Europa

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    zweitkleinster Kontinent, westlicher Teil der eurasischen Landmasse. Ethnisch und politisch ist Europa in eine Vielzahl von Völkern und Staaten gegliedert (siehe Länder Europas). Europa war und ist ein bedeutendes Zentrum für Kultur und Wirtschaft in der Weltgeschichte.

    Topografische Lage

    Die Fläche Europas beträgt 10 532 000 km². Der Kontinent ist umgeben vom Atlantik und dessen Nebenmeeren. Er liegt ganz auf der nördlichen Halbkugel. Die Nordspitze bildet das auf der norwegischen Insel Magerøy gelegene Nordkap auf 71° 12' nördlicher Breite, die Südspitze die Punta Marroqui an der Straße von Gibraltar auf 36° nördlicher Breite, der östlichste Punkt liegt im nördlichen Ural auf 65° östlicher Länge, der westlichste Punkt ist das portugiesische Kap Roca auf 9° 30' westlicher Länge. Europa dehnt sich damit über 74 Längen- und 35 Breitengrade aus, in Nord-Süd-Richtung erstreckt es sich über 4 000, in West-Ost-Richtung über 5 600 km. Die Grenze zu Asien verläuft am Ostfuß des Urals und der Mugodsharen über Emba, die Nordküste des Kaspischen Meeres und die Kuma-Manytsch-Senke zum Asowschen Meer und an dessen Ostküste bis zur Straße von Kertsch, durch das Schwarze Meer, den Bosporus, das Marmarameer und die Dardanellen. Es gibt zahlreiche Halbinseln (Skandinavien, Italien, Iberische Halbinsel, Balkanhalbinsel) und Inseln (Britannien, Irland, Sizilien). Die geologischen Räume ziehen sich in West-Ost-Richtung über den Kontinent: Gebirge in Schottland und Skandinavien; von Nordfrankreich bis nach Russland hinein Tiefländer; vom Kantabrischen Gebirge in Spanien bis zum Balkan einzelne Hochgebirgsketten (Pyrenäen, Alpen, Karpaten); in Südeuropa Mittelgebirgslandschaften mit großen Becken in Flussniederungen. Europa ist von zahlreichen Flüssen durchzogen. Die größten sind Wolga, Dnjepr, Donau, Rhein und Rhône.

    Klima

    Europa liegt vorwiegend in der gemäßigten Klimazone, der Norden hat Anteil an der subpolaren, der Süden an der subtropischen Zone. Das Klima ist milder und niederschlagsreicher als sonst in gleichen Breiten. Die Hauptursache dafür ist in dem westlich Europas fließenden Golfstrom zu suchen, der relativ warmes Wasser bringt und zur Erwärmung der Luftmassen beiträgt. Die starke Gliederung Europas gestattet den maritimen Klimaeinflüssen ein weites Vordringen in den Kontinent. Von Westen nach Osten wandernde Tiefdruckgebiete (Zyklonen) bestimmen weitgehend den Witterungsablauf. Sie gestalten das Wetter wechselhaft, bringen Niederschläge in allen Jahreszeiten und bedingen relativ kühle Sommer und in der Regel milde Winter. Mitteleuropa ist ein Übergangsgebiet zum kontinentalen Klimabereich, in dem öfter trockene kontinentale Luftmassen im Winter trocken-kaltes, im Sommer trocken-heißes Wetter bringen können. Ost- und Nordeuropa haben kontinentales Klima, wobei unter dem Einfluss des asiatischen Hochdruckbereiches die Winter kälter und die Sommer wärmer als in Westeuropa sind. In Teilen dieses Klimagebietes reicht besonders in heißen Sommermonaten die Niederschlagsmenge für den Pflanzenwuchs nicht mehr aus (wüstenhaftes Klima an der unteren Wolga). In Südeuropa herrscht weitgehend Mittelmeerklima mit passatartigen Winden im Sommer und Winterregen durch wandernde Zyklonen, wobei oft lange, heiße, trockene Sommer ohne lang andauernde Übergangszeiten unvermittelt durch milde, feuchte Winter abgelöst werden. Das europäische Klima wird durch drei Luftdrucksysteme bestimmt: Islandtief, Azorenhoch und ein jahreszeitlich wechselndes Luftdrucksystem über Asien. Die Hochgebirge Europas bilden wirkungsvolle Barrieren für Regenwolken. Sie sind wichtige Klima- und Wasserscheiden. So trennen die Alpen etwa das mediterrane Klima Südeuropas (Italien) vom kontinentalen Mitteleuropas.

    Bevölkerung

    Mit 730 Millionen Menschen ist Europa verhältnismäßig dicht besiedelt. Der sehr viel größere Kontinent Afrika hat nur eine geringfügig höhere Bevölkerungszahl. Vorherrschende Religion ist das Christentum mit seinen verschiedenen Konfessionen (Protestantismus, katholische Kirche, orthodoxe Kirche). Die europäischen Sprachfamilien (slawische, germanische und romanische Sprachen) sind so genannte indoeuropäische Sprachen. Ausnahmen bilden die finnische, estnische und ungarische Sprache, die nicht zum Indoeuropäischen gehören (finnougrische Sprachen) sowie die baskische Sprache.

    Vegetation

    Infolge menschlicher Einwirkung ist die Vegetation vielfach stark umgewandelt, doch versucht man, der Nachwelt eine natürliche bzw. naturnahe Vegetation in Naturschutzgebieten zu erhalten. Die natürliche Vegetation folgt im Wesentlichen einer zonalen Gliederung, die u.a. durch das Relief modifiziert wird. Im Norden erstreckt sich von Island über das Skandinavische Gebirge und weiter nach Osten ein immer breiter werdender Küstenstreifen von baumloser Tundra, an den sich südlich eine Übergangszone aus lockerer Baum- und Strauchvegetation anschließt. Sie geht in den großen Nadelwaldgürtel über, der fast ganz Skandinavien, Finnland und den Norden Russlands (Taiga) umfasst. Auch in den höheren Lagen der Gebirge Mittel- und Südeuropas dominieren noch Nadelwälder. Nach Süden und in den tieferen Gebirgslagen schließt sich eine bereits stark gerodete Mischwaldzone an, die schließlich in eine sehr lückenhaft gewordene Laubwaldzone übergeht. Im südlichen Osteuropa geht das Steppengebiet am Schwarzen Meer nach Osten zum Kaspischen Meer hin in Salz- und Wüstensteppen über. Hier sind durch die Rekultivierungsmaßnahmen (Kanäle, Stauseen, Schutzwaldstreifen, Bewässerungsanlagen) größere Flächen landwirtschaftlich nutzbar gemacht worden. Zum mediterranen Florenreich gehören die Küstengebiete und Inseln des Mittelmeeres und die südliche Krim, wo nach frühzeitiger Vernichtung großer Waldgebiete heute Hartlaubgehölze und Macchia (immergrünes Buschwerk) vorherrschen. Eine alpine Flora bedeckt oberhalb der Baumgrenze die besonnten Flächen und Hänge der Hochgebirgsregionen.

    Tierwelt

    Die ursprüngliche Faune hat schon früh einer intensiv ausgeprägten Haustierzucht weichen müssen und ist zu einem großen Teil in unwegsame Rückzugsgebiete zurückgedrängt worden. Bewohner der Tundra sind Ren, Polarfuchs, Vielfraß, Lemming sowie zahlreiche Nagetier- und Vogelarten. Typisch für die Waldzone sind Elch, Hirsch, Reh, Wildschwein, Fuchs, Dachs, Marder, Iltis, Nagetiere, Sing- und Greifvögel. Größere Raubtiere wie Bär, Wolf und Luchs sind sehr selten geworden: In den Hochgebirgsregionen leben Gämse, Steinbock, Murmeltier, Steinadler und Lämmergeier. Die in vielen Ländern zunehmende Verschmutzung der Umwelt äußert sich bisher v.a. im Schwinden des Fischreichtums der Binnengewässer durch die zunehmende Verschlechterung der Wasserqualität. Zur Erhaltung von Flora und Fauna wurden in zahlreichen Ländern Nationalparks eingerichtet.

    Wirtschaft

    Das überwiegend milde, regenreiche Klima in weiten Gebieten bietet gute Bedingungen für die Landwirtschaft. Besonders West- und Mitteleuropa sind dicht besiedelt und wirtschaftlich weit entwickelt. Die wirtschaftliche und politische Struktur Europas ist weitgehend durch die Folgen der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Trennung in den kommunistischen Ostblock und den marktwirtschaftlich und (größtenteils) demokratisch orientierten Westen bestimmt worden. Auch nach dem Zerfall des Ostblocks Ende der 80er Jahre des 20. Jh.s besteht heute ein deutliches wirtschaftliches Gefälle. In Westeuropa gibt es reiche Industrienationen (Großbritannien, Frankreich, Deutschland). Bislang 27 Staaten West-, Nord-, Süd- und Mitteleuropas haben sich zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit in der Europäischen Union (EU) zusammengeschlossen. Die Staaten Südosteuropas streben ebenfalls einen Beitritt zur EU an, die in Osteuropa liegenden Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion sind davon noch weit entfernt.

    Bodenschätze

    Europa ist an wichtigen Rohstoffen verhältnismäßig reich. Da die Ausbeutung von Erzen jedoch bereits im Altertum einsetzte, sind zahlreiche Lagerstätten schon erschöpft. Deshalb sind viele Staaten auf erhebliche Importe angewiesen. Trotzdem ist der Anteil Europas an der Welterzeugung einiger Erze noch sehr bedeutend, z.B. Bleierz 36 %, Eisenerz 35 %, Zinnerz 29 %, Kupfererz 22 %, Bauxit 22 %. Auch bei wichtigen Chemierohstoffen hat Europa erhebliche Vorkommen an Stein- und Kalisalzen sowie von Phosphaten aufzuweisen. Bei Energieträgern ist der Anteil an der Welterzeugung sehr beachtlich (Braunkohle 87 %, Steinkohle 40 %, Erdgas 40 %, Erdöl 22 %). Gegenüber den anderen Erdteilen ist die Ausnutzung der Hydroenergie der gefällereichen Flüssen verhältnismäßig weit vorangetrieben. Die Energiegewinnung aus Nuklearbrennstoffen ist weit verbreitet, aber umstritten. Neue Möglichkeiten der Energieerzeugung werden gesucht. So arbeiten in Europa schon Kraftwerke, die Gezeiten, sowie Sonnen- und Erdwärme ausnutzen. Insbesondere in Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien verzeichnet die Windenergie enorme Zuwachsraten und deckt zum Teil schon einen beträchtlichen Anteil der Stromerzeugung.

    Geschichte

    Die Besiedlung Europas reicht bis in die Altsteinzeit zurück, auf dem ganzen Kontinent sind Spuren prähistorischer Kulturen überliefert; die Geschichte Europas beginnt mit der griechischen Kultur im 2. Jt. v.Chr., die Römer eroberten in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung das erste europäische Imperium und breiteten die Grundlagen der griechisch-römischen Kultur auf nahezu dem ganzen Kontinent aus. Fortgesetzt und intensiviert wurde die Ausbildung der europäischen Kultur durch die christliche Mission, selbst über die Bevölkerungsverschiebungen der Völkerwanderung im 5. Jh. hinweg. Im Osten sorgte vom 5. bis zum 15. Jh. das Byzantinische Reich für Kontinuität, im Westen wurde das Frankenreich Karls des Großen im 9. Jh. zum Kristallisationspunkt des christlichen Europas. Im Verlauf des Spätmittelalters entwickelten sich die Territorialstaaten aus den frühen Personenverbandsstaaten. Die in der Fiktion vom Heiligen Römischen Reich enthaltene Vorstellung eines europäischen Universalstaats wurde erst im 17. Jh. endgültig aufgegeben. Bereits im 8. Jh. erwuchs dem christlichen Abendland im Islam ein Rivale, der Bedrohung und einigender Faktor zugleich war (arabische Besetzung Spaniens, Kreuzzüge, Türkenkriege). Seit dem 15. Jh. wurden von Europa aus in alle Welt Entdeckungsfahrten unternommen, die ausgedehnte koloniale Eroberungen durch die seefahrenden europäischen Staaten nach sich zogen (Spanien, Portugal, Niederlande, England, Frankreich) und bis ins 20. Jh. die globale Vorherrschaft Europas begründeten. Im Gefolge der Aufklärung entwickelten sich im 19. Jh. die Nationalstaaten, Ausbildung parlamentarisch-demokratischer Gesellschaften und Industrialisierung. Im 20. Jh. verwüsteten zwei Weltkriege Europa, nach 1945 spaltete sich der Kontinent in zwei Machtblöcke: die westlichen Demokratien und den kommunistischen Ostblock; die Konfrontation des Kalten Krieges wurde am Ende der 80er Jahre durch den Zerfall des Ostblocks beendet, den der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow mit seiner Politik der demokratischen Umgestaltung einleitete. Seitdem suchen die Staaten Europas neue Formen der Zusammenarbeit im politischen und wirtschaftlichen Bereich (Erweiterung der EU, Ausbau der KSZE zur OSZE).