Konservatismus

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    (lateinisch: conservare, "erhalten") auch: Konservativismus;

    Der Konservatismus wird vertreten von den Kräften der Beharrung unter nachdrücklicher Wertschätzung und Rechtfertigung der überkommenen sozialen und politischen Ordnung. In der Gesamtheit hat der Konservatismus sehr verschiedene Vorstellungen, Bestrebungen und Kräfte, die zunächst an der feudalen Ordnung festhielten und später versuchten, an der bürgerlichen Gesellschaft festzuhalten. Die Grundhaltung äußerte sich des Öfteren im Kampf um die Wiederherstellung dieser vielfach durch die tatsächliche Entwicklung bereits überwundenen alten Ordnung (Restauration).

    Der Konservatismus vewirft den optimistischen Fortschrittsglauben der Liberalen und Sozialisten sowie ihre Neigung zu rationalistischen Doktrinen und Neukonstruktionen von Staat und Gesellschaft. Er stützt sich auf die (von der deutschen Romantik begründete) Auffassung vom organischen Wachstum des Staates, pflegt die Gefühlswerte im politischen Bereich mit Ehrfurcht vor der Tradition und ist geprägt von treuer Anhänglichkeit an die Dynastie, althergebrachter Frömmigkeit, Pflichtgefühl, patriarchalisch-herrschaftlichem Bewusstsein und dem Geist der Unterordnung.

    Sein ideologisches Rüstzeug entnahm der im 18. Jh. entstandene Konservatismus, der sich in Mittel- und Westeuropa in der ersten Hälfte des 19. Jh.s als Gegenbewegung (Reaktion) nach der Aufklärung, der Französischen Revolution und dem liberalen Bürgertum (Liberalismus) entwickelte, der Restaurationsepoche nach dem Wiener Kongress und dem Schrifttum ihrer führenden Publizisten (Müller, Haller, Gentz). Das Programm des ultraroyalistischen preußischen Konservatismus entwarf Julius Stahl ("Autorität statt Majorität!"). Die zur gleichen Zeit konstituierte Konservative Partei dominierte zunächst trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und stützte den Bund von "Thron und Altar", verbündete sich 1862 mit Bismarck, spaltete sich aber 1866 in Deutschkonservative und Freikonservative.

    Die Freikonservativen, Anhänger der Politik Bismarcks, traten seit 1871 auf Reichsebene als Deutsche Reichspartei auf; die Deutschkonservativen gerieten 1872 wegen der liberalen Wirtschaftsgesetzgebung und des Kulturkampfes in schweren Konflikt mit Bismarck, söhnten sich aber 1876 mit ihm aus und unterstützten ihn von da an vorbehaltlos (Schutzzollgesetzgebung, Heeresvorlagen, Kolonialpolitik usw.). Sie bekämpften Caprivi, arbeiteten wieder eng mit Bülow zusammen ("Bülowblock"), propagierten im Ersten Weltkrieg das unentwegte "Durchhalten" und konstituierten sich in der Weimarer Republik aufs neue als Deutschnationale Volkspartei (DNVP). Nach 1945 unterblieb eine Wiederbelebung.

    Die CDU als große Volkspartei sieht den Konservatismus (neben christlichen, sozialem und liberalem Gedankengut) nur als einen Teil ihrer geistigen Traditionen an.