Kongo (ehem. Zaire, Geschichte)

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    Anfänge

    Vor Beginn der christlichen Zeitrechnung lebten auf dem Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo kleinere Gruppen von Pygmäen als Jäger und Sammler. Vermutlich seit dem 6. Jh. existierten Bantu-Königreiche, seit dem 14. Jh. sind Aufzeichnungen überliefert vom Bantu-Königreich der Kongo im Südwesten des Landes. Daneben entstanden weitere Königreiche wie z.B. Kakongo, Loango und Batéké.

    Kolonialzeit

    Ab Ende des 15. Jh.s begannen portugiesische Seefahrer von der Mündung des Kongo aus, das Land zu erforschen und erste Handelsniederlassungen zu gründen. Mit den ansässigen Völkern, die überwiegend zum Christentum übertraten, nahmen die Portugiesen rege Handelsbeziehungen auf: Aus dem Hinterland wurden Sklaven herangeschafft, die von den Portugiesen nach Südamerika verschifft wurden. Im 16. Jh. konnte das Königreich Kongo seine Position gegenüber den umliegenden Königreichen nur mit Hilfe der Portugiesen behaupten und verlor dadurch seine annähernde Gleichstellung.

    Das Hinterland wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s erforscht: David Livingstone war einer der ersten, der ins Landesinnere reiste, ihm folgte ab 1874 der Afrikaforscher Sir Henry Morton Stanley, der mehrere Städte (Stanleyville, heute Kisangani; Léopoldville nach dem belgischen König Leopold II., heute die Hauptstadt Kinshasa) gründete und diverse "Landabtretungsverträge" mit der einheimischen Bevölkerung abschloss. Diese Gebiete wurden zum Protektorat unter dem persönlichen Schutz des belgischen König Leopold II. erklärt. Dieser vergab Konzessionen an mehrere Handelsgesellschaften, die dortigen Bodenschätze auszubeuten. Erst auf der Berliner "Kongo-Konferenz" 1885 konnten die Differenzen zwischen Belgien und den konkurrierenden europäischen Kolonialmächten Frankreich und Portugal beigelegt werden, das Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo wurde als Staat unter dem persönlichen Schutz des belgischen Königs anerkannt. In den folgenden Jahren wurden das Land und die Bevölkerung auf so rücksichtslose Art und Weise ausgebeutet (Kautschuk, Kupfer, Elfenbein, Gold, Diamanten), dass der belgische König auf internationalen Druck hin die Verwaltung des Gebietes an sein Parlament abgeben musste. 1908 wurde Belgisch-Kongo offizielle Kolonie, wodurch sich die Lebensumstände für die Bevölkerung leicht verbesserten, jedoch keine Beteilung am politischen Entscheidungsprozess bedeutete.

    Weg in die Unabhängigkeit

    Ab den 40er Jahren bildeten sich verschiedene Widerstandsgruppierungen, unter ihnen "Mouvement National Congolais" (MNC, gegründet von Patrice Lumumba) und "Alliance des Bakongo" (ABAKO, gegründet von Joseph Kasawubu, ab 1960 "Alliance Congolaise"), die sich für eine Unabhängigkeit des Landes einsetzten. Schwere Unruhen und Ausschreitungen führten dazu, dass Belgien das Land im Juni 1960 als "Demokratische Republik Kongo" (oft "Kongo-Kinshasa" genannt zur Unterscheidung vom Nachbarland Kongo) in die Unabhängigkeit entließ. Nach ersten Wahlen wurde Joseph Kasawubu von der "Alliance Congolaise" Staatspräsident und Patrice Lumumba Ministerpräsident. Unmittelbar danach versank das Land im Chaos: Ethnische Konflikte und die Abspaltung der südlichen Provinz Katanga (heute Shaba) unter ihrem Gouverneur Moise Kapenda Tschombé führten zum landesweiten Bürgerkrieg. Erst 1963 wurden durch das Eingreifen von UN-Truppen die Auseinandersetzungen, die bereits über eine halbe Million Menschenleben gefordert hatten, beendet.

    Zaire unter Mobutu

    Nach dem Abzug der UN-Truppen 1964 flackerten die Unruhen erneut auf. Die Regierungstruppen von Staatspräsident Joseph Kasawubu gingen gegen die Rebellenbewegungen (unter anderem unter der Führung von Laurent Kabila), die den östlichen Teil des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hatten, äußerst brutal vor. Im November 1965 kam durch einen Putsch Oberst Joseph Desire Mobutu (später Sese-Seko Mobutu) an die Macht, der sich zum Staatspräsidenten erklärte, die Verfassung außer Kraft setzte, alle politischen Parteien verbot und den Ausnahmezustand verhängte. 1967 wurde die Einheitspartei "Mouvement Populaire de la Révolution" (MPR, Revolutionäre Volksbewegung) von Mobutu gegründet und eine neue Verfassung erlassen, in der er selbst zum Staats- und Regierungschef sowie zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte erklärt wurde. Mobutus Politik der "Afrikanisierung" führte unter anderem dazu, dass alle französischen Städtenamen durch afrikanische ersetzt wurden und ausländische Firmen einen Großteil ihres Kapitals an den Staat abgeben mussten. 1971 erhielt das Land den Namen "Zaire" nach dem afrikanischen Wort für den Fluss Kongo. Zur wirtschaftlichen Neuordnung gehörten auch umfangreiche Verstaatlichungen.

