäsar wegen seines Strebens nach einem monarchischen Regiment von den Republikanern Brutus und Cassius 44 v.Chr. ermordet.

    Anschließend bildete sich das 2. Triumvirat (Oktavian, Antonius, Lepidus), das sich nach dem Rücktritt des Lepidus und der Niederlage des Antonius 31 v.Chr. (bei Aktium: Ägypten wurde römische Provinz) zur Alleinherrschaft, zum "Prinzipat", des Oktavian (Augustus) entwickelte und die römische Kaiserzeit (31 v.Chr.-476 n.Chr.) einleitete.

    Kaiserzeit

    Durch Augustus wurden die Grundlagen zur Verwaltung des Weltreiches erweitert, durch seine Stiefsöhne Drusus und Tiberius 15 v.Chr. die Alpenländer unterworfen (Rätien und Noricum; das Vorschieben der Reichsgrenzen bis zur Elbe blieb Episode). 14-68 Herrschaft der Julisch-Claudischen (Tiberius, Claudius, Nero), 69-96 der Flavischen Kaiser (Vespasian, Titus, Domitian).

    Durch Titus (70 n.Chr.) erfolgte die Zerstörung Jerusalems, unter Domitian der Ausbau des Limes, nach Eroberung des Dekumatenlandes Errichtung der Provinzen Germania superior und inferior.

    Größte Ausdehnung des Reiches unter den Adoptivkaisern (96-192); erkämpft durch Trajan (Dakien 107, Arabien 106, Armenien, Mesopotamien und Assyrien bis 117), gesichert durch Hadrian (Erweiterung des Limes und des Piktenwalles, innerer Ausbau: Verwaltung Beamtenstand der Ritter, fremdvölkische Söldnertruppen, Förderung des römischen Rechts).

    Unter Mark Aurel Reichsgefährdung (Überhandnahme der Latifundienwirtschaft, Markomannen- und Parthereinfälle, Absinken der Kultur zur ausschließlichen Kopie der griechischen Kultur, Bekämpfung des Christentums).

    Seit 180 Ausbildung des absoluten Kaisertums unter den Soldatenkaisern und fortschreitender Zerfall der Reichseinheit als Folge der Entvölkerung Italiens, des volksfremden Söldnerwesens, des Föderatentums und der Erhebung der Germanen und Perser (Neuperserreich unter den Sassaniden 226), vorübergehend eingedämmt durch die Constitutio Antoniniana 212 (Reichsbürgerrecht) und die Neuordnung Diokletians (Reichsteilung, absolutes Kaisertum an Stelle des augusteischen Prinzipats, Aufhebung der italischen und ägyptischen Sonderrechte, Beschränkung der Senatsgewalt auf die Stadt Rom, Ausbau des Feld- und Reiterheeres).

    Unter Konstantin Wiedervereinigung des Reiches, Christenemanzipation im Mailänder Toleranzedikt 313, Verlegung des Regierungssitzes nach Byzanz (Konstantinopel) (330).

    Fortschreitender Zerfall unter Constantius II., Valentinian und Valens, Spaltung in Ost- und Westrom durch Theodosius (395), Rivalität der Feldherren beider Teilreiche, Stilicho und Rufinus.

    Trotz Rückverlegung der Grenzen von Rhein und Donau war der Ansturm der Germanen nicht aufzuhalten (410 Eroberung Roms durch Alarich); Britannien wurde selbstständig. Durch Westgoten (418), Vandalen (429) und Burgunder (443) wurden Reiche im römischen Herrschaftsgebiet errichtet.

    Bei der Abwehr der Hunneneinfälle mithilfe der Germanen auf den Katalaunischen Feldern (451, Aetius) kam es zur gleichzeitigen Verstärkung des Einflusses der Germanen, deren Heerführer Odoaker den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus 476 absetzte und so das Ende des weströmischen Reiches besiegelte, während Ostrom (Byzantinisches Reich) noch bis 1453 fortbestand.