Gewerkschaften

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    Interessensverbände der Arbeitnehmer zur gemeinsamen Wahrung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen gegenüber den Arbeitgebern (Solidaritätsprinzip), besonders zum Abschluss von Kollektivverträgen an Stelle der individuellen Arbeitsverträge über Lohnhöhe, Arbeitszeit, Urlaubs- und Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung u.a. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt sind die Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden, der Einsatz für Arbeitszeitverkürzungen und die Organisation von Streiks als letztes Mittel im Arbeitskampf nach Urabstimmungen unter den Gewerkschaftsmitgliedern. Weitere Aufgaben sind die wirtschaftliche Unterstützung während Streiks, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität und bei sonstigen Notfällen, Rechtsberatung sowie die Schulung und Fortbildung in eigenen Instituten.

    Geschichte

    Vorläufer in den "Gesellenladen" oder "Gesellenbruderschaften" (gegen die Meister; Kampf um den "blauen Montag"; Gesellenversammlung jedoch legaler Teil der Zunftverfassung). Zusammenschlüsse der Industriearbeiter infolge des Koalitionsverbotes zunächst nur illegal, getarnt und im kleinen Umfang, offizielle Gewerkschaftsorganisationen erst nach Gewähr der Koalitionsfreiheit, am frühesten in England (1824), wo sich seit den 1830er Jahren des 19. Jh.s. die "Trade Unions" entwickelten; zunächst als lokale Vereine gelernter Arbeiter, dann als überörtliche Organisationen und ergänzt durch Organisationen ungelernter Arbeiter, besonders der radikaleren Dockarbeiter und Seeleute; für Lohnstreitigkeiten bestanden Einigungsämter; Kampfmittel war der Streik; Versicherungen bestanden für Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall, Invalidität, Bestattung; eine feste Verbindung bestand zur Arbeiterpartei (Labour Party), die von den Trade Unions stark beeinflusst wurde (die Trade Unions gehörten geschlossen der Labour Party an); 1871 gesetzliche Regelung des englischen Gewerkschaftswesens; 1900 2 Millionen Mitglieder.

    In Deutschland nach erneutem Verbot aller Arbeitervereinigungen durch den Bundesrat (1854) in den 1860er Jahren erste Zusammenschlüsse (Tabakarbeiterverein 1865, Verband deutscher Buchdrucker 1866, der 1873 den ersten für das Reich verbindlichen Tarifvertrag abschloss), gefördert von den Arbeiterparteien (Lassalle, Bebel); diese Freien Gewerkschaften waren sozialistisch, klassenkämpferisch und fanden in den Sozialdemokratischen Arbeiterparteien, später in der SPD, politischen Rückhalt, ohne mit ihr fest verbunden zu sein; sie zählten bei ihrem Verbot 1878 (Sozialistengesetz) 29 Verbände, 1 300 Ortsvereine, 58 000 Mitglieder; seit 1880 Wiederaufleben zunächst als unpolitische Fachvereine. 1890 nach Aufhebung des Sozialistengesetzes Gründung der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands zur einheitlichen Leitung der gesamten Gewerkschaftsbewegung und zur Zentralisierung möglicher Streiks. 1892 erster deutscher Gewerkschaftskongress in Halberstadt; Gründung von Industrie-Gewerkschaften (Kartellen) statt der Berufsverbände; Ausbau des Unterstützungswesens, Zusammenarbeit mit den Konsumvereinen, Schaffung einer umfassenden Gewerkschaftspresse, starker Einfluss auf die staatliche Sozialpolitik; 1914 bestanden 48 Verbände, 1919 Gründung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, dem, ebenfalls als Freie Gewerkschaft, der Allgemeine Freie Angestelltenbund und der Allgemeine Deutsche Beamtenbund nahe standen. Neben der Freien Gewerkschaftsbewegung seit 1868 die linksliberalen Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereine, die den Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit erstrebten und eigentlichen Gewerkschaften nachgebildet waren. 1894 Gründung der Christlichen Gewerkschaft (nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit dem Gesamtverband Deutsche Angestellten-Gewerkschaften den Deutschen Gewerkschaftsbund bildend), sozialpolitische Kampforganisationen mit politischer Stütze in der Zentrumspartei. Seit 1905 auch in Deutschland nach französischem Vorbild "gelbe Gewerkschaften" (gelbe gegen rote Plakate), Schein-Gewerkschaften, von Unternehmern finanzierte "Werkvereine", nach 1918 ohne Bedeutung, 1933 gewaltsame Auflösung und Eingliederung der Gewerkschaften in die "Deutsche Arbeitsfront" (die auch Unternehmer umfasste).

    1947 Bildung des Gewerkschaftsrats der Bizone, später der Trizone (britische, amerikanische, französische Zone) als Stabilisierungsfaktor der rechtsstaatlichen Demokratie; 1949 nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland Gründung des überparteilichen, antikommunistischen Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) der Bundesrepublik Deutschland in München (im neu gegründeten Internationalen Bund Freier Gewerkschaften, IBFG). Im Zuge der übernationalen Zusammenarbeit in der EWG kam es 1973 zur Gründung des Europäischen Gewerkschaftsbundes. Demgegenüber entstand als zentralistische Einheitsgewerkschaft in der DDR der FDGB. Wie alle Gewerkschaften in sozialistischen oder kommunistischen Ländern lehnte er das Streikrecht ab und hatte als staatliches Organ Grundsätze und Maßnahmen des Staates durchzuführen. 1989 entstanden nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime auch in Mittel- und Osteuropa pluralistische Gewerkschaften. In der DDR löste sich der FDGB zum 30. September 1990 auf, und der DGB dehnte sein Organisationsgebiet auf die neuen Länder aus.

    Neben dem DGB gibt es den "Deutschen Beamtenbund" und als Zusammenschluss der christlichen Arbeitnehmer den "Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands". Im März 2001 lösten sich die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG), die IG Medien, die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) selbst auf und schlossen sich zur neuen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zusamen. ver.di ist die größte demokratische Einzelgewerkschaft der Welt.

    Kalenderblatt - 19. April

    1521 Kaiser Karl V. verhängt über Martin Luther die Reichsacht.
    1941 Bertolt Brechts "Mutter Courage" wird im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt. Die von Helene Weigel verkörperte Protagonistin verliert im Dreißigjährigen Krieg alle ihre Kinder. Brecht will mit seinem Stück die Verzahnung von Kapitalismus und Krieg zeigen.
    1977 Zum Entsetzen seiner Fans wechselt Franz Beckenbauer in den amerikanischen Fußballverein Cosmos. Der Dreijahresvertrag ist auf ca. sieben Millionen DM festgesetzt.