    Ab Mitte der 70er Jahren wuchs der Widerstand im Land gegen das autokratische Regime Mobutu. 1977 versuchte die "Kongolesische Nationale Befreiungsfront", den Diktator zu stürzen, die Unruhen wurden mit Hilfe belgischer, marokkanischer und französischer Truppen niedergeschlagen. In den 80er Jahren versuchten Rebellenverbände unter der Führung von Laurent Désiré Kabila erneut, Mobutu zu stürzen. Währenddessen stürzten wirtschaftliches Missmanagement und die Folgen der Korruption das Land in immer tiefere Armut. Von Mobutu 1990 angekündigte Reformen kamen nicht zustande, eine 1991 einberufene Nationalversammlung, die einen "Hohen Rat der Republik" (HCR) mit insgesamt 453 Mitgliedern einberief, sollte als Übergangsparlament fungieren, konnte sich gegen den Diktator Mobutu aber nicht durchsetzen. 1993 erklärte sich die rohstoffreiche Provinz Shabe erneut (zum zweiten Mal seit 1960) für unabhängig vom restlichen Zaire.

    Neben den anhaltenden internen Machtkämpfen und schweren Unruhen belasteten in den 90er Jahren die zahlreichen Flüchtlinge aus den Nachbarländern Ruanda und Burundi das Land. In den Flüchtlingslagern in Ost-Zaire, in denen die Menschen unter schlimmsten Bedingungen dahinvegetierten, setzten sich die ethnischen Konflikte zwischen den Angehörigen der verfeindeten Stämme weiter fort. Teilweise dienten die Lager als Ausgangsbasen für Raubzüge vor allem nach Ruanda, wo mehr als eine halbe Million Tutsi und Hutu durch ehemalige Angehörige der ruandischen Armee getötet wurden.

    Der Kongo unter Kabila

    Nachdem die Konflikte zwischen Regierungstruppen aus Zaire und ruandischen Truppen bzw. deren verbündeten Tutsi-Rebellen einen erneuten Höhepunkt erreichten, eroberte Ende 1996 die "Allianz der Demokratischen Kräfte zur Befreiung von Kongo-Zaire" (AFDL) unter Laurent Désiré Kabila große Teile des Landes, wobei sie von Uganda, Burundi, Ruanda, Angola und Südafrika unterstützt wurde. Durch die chaotischen Zustände im Land mussten viele internationale Hilfsorganisationen ihre Arbeit einstellen, was die ohnehin desolate Lage der Hutu-Flüchtlinge in den Lagern in Ost-Zaire weiter verschlechterte.

    Als Mobutu Mitte 1997 endgültig außer Landes flüchtete, wurde sein Privatvermögen auf über fünf Milliarden US-Dollar geschätzt, während ein Großteil der Bevölkerung Zaires in größter Armut lebte und dem Staatshaushalt der Zusammenbruch drohte. Die Auslandsverschuldung betrug über 14 Milliarden US-Dollar.

    Im Mai 1997 ernannte sich Rebellenführer Kabila zum neuen Staatspräsidenten und benannte das Land erneut in "Demokratische Republik Kongo" um. Neben einer neuen Verfassung stellte er demokratische Wahlen in Aussicht, die 1999 abgehalten werden sollten. Nur wenig später verbot Kabila alle politischen Parteien und erweiterte seine eigene Machtfülle. Die versprochene Wiederzulassung binnen kurzer Zeit erfolgte nicht. Innerhalb kurzer Zeit bildeten sich gegen den neuen Diktator erneut oppositionelle Bewegungen bzw. Rebellenorganisationen, die jeweils mit den Nachbarstaaten Uganda, Ruanda und Burundi verbündet waren. Kabila setzte gegen diese die gleichen Mittel zur Unterdrückung ein wie auch sein Vorgänger Mobutu. Dabei erhielt er Unterstützung von den Ländern Angola, Simbabwe und Namibia. Erneut herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Die im Juli 1999 abgehaltenen Friedensverhandlungen in Lusaka (Sambia), die ein Ende des Bürgerkriegs und den Abzug ausländischer Truppen aus der Demokratischen Republik Kongo vorsahen, konnten weitere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Regierungseinheiten nicht verhindern. Trotzdem kam es am 14. April 2000 zur Unterzeichnung eines Waffenstillstands.

    Im Januar 2001 wurde Laurent Désiré Kabila ermordet, sein Sohn Joseph Kabila, bis zu diesem Zeitpunkt Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trat seine Nachfolge an. Die ersten von 3 000 Blauhelm-Soldaten, die die Einhaltung des Friedensvertrags vom Juli 1999 überwachen sollen, trafen Ende März 2001 in Kongo ein. Der erneute UN-Einsatz wurde durch die Kooperationsbereitschaft von Präsident Joseph Kabila und das am 6. Dezember 2000 von den Kriegsparteien geschlossene Abkommen, ihre Truppen von der Front zurückzuziehen, ermöglicht. Im Juli 2002 wurde zwischen Kongo und Ruanda ein Friedensvertrag abgeschlossen, mit dem wesentliche Punkte des Friedensabkommens von Lusaka von 1999 umgesetzt werden sollten. 2006 fanden die ersten freien Präsidentschaftswahlen in der Geschichte des Landes statt. Da keiner der 33 Präsidentschaftskandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen gewann, kam es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten. Dabei errang Joseph Kabila einen deutlichen Sieg. Aufgrund mangelnder Erfahrung mit demokratischen Wahlen und der Größe und Armut des Landes gestaltete sich die Durchführung der Wahlen schwierig. Die Wahlen wurden deshalb von einer internationalen Gebergemeinschaft sowie von der EU in materieller, finanzieller und personeller Hinsicht unterstützt. Befürchtungen über einen massiven Gewaltausbruch bei den Wahlen bewahrheiteten sich nicht. Allerding kam es vor der Stichwahl zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Milizen des Präsidentschaftskanditaten Jean-Pierre Bemba und der Präsidentschaftsgarde seines Herausforderers Kabila.