Empirismus

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    erkenntnistheoretische Auffassung, nach der die Quelle jeder Erkenntnis allein in der Erfahrung liegt. Damit steht der Empirismus der Auffassung des Rationalismus entgegen, welcher nur die menschliche Vernunft als Ursprung von Wissen zulässt.

    Empiristische Thesen im Rahmen der Erkenntnistheorie finden sich seit den Anfängen der abendländischen Philosophie, beispielsweise bei Epikur oder Demokrit. Als Empiristen im eigentlichen Sinn gelten jedoch die Philosophen des 17. und 18. Jh.s in Großbritannien, v.a. Locke, Berkley und Hume; ihnen standen Rationalisten wie Descartes oder Leibniz gegenüber.

    Bahnbrechend für die Erkenntnistheorie des Empirismus war der Engländer John Locke (1632-1704). Sein philosophisches Hauptwerk trägt den Titel "An Essay concerning Human Understanding" (Ein Versuch über den menschlichen Verstand, 1690). Von großem Einfluss auf seine Zeit waren auch die "Briefe über die Toleranz" und "Die Vernunftgemäßheit des Christentums".

    Philosophiegeschichtlich gilt Locke als der geistige Vater der Aufklärung, der weltweiten Bewegung, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Frankreich (Montesquieu, Voltaire, Rousseau, Diderot, d'Alembert) ihren Höhepunkt gewann und auch das deutsche Geistesleben in starkem Maße beeinflusste (Lessing).

    Entscheidend für die weitere geistige Entwicklung in Europa wurden John Lockes eindeutige Abwendung von jeglicher Metaphysik und seine Hinwendung zum Menschen, seine empirisch-psychologische Forschungsmethode sowie seine Toleranz in religiösen und sein Liberalismus in politischen Fragen.

    Der Ansatzpunkt von Lockes Erkenntnistheorie ist Descartes. Descartes glaubte die Idee von Gott dem Menschen angeboren; und davon hatte er alles Weitere abgeleitet. Unsere Seele, unser Bewusstsein ist aber laut Locke in Wahrheit zunächst leer, ein unbeschriebenes Blatt. Erst durch die Erfahrung gewinnen wir Kenntnis von der Welt und den Dingen in ihr, und auf Grund der Erfahrung formen sich Ideen.

    Unsere Erfahrungen machen wir auf zwei verschiedene Weisen: durch die Sinneswahrnehmung (sensation) und die Selbstbeobachtung (reflection), die auf ersterer basiert. Nun ist aber Locke klar, dass uns die Sinne vielfach täuschen; um objektive und wahre Erkenntnisse über die Außenwelt gewinnen zu können, muss der Mensch die Eigenschaften (Qualitäten) der Dinge trennen in primäre Qualitäten, die den Gegenständen zukommen und gemessen werden können (Ausdehnung, Gestalt, Größe, Dichte, Ruhe, Bewegung, Zahl, Lage), und in sekundäre Qualitäten, die durch die Sinnesorgane erzeugt werden (Farbe, Geschmack, Geruch, Ton). Diese sind nur psychologisch von Bedeutung, haften aber nicht den Dingen selbst an.

    Alle Ideen, die einfachsten wie die kompliziertesten, lassen sich Locke zufolge auf Erfahrung zurückführen; keine einzige ist dem Menschen angeboren. Ideen sind lediglich Zeichen für die wirklichen Dinge, von denen sie verursacht wurden, Idee und Ding müssen aber nicht übereinstimmen. Auf Grund seines Gedächtnisses setzt der Mensch die Ideen zu Systemen zusammen.

    Locke unterschied zweierlei Wahrheiten: eine Wahrheit der Idee, deren Kennzeichen Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ist (wirkliche Idee) sowie eine Wahrheit der Worte, bei der es sich um die Übereinstimmung der Ideen untereinander in einem in sich geschlossenen, von der Wirklichkeit unabhängigen System handelt (wahre Idee). Eine in sich widerspruchsvolle Idee nannte er phantastisch. John Lockes Empirismus legte den Grund zum späteren Sensualismus der Aufklärung, der den bekannt gewordenen Satz prägte: "nihil est in intellectu, quod non prius fuerit in sensu" (nichts ist im Verstand, was nicht zuvor in den Sinnen war).

    Eine konsequente Weiterentwicklung von Lockes Erkenntnistheorie bildete der extreme Empirismus David Humes (1711-1776), der die Ideen nur noch als blasse Abbilder der "impressions" (Sinneseindrücke) verstand. Nach seinen erkenntnistheoretischen "Untersuchungen über den menschlichen Verstand" (1748) stammen alle abstrakten Ordnungsbegriffe, so auch Substanz und Kausalität, aus der Assoziation der Vorstellungen, die ihrerseits auf lebhafte Eindrücke, Empfindungen und Affekte zurückgehen.

    Als erster stellte er die Gesetze der Assoziation auf Grund der Ähnlichkeit und der räumlichen und zeitlichen Berührung auf. Aus der Ähnlichkeit gehen Hume zufolge abstrakte Grundbegriffe hervor, aus dem regelmäßigen Beisammensein von Eindrücken bildet der Mensch den Begriff einer beharrenden Substanz, aus der regelmäßigen Aufeinanderfolge den Begriff der Kausalität.

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