Preußen

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    Die Preußen sind ein indogermanisch-baltischer Volksstamm. Im 10. Jh. n.Chr. sind sie unter dem Namen Pruzzen nachweisbar, sesshaft an der unteren Weichsel im Mündungsgebiet von Weichsel, Pregel und Memel.


    Im 11./12. Jh. wurden sie in einem langwierigen Prozess und unter großen Opfern christianisiert durch: Adalbert von Prag, gestorben 997, Brun von Querfurt, gestorben 1009, Bischof Heinrich von Olmütz, gestorben 1141, Abt Gottfried, gestorben 1207.

    Seit 1230 unterstand Preußen der Herrschaft des Deutschen Ritterordens, im Zuge der deutschen Ostkolonisation kam es zur Ansiedlung deutscher bäuerlicher und städtischer Kolonisten: das altpreußische Volkstum wurde ausgerottet oder mit dem der aus dem Westen und Süden des Reiches zugewanderten Deutschen vermischt.

    In der 1. Hälfte des 13. Jh.s wurden erste Städte gegründet: Thorn, Kulm, Marienwerder, Elbing. Unter Winrich von Kniprode (gestorben 1382) gab es eine erste Blütezeit.

    Nach der Niederlage des Deutschen Ordens gegen Polen bei Tannenberg (1410) wanderten Menschen aus anderen deutschen Städten und aus Litauen ein. Heinrich von Plauen unternahm einen vergeblichen Versuch, die Herrschaft des Ordens zu retten. Er unterlag jedoch dem Adel, der sich später mit den Städten und mit den Polen verbündete.

    Im 2. Thorner Frieden kam Westpreußen zu Polen: Niedergang des Ordens, der die Hochmeisterwürde Fürstensöhnen aus dem Reich (1498 Friedrich von Sachsen, 1511 Albrecht von Brandenburg-Ansbach) übertrug; Albrecht, Neffe Sigmunds I. von Polen, der sich der Reformation anschloss, säkularisierte den Ordensstaat und ließ sich durch den Vertrag von Krakau (1525) als erster weltlicher Herzog von Preußen unter der Lehensoberhoheit des Königs von Polen bestätigen.

    1619, nach dem Tod Albrecht Friedrichs, des Sohnes Albrechts, fiel das Herzogtum Preußen an die Brandenburger Linie der Hohenzollern (Georg Wilhelm); damit begann die eigentliche brandenburgisch-preußische Geschichte. Der Sohn Georg Wilhelms, Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, wurde zum Begründer des machtvoll sich entfaltenden Kurfürstentums Brandenburg-Preußen, das sich zum erstenmal in den Wirren des schwedisch-polnischen Krieges (1655-1660) neben Habsburg und Frankreich in einem Kabinettskrieg europäischer Ausdehnung als Machtfaktor behauptete.

    Im Frieden von Oliva (1660) wurde die Souveränität Brandenburgs im Herzogtum Preußen bestätigt; der Große Kurfürst vereinigte damit in seiner Hand die Mark Brandenburg, Kleve, Mark und Ravensberg (1614) und Preußen. Innerer Ausbau des Gesamtstaates. 1644 wurde ein stehendes Heer gegründet. Organisation der Zentral- und Lokalbehörden (1651 durch geheime Ratsordnung Umgestaltung des Geheimen Rats zu einer zentralen Behörde und im Zusammenhang mit der Heeresorganisation Einrichtung eines Generalkommissariats)

    Die Einheit des absolutistisch regierten Staates wurde gestärkt durch den Sieg von Fehrbellin (1675) über die Schweden und die weitgehende Ausschaltung der alten Landstände. Gekrönt wurde der Aufbau des neuen Staates unter dem Sohn des Großen Kurfürsten, Kurfürst Friedrich II. (1688-1713), durch die Errichtung des Königtums 1701 (Kurfürst Friedrich II. wurde vom Kaiser zum "König Friedrich I. in Preußen" erhoben, der durch Krontraktat zur Unterstützung des Reiches verpflichtet war).

    Machterweiterung und Ausgestaltung des preußischen Militär- und Beamtenstaates erreichte König Friedrich Wilhelm I. (1713-1740): Durch den Erwerb Schwedisch-Vorpommerns im Anschluss an den Nordischen Krieg (Vertrag von Stockholm) reichte das preußische Staatsgebilde von der deutschen Ost- bis zur West-Grenze; Begründung einer preußischen Volkswirtschaft, endgültige Überwindung des Staatsdualismus durch die Souveränität (Ausprägung in der Person des Herrschers und der patrimonalen Staatsauffassung).

    Der Gegensatz zu Habsburg verschärfte sich: Preußen erweiterte sich unter Friedrich II., dem Großen (1740-1786) beständig weiter. 1744 eroberten sie Ostfriesland, 1763 (Frieden von Hubertusburg) erwarben sie Schlesien nach drei Kriegen (Schlesische Kriege, Österreichischer Erbfolgekrieg und 7jähriger Krieg), 1772 erreichte Friedrich die Angliederung des Ermlandes, des Netzedistrikts, Westpreußens (allerdings ohne Danzig) und Chorus nach der 1. Polnischen Teilung.

    Im Innern bewirkte Friedrich die Ausbildung des Friderizianischen Systems: der Staat stand über der Dynastie, der König war erster Diener des Staates, in dem es keine Vertretung der Gesamtheit gab; sicherste Stütze war das Pflichtbewusstsein des Herrschers; Trennung von Justiz und Verwaltung, unabhängiger Richterstand, preußisches Landrecht, religiöse Toleranz und Merkantilsystem; Außerdem änderte er seinen Titel in "König von Preußen". 1785 gelang es Friedrich den Besitzstand zu sichern und sich durch die Führerschaft im Deutschen Fürstenbund gegenüber Habsburg zu behaupten.

    Unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797) gelangen Preußen noch einige Gebietserweiterungen, allerdings sank zugleich das Ansehen des Königshauses; 1791 fielen Ansbach und Bayreuth durch Erbschaft an Preußen. 1792 Misserfolg des Feldzugs in Frankreich (Valmy, 1. Koalitionskrieg), 1793 Erwerb Posens in der 2. Polnischen Teilung, 1795 Sonderfrieden zu Basel; Die Regierung Friedrich Wilhelm II. zeichnete sich im Innern vor allem durch Günstlingswirtschaft negativ aus.

    Unter Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) kam es dann zu Niedergang und Neuerhebung des Königreiches; 1803 erlangte Preußen durch die Säkularisation einen bedeutenden Gebietszuwachs in Thüringen und Westfalen; 1806 erlitten sie aber bei Jena und Auerstedt eine Niederlage gegen Napoleon und 1807 verloren sie im Frieden von Tilsit die polnischen Gebiete (Herzogtum Warschau) und die Länder zwischen Rhein und Elbe (Königreich Westfalen).

    Der Niedergang Preußens wurde verschuldet durch das Versagen der Führung und die Unzulänglichkeit der staatlichen Einrichtungen: Leibeigenschaft der Bauern, Vorrechte des Adels, Gesamtvolk ohne Vertretung, Bürokratie, veraltetes Heerwesen Werbesystem. Seit 1806 gab es daraufhin Reformen. Das Staatswesen wurde durch den Freiherrn vom Stein erneuert: 1807 Befreiung der Bauern von Erbuntertänigkeit und 1808 Selbstverwaltung der Städte. Hardenberg führte die Reformen weiter: Gewerbefreiheit, Abschaffung der Steuerbefreiungen, Errichtung des Staatskanzleramtes, Abschluss der vom Großen Kurfürsten ausgehenden Entwicklung von lockerer Gebietsvereinigung zum Zentralstaat mit Zentralverwaltung. Nach Schamhorsts Weisungen wurde schließlich die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.

    1812 war Preußen noch mit Napoleon gegen Russland verbunden. Sie wechselten allerdings die Seiten und nach dem Bündnis von Tauroggen mit Russland (Yorck) errangen sie bei Leipzig 1813 und bei Waterloo 1815 den Sieg über Napoleon.

    1815 auf dem Wiener Kongress wurde Preußen wieder hergestellt und durch Angliederung Nordsachsens, der Rheinprovinz und Westfalens gestärkt (in seiner Landeinheit jedoch getrennt durch den eingeschobenen Keil Hannover, das zu England gehörte).

    Nach 1815 wurde der Staat neu geordnet und die Reformen auf den neuen Gesamtstaat ausgedehnt. Anfangs hielt man dabei noch an den alten aristokratischen Vorstellungen fest (Heilige Allianz). Der monarchische wurde zum bürokratischen Absolutismus umgewandelt (ab 1817 gab es einen Staatsrat), der preußische Staat überwachte die strenge Durchführung der Karlsbader Beschlüsse 1822, und erfüllte (wenn auch unzulänglich) das Verfassungsversprechen durch Einberufung der preußischen Provinzialstände. Der Aufstieg Preußens wurde durch die günstige Lage in Europa und die Gründung des Zollvereins (1834) gefördert.

    1840 wurden die Verfassungsbewegungen unter Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861) wieder aufgenommen. 1847 wurde der "Vereinigte Landtag" einberufen. Dieser hatte aber nur geringe Befugnisse, agierte nur beratend, hatte kein Geldbewilligungsrecht und wurde so alsbald wieder aufgelöst. 1848 verstärkte sich der Gegensatz zwischen Volksmehrheit und König durch die Märzrevolution. Der König von Preußen lehnte die ihm angebotene deutsche Kaiserkrone ab (Nationalversammlung, Paulskirche). Am 5. Dezember 1848 wurde die nach den Märzunruhen am 22. Mai eröffnete und am 6. November vertagte preußische Nationalversammlung aufgelöst und eine Verfassung aus königlicher Machtvollkommenheit erlassen: "oktroyierte Verfassung": Zweikammersystem; Herrenhaus und Abgeordnetenhaus; 3-Klassen-Wahlrecht, das in dieser Form bis 1918 bestand; Einziges bedeutendes Recht des Landtags war die Steuerbewilligung.

    Preußen erkäpfte sich die Vormacht in Deutschland und übernahm taktisch klug die Mittlerschaft in den Bemühungen um die deutsche Einigung: 1850 wurde die Unionsverfassung verabschiedet und der Bundestag des Deutschen Bundes nach dem Vertrag von Olmütz wieder errichtet.

    Eine neue Ära wurde unter Wilhelm I. eingeleitet (seit 1858 Prinzregent, 1861-1888 König bzw. Kaiser seit 1871). Die Konservativen wurden von den Liberalen als tragende Partei abgelöst. 1861 kam es zur Machtprobe zwischen König und Abgeordnetenhaus um die Durchführung der Heeresreform. Die beabsichtigte Abdankung des Königs wurde 1862 vermieden durch die Berufung Bismarcks. Das Heer wurde ohne Parlament und ohne Genehmigung des Etats organisiert, jedoch nachträglich durch die so genannte Indemnitätsvorlage, vom Landtag am 3. September 1866 mit 230 gegen 75 Stimmen abgesegnet (damit war die "Konfliktszeit" beendet).

    1866 kam es zur kriegerischen Auseinandersetzung mit Österreich (Deutscher Krieg) um die Gebietsgewinne aus dem Schleswig-Holsteinischen Krieg. Nach dem Sieg über Österreich wurde der Friede von Prag geschlossen und die konstitutionelle Monarchie festgelegt. Anschluss Hannovers, Kurhessens, Nassaus und Schleswig-Holsteins an Preußen, das damit ein einheitliches Staatsganzes wurde. Die zivile Verwaltung wurde nach militärischen Gesichtspunkten organisiert. 1867 errang Preußen die Führerschaft über die Staaten nördlich des Mains im Norddeutschen Bund, Außenpolitik und Heeresverfassung wurden bundesstaatlich.

    1871 nach dem Krieg gegen Frankreich wurde der preußische König zum erblichen deutschen Kaiser erhoben und Preußen wurde zur Vormacht in Deutschland.

    1918 dankte der König ab, 1920 wurde eine neue Verfassung für Preußen als eines der Länder der Weimarer Republik festgelegt. Die Weimarer Koalition (SPD, Zentrum, DDP, zeitweise auch DVP) hielt sich hier bis zum April 1932 an der Regierung. Die danach nur noch geschäftsführende Regierung Braun wurde durch den Preußenschlag am 20. Juli 1932 von der Reichsregierung beseitigt. Unter Hitler wurde die preußische Regierung weitgehend mit der des Gesamtreiches zusammengelegt.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land Preußen aufgesplittert: Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie kamen unter polnische bzw. sowjetische Verwaltung. Die übrigen Provinzen und Provinzteile wurde in neue deutsche Länder unterteilt, die in der Deutschen Demokratischen Republik später in Bezirke aufgeteilt wurden. Durch Gesetz des Alliierten Kontrollrats wurde der Staat Preußen am 25. Februar 1947 aufgelöst.

    Kalenderblatt - 18. April

    1521 Martin Luther erscheint zum zweiten Mal vor dem Wormser Parteitag, verteidigt sich vor Kaiser und Reich und lehnt den Widerruf ab.
    1951 Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg schließen ihre Kohle- und Stahlindustrie in der Montanunion zusammen und verzichten auf ihre nationalen Souveränitätsrechte über diese Industriezweige.
    1968 Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt Josef Smrkovský zu ihrem neuen Präsidenten, der als einer der populärsten Politiker des "Prager Frühlings" die volle Rehabilitierung der Opfer der Stalinzeit und die Sicherung eines wirklich freien politischen Lebens zu seiner Aufgabe erklärt.