Mittelalter (Theater)

    Aus WISSEN-digital.de

    Nach dem Niedergang des antiken Theaters im 3. Jahrhundert n.Chr. ist für die Zeitdauer von knapp 700 Jahren kein eigenständiges Theaterspiel nachzuweisen. Dies änderte sich im 10. Jahrhundert n.Chr., als die ersten Formen geistlichen Spiels entstanden. Das Theater des Mittelalters wurde vor allem vom geistlichen Spiel dominiert, das unzertrennlich mit dem Glaubensgedanken des Mittelalters verbunden ist. Die Kirche und die christliche Lehre standen im Mittelpunkt des gesellschaftlichen und privaten Lebens. Durch die geistlichen Spiele sollte die Frömmigkeit gefördert und der Glaube und damit die Macht der Kirche gestärkt werden.

    Die älteste Form des geistlichen Spiels ist das Osterspiel, das am Ostersonntag aufgeführt wird und Szenen aus dem Leben Christi darstellt. Dem folgte später das Passionsspiel, das den Leidensweg Christi nachzeichnet. Weitere Spiele biblischen Inhalts sind u.a. das Weihnachtsspiel mit dem Krippen-, Hirten- und Dreikönigsspiel, das Fronleichnamspiel und das Mirakelspiel, das Begebenheiten aus dem Leben von Heiligen darstellt. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Mysterienspiel, das zwar auf biblischen Stoffen fußte, jedoch zahlreiche aktuelle Zeitbezüge und volkstümliche Elemente in sich trug.

    Der Architektur jener Zeit war der eigenständige Theaterraum mit fester baulicher Gestaltung fremd. Die Aufführungen fanden in Kirchen statt, bis sie sich im 13. Jahrhundert im Zuge der Verweltlichung der Spiele auf öffentliche Plätze verlagerten. Gespielt wurde auf der so genannten Simultanbühne, mehreren aneinandergefügten Spielflächen, die sukzessiv oder gleichzeitig (simultan) bespielt wurden. In England entstand die Wagenbühne, eine Sonderform der Simultanbühne. Die Schauspieler der geistlichen Spiele waren ursprünglich Kleriker, später Laiendarsteller. Oft war die ganze Gemeinde in die Aufführung des geistlichen Spiels mit einbezogen.

    Waren die Texte zunächst auf lateinisch in Form liturgischer Wechselgesänge vorgetragen worden, so flossen im Laufe der Zeit und im Zuge der Verweltlichung der Spiele die jeweilige Volkssprache und Elemente der Volksdichtung - Schwänke, Possen, Vagantendichtung, Trinklieder - mit ein. Weltliche Spielformen, wie das deutsche Fastnachtsspiel oder die englischen Morality Plays entwickelten sich